International
Deutschland

Deutschland verschärft Regeln: Nicht alle Flüchtlinge dürfen Familien nachziehen

Vize-Kanzler Gabriel und Kanzlerin Merkel konnten heute ihren Streit beenden.
Vize-Kanzler Gabriel und Kanzlerin Merkel konnten heute ihren Streit beenden.
Bild: FABRIZIO BENSCH/REUTERS

Deutschland verschärft Regeln: Nicht alle Flüchtlinge dürfen Familien nachziehen

28.01.2016, 21:2329.01.2016, 06:19
Mehr «International»

Die deutschen Koalitionsspitzen haben sich am Donnerstagabend auf einen Kompromiss beim sogenannten Asylpaket II geeinigt. Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit eingeschränktem («subsidiärem») Schutz wird für zwei Jahre ausgesetzt.

«Das Asylpaket II, das steht jetzt und kann sehr schnell ins Kabinett gehen», sagte SPD-Chef Sigmar Gabriel Gabriel in Berlin nach Beratungen mit der deutschen Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel sowie dem CSU-Parteivorsitzenden Horst Seehofer.

Dem Beschluss war ein wochenlanger Streit über das im Grunde schon im November beschlossene Gesetzespaket vorausgegangen, während dem sich der Ton in der Koalition immer weiter verschärfte. «Ich glaube, dass es keiner glaubt, aber die Stimmung ist gut», bewertete der SPD-Chef die Verhandlungen.

Einschränkung für zwei Jahre

Bis zuletzt war strittig gewesen, ob der Familiennachzug für Flüchtlinge, die den geringeren subsidiären Schutz geniessen, ausgesetzt wird. Das wird künftig auch wieder für einen Teil der Syrer gelten.

Die CSU hatte die Einschränkung vehement gefordert, die SPD lehnte dies lange ab. Die Einigung sieht vor, dass die Familien von Flüchtlingen mit dem geringen Schutzstatus für zwei Jahre nicht nach Deutschland nachkommen dürfen.

Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, hier mit Kanzlerin Merkel, pochte vehement auf schärfere Regelungen für Asylsuchende.
Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer, hier mit Kanzlerin Merkel, pochte vehement auf schärfere Regelungen für Asylsuchende.
Bild: FABRIZIO BENSCH/REUTERS

Mehr Rechte für künftige Kontingente

Im Gegenzug sei aber vereinbart worden, dass «bei den jetzt zu verhandelnden Kontingenten von Flüchtlingen aus der Türkei, aus Jordanien, aus dem Libanon Vorrang für Familiennachzug gewährt wird», sagte Gabriel. «Und zwar auch für subsidiär Schutzbedürftige.» Das sei ein «guter Kompromiss».

Die Grünen sehen das anders. «Die Union tritt ihre hehren Bekenntnisse zum Wert von Familie mit den Füssen, und die SPD macht dabei auch noch mit», sagte die familienpolitische Sprecherin der Grünen, Franziska Brantner. «Wer den Familiennachzug aussetzt, nimmt billigend in Kauf, dass Kinder und Frauen im Mittelmeer ertrinken; nimmt billigend auch in Kauf, dass Integration schwieriger wird.»

Lange Warteschlange vor einem Flüchtlingszentrum in Berlin.
Lange Warteschlange vor einem Flüchtlingszentrum in Berlin.
Bild: EPA/DPA

Marokko, Algerien, Tunesien sicher

Merkel, Gabriel und Seehofer verständigten sich ausserdem darauf, Marokko, Algerien und Tunesien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Damit sollen Menschen aus diesen Ländern schneller abgeschoben werden können. Einer solchen Einstufung muss der Bundesrat (Länderkammer) zustimmen. Dafür sind Stimmen aus Bundesländern nötig, in denen die Grünen an der Regierung beteiligt sind. Teile der Partei stehen einem solchen Schritt ablehnend gegenüber.

Reaktion auf Kölner Silvesternacht

Die wüsten Szenen vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht hallen in Deutschland nach.
Die wüsten Szenen vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht hallen in Deutschland nach.
Bild: EPA/DPA

Die grosse Koalition reagiert mit dem Gesetz auf die Ereignisse der Silvesternacht in Köln. Dort hatten Gruppen von Männern massenweise sexuelle Übergriffe auf Frauen und Diebstähle begangen. Bei den Tätern soll es sich überwiegend um Migranten aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum handeln.

Weiterhin einigten sich die Koalitionäre nach den Worten Gabriels darauf, die Situation für Auszubildende und Ausbildungsbetriebe zu erleichtern. Dabei gehe es darum, dass ein Flüchtling die Sicherheit habe, im Anschluss an eine Ausbildung zwei Jahre in Deutschland unabhängig von seinem Status arbeiten zu dürfen.

Für die Teilnahme an Sprach- und Integrationskursen müssen die Flüchtlinge künftig einen Anteil von zehn Euro selbst beisteuern. Hier war in den vergangenen Wochen zwischenzeitlich ein höherer Betrag im Gespräch gewesen. (trs/sda/dpa/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
12 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Max Heiri
28.01.2016 22:53registriert Februar 2015
Ich verstehe die Grünen nicht wieso sie Länder wie Marokko oder Algerien nicht als sicher einstufen wollen. Diese Leute haben praktisch null Aussichten auf Asyl und nehmen nur den richtigen die Plätze weg.
00
Melden
Zum Kommentar
avatar
Mafi
28.01.2016 22:31registriert Januar 2015
Gut, dass die Deutsche Regierung zu Kompromissen bereit ist.

Verhärtete Fronten schaden allen. Ausser den Populisten. Und sie bringen ein Land nicht weiter.
00
Melden
Zum Kommentar
12
Trump verkündet Deal mit Japan – Zölle tiefer als angedroht und «gegenseitig»
US-Präsident Donald Trump hat ein «massives» Handelsabkommen mit Japan verkündet. Man habe sich auf «gegenseitige» Zölle von 15 Prozent geeinigt, teilte Trump auf seiner Plattform Truth Social mit.
Zuvor hatte er noch Zölle in Höhe von 25 Prozent gefordert. Die Aktienbörse in Tokio legte in Reaktion auf Trumps Mitteilung kräftig zu. Japan werde auf seine «Anweisung» hin 550 Milliarden Dollar (rund 470 Milliarden Euro) in den Vereinigten Staaten investieren, erklärte der US-Präsident. 90 Prozent des Profits verblieben in den USA, wo Hunderttausende Jobs geschaffen würden.
Zur Story