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Die Roboter kommen. Und zwar nicht nur in die Fabrik, das Restaurant und das Büro – sondern auch ins Schlafzimmer. Schon seit Jahren tüfteln Unternehmen an Sex-Robotern, und noch dieses Jahr soll das erste serienmässig produzierte Modell auf den Markt kommen: Für 7000 US-Dollar wird man die «sexy Roxxxy» von True Companion bestellen können.
Ein guter Zeitpunkt, mal darüber zu reden, welche Auswirkungen diese Roboter auf uns haben. Keine guten, finden die Ethiker Kathleen Richardson und Erik Billing: In ihrer Kampagne gegen Sex-Roboter warnen sie eindringlich vor den Sex-Robotern. Damit nehmen sie die Gegenposition ein zu Enthusiasten wie David Levy, der in seinem Buch «Love + Sex with Robots» eine goldene Zukunft von erfüllten (sexuellen und emotionalen) Beziehungen zwischen Menschen und Maschinen prognostiziert.
Im Gespräch erläutert Kampagnenleiterin Kathleen Richardson, warum sie die Zukunft mit Sex-Robotern etwas kritischer sieht.
Ist es in Ordnung, wenn eine Frau einen Vibrator benutzt?
Aber sicher doch. Ich habe nichts gegen Hilfsmittel, mit denen man seine Sexualität ausleben und interessanter machen kann.
Was gibt es dann an Sex-Robotern auszusetzen?
Da gibt es einen entscheidenden Unterschied: Ein Vibrator tut nicht so, als wäre er ein Mensch. Es ist weder wahrscheinlich, dass er einen Menschen ersetzt, noch hat er eine Auswirkung darauf, wie wir Sexualität in unserer Gesellschaft ansehen.
Und Sex-Roboter tun das?
Wenn wir Roboter entwerfen, die einem idealisierten Bild eines Frauenkörpers entsprechen, zementiert das den weiblichen Körper in unserer Gesellschaft als Objekt. Sex mit Robotern entartet unser Verhältnis zur Sexualität – ähnlich wie die Prostitution.
Was hat käufliche Liebe damit zu tun?
In einem gesunden sexuellen Verhältnis sind beide Parteien gleichwertige, handelnde Subjekte – diese Subjektivität macht unsere Menschlichkeit aus. Eine Prostituierte gibt ihre Subjektivität auf und wird zum Objekt, um einen Käufer zu befriedigen. Genauso wie der Roboter ein Objekt ist.
Das stört doch den Roboter nicht. Er hat keine Gefühle.
Es geht nicht um den Roboter. Es geht um uns Menschen. Ein Mensch, der Sex mit einer Maschine hat, kann keine Empathie für sie empfinden. Das muss einen mit der Zeit abstumpfen. Empathie ist aber der Schlüssel fürs soziales Zusammenleben, und auch für eine gegenseitig befriedigende sexuelle Begegnung.
Aber wenn Roboter diese Arbeit übernehmen, braucht es doch keine Prostituierten mehr. Alle gewinnen.
Das halte ich für unwahrscheinlich. Die Sex-Industrie profitiert von neuen Technologien. Das zeigt die weltweite Zunahme von Prostitution und Porno-Produktion mit dem Wachstum des Internets. Und selbst wenn alle Prostituierten durch Roboter ersetzt würden: Stellen sie sich vor, immer mehr Männer schlafen mit perfekten Sexmaschinen, die ihnen jeden Wunsch erfüllen. Was passiert mit den Ehefrauen, die da nicht mehr mithalten können?
So argumentieren auch Pornografie-Kritiker.
Pornos beeinflussen sexuelle Vorlieben. Es kann also dazu kommen, dass eine Frau ihren Mann nicht mehr sexuell befriedigen kann, weil er sich an die Praktiken, die er in den Filmen sieht, gewöhnt hat. Irgendwann reicht die Missionarsstellung nicht mehr.
Was ist eigentlich mit Männern? Die könnten doch im Bett auch durch Roboter ersetzt werden.
Selbstverständlich gilt, was wir sagen, auch für Männer. Wir fokussieren uns aber auf die Frauen, weil es bei der Gleichberechtigung noch Nachholbedarf gibt. Die weibliche Sexualität ist erst seit wenigen Jahrzehnten ein öffentliches Thema. Erst in den 60er-Jahren redete man darüber, dass vielleicht auch Frauen einen Orgasmus haben könnten.
Diese Zeiten sind doch vorbei.
Es sind in erster Linie Männer, die sich Sex kaufen können. Die meisten sexuell motivierten Verbrechen gegenüber Frauen und Kindern werden von Männern begangen. Das spiegelt die Machtverhältnisse in unserer Gesellschaft wieder.
Wir sind doch nicht alle Triebtäter.
Nein. Nur weil jemand in einer Machtposition ist, heisst das nicht, dass er sie auch ausnützt. Wir müssen aber die Bedingungen für eine Sexualität schaffen, die auf Ebenbürtigkeit basiert.
Es wird wohl auch Kinder-Sex-Roboter geben. Ein Forscher schlägt vor, solche zur Therapierung von Pädophilen einzusetzen.
Es gibt keine Anzeichen dafür, dass man eine solche Neigung besser unter Kontrolle bringt, indem man sie auslebt. Im Gegenteil. Untersuchungen haben gezeigt, dass mit dem Anstieg des Angebots an Kinderpornographie im Internet auch der sexuelle Missbrauch an Kindern steigt.
Sind Roboter-Freunde ohne Geschlechtsteile okay?
Roboter können durchaus eine Bereicherung in unserem Leben darstellen – so lange sie nicht andere Menschen ersetzen, sondern eine Ergänzung darstellen. Wie ein Haustier. Wir würden ja auch nicht unseren Ehepartner oder unsere Kinder für eine Katze aufgeben.
Warum sollte ein einsamer Mensch nicht einen Roboter zum besten Freund haben?
In einem berüchtigten Experiment aus den 60er-Jahren sperrten Forscher Affen in einen Käfig, isoliert von ihren Artgenossen. Die Tiere bekamen Nahrung, es fehlte ihnen physisch an nichts. Trotzdem trugen sie schwere psychische Schäden davon, als sie zu lange von ihren Artgenossen getrennt waren. Was ihnen fehlte, war Liebe. Bei uns ist es nicht anders. Menschen brauchen Menschen.
Und wenn wir einen Roboter mit Bewusstsein entwickeln?
Davon sind wir noch weit entfernt. Aber dann müssten wir etwas anderes Bedenken: Jedes empfindungsfähige Wesen hat das Recht auf eine positive Herkunftsgeschichte. Was, wenn diese denkenden Roboter erfahren, dass sie nur als Sex-Sklaven oder Killermaschinen ins Leben gerufen wurden? Das wird sie sehr wütend machen – zu Recht.
Sie propagieren die Entwicklung von «ethischen Technologien». Was kann ich mir darunter vorstellen?
Roboter können viel Gutes bewirken. Ich beschäftige mich etwa mit dem Einsatz von Robotern bei der Therapie von autistischen Kindern. Viele Eltern standen den Robotern zwar kritisch gegenüber, aber die betroffenen Kinder sahen sie als etwas sehr Positives.
Denken Sie wirklich, ein Verbot von Sex-Robotern ist realistisch?
Wir wollen in erster Linie eine Diskussion lostreten. Wir leben in der besten aller Zeiten, die Technologie gibt uns ungeahnte Möglichkeiten. Wir dürfen dabei aber unsere Menschlichkeit nicht verlieren. In Japan etwa werden Roboter-Rechte intensiv diskutiert – dabei haben dort Immigranten nicht einmal Rechte.
Besonders inkonsequent: «Ein Mensch, der Sex mit einer Maschine hat, kann keine Empathie für sie empfinden»
Gleichzeitig findet sie aber Roboter für behinderte Kinder eine super Idee. Als ob diese keine Empathie ihrem gegenüber empfinden sollen können.
Dazu braucht es jetzt nicht unbedingt Pornos :D.