Es gibt wohl in den USA derzeit kaum einen anderen Politiker, den Präsident Donald Trump mehr fürchtet als Gavin Newsom. Der demokratische Gouverneur Kaliforniens hat es sich seit einiger Zeit zur Aufgabe gemacht, den Republikaner im Weissen Haus mit allen erdenklichen Mitteln zu attackieren. Und das heisst bei Newsom: Trump in sozialen Netzwerken zu trollen.
Seine Anhänger machen sich daraus bereits einen grossen Spass. Mal sieht man den 57-jährigen Demokraten da in KI-generierten Fotomontagen, wie er einen Dinosaurier reitet, im Kostüm von Captain America, oder wie er eine Lady Liberty rettet, die verdächtig der aktuellen First Lady Melania Trump ähnelt. Es sind 1:1-Satiren jener Postings, die der US-Präsident selbst von sich gepostet hat.
Doch damit nicht genug: Newsom garniert auch seine eigenen Postings mit den gleichen Sprüchen, die Trump so von sich gibt. Er imitiert den US-Präsidenten, wo er kann. Versucht ihn, ins Lächerliche zu ziehen. Nicht alle politischen Beobachter in den USA sind davon begeistert, erst recht nicht in Reihen der demokratischen Partei. Dort ist Newsoms Methode umstritten.
Nun setzte der Gouverneur erneut einen drauf, indem er sich JD Vance vorknöpfte. Der US-Vizepräsident hatte den Demokraten als «Billigausgabe» von Donald Trump geschmäht. Newsom attestierte Vance daraufhin, ein sehr kleines Gehirn zu haben und erfand einen neuen Spitznamen für den Trump-Vize: JD «Just Dance» Vance.
Sympathisanten des kalifornischen Gouverneurs fanden das zum Schreien komisch, das Portal «Buzzfeed» feierte Newsom ebenfalls dafür. «Das Internet lacht Tränen über diesen Spitznamen», so das Urteil. Der Spitzname werde sicherlich kleben bleiben am Vizepräsidenten. Trump selbst – der dafür bekannt ist, politische Gegner mit spöttischen Spitznamen zu belegen – nennt Newsom schon seit einiger Zeit nur: Gavin Newscum – was im Englischen ungute Assoziationen zum Wort Abschaum hervorruft.
Newsom nimmt so etwas nur noch zum Anlass, mit gleicher Münze zurückzuzahlen. Und zwar buchstäblich: Wie Trump hat auch der Demokrat nun Merchandise-Artikel im Maga-Stil auflegen lassen – allerdings mit seinem Namen. Wie Trump will auch Newsom bald einen eigenen Bitcoin herausgeben, den «Trump Corruption Coin». Dann werde man sehen, welche Währung erfolgreicher sein wird, kündigte er an.
Der einst so seriöse Newsom hat sich damit als politischer Troll neu erfunden, wie das Magazin «New Statesman» kürzlich feststellte. Seine Aktionen sind hochgradig unseriös, seltsam, aufmerksamkeitsheischend, sehr, sehr lustig für seine Anhänger – und extrem ärgerlich für seine Widersacher. Aber genau das ist ja der Punkt".
Es gibt im aktuellen politischen Klima der USA derzeit offenbar kaum ein anderes Mittel, als die Republikaner – und damit vor allem Donald Trump – mit deren eigenen Mitteln zu schlagen. Die Kommunikationsstrategie des Weissen Hauses ist eindeutig: Sie setzt darauf, den Diskurs durch hohe Schlagzahl, enorme Lautstärke und ohne jeglichen politischen Anstand zu führen. Und Newsom macht das jetzt eben auch.
So gelingt es dem Gouverneur, im republikanischen Lager erstmals für echte Nervosität zu sorgen. Denn die Strategie ist erfolgreich: Newsoms Anhängerschaft wächst mit jedem Posting. Seine Followerzahlen explodieren und er ist es, der inzwischen als einzige echte Galionsfigur des demokratischen Widerstands in den USA identifiziert wird.
Es sind nicht die Vertreter der alten demokratischen Garde, Barack Obama oder seine Frau Michelle, der linke Senator Bernie Sanders oder gar die ehemalige Vizepräsidentin Kamala Harris, die sich gegen den tiefgreifenden Umbau des amerikanischen Staates durch die Trump-Administration stemmen würden. Es ist Gavin Newsom, der sich neuerdings als cleverer PR-Stratege und beissender Satiriker verdingt.
Doch es ist ihm sehr ernst damit. «Ich mache keine Witze, denken Sie, das ist ein Spass?», fragte er kürzlich bei einer Podiumsdiskussion ins Publikum. «Die werden sich unser Land holen. Wir dürfen das nicht zulassen», warnte er vor den autoritären Bestrebungen der Trump-Regierung.
Spätestens seitdem Trump im Juni die Nationalgarde nach Kalifornien einrücken liess, um dortige Proteste gegen die Regierungspolitik zu unterbinden, redet Newsom der Nation ins Gewissen und fordert die US-Bürger zum Widerstand auf. «Das ist ein unmissverständlicher Schritt Richtung Autokratie», warnte er. Da hatte Trump gerade mit dem Gedanken gespielt, den gewählten Gouverneur Newsom kurzerhand verhaften zu lassen, falls der sich weiterhin seiner Politik entgegenstelle. «Das ist das Vorgehen eines Diktators, nicht eines Präsidenten», schrieb Newsom bei X.
Newsom erkennt wohl, dass man der sorgfältig geplanten und mit grosser Effizienz umgesetzten Trump-Agenda mit den üblichen Mitteln nicht beikommen kann. Da hilft keine 25-stündige Marathonrede im US-Kongress, wie sie der demokratische Senator Corey Booker im April hinlegte. Da hilft auch keine Flucht aus dem Bundesstaat, wie es mehr als 50 texanische Abgeordnete vor wenigen Wochen taten, um gegen die Verabschiedung eines Gesetzes zur Neuordnung der Wahlkreise zu protestieren. Das Gesetz wurde schliesslich doch verabschiedet – und die Republikaner hätten sich auf die Art zusätzliche Sitze bei den kommenden Wahlen gesichert.
Doch Newsom hielt dagegen. Er verabschiedete in Kalifornien nur wenige Tage später ein ähnliches Gesetz. Damit wollte er gleiche Voraussetzungen vor den kommenden Midterm-Elections, den US-Zwischenwahlen, schaffen. Erneut nach dem Prinzip: Gleiches mit Gleichem vergelten. «Ich wollte der Absurdität des Ganzen einfach den Spiegel vorhalten», sagte er vor wenigen Tagen in einem Podcast. Er wolle weitermachen damit, «nochmal und nochmal und nochmal». Solange, bis sich etwas bewegt. Oder eben nicht. Dann werde er seine Strategie eben ändern.
Für den Moment jedenfalls, scheint es, als sei Newsoms unorthodoxes Vorgehen jedenfalls das einzige Mittel zu sein, dass bei den Maga-Anhängern Eindruck macht.
Und kürzlich wurde Newsom zu den Posts befragt, und er meinte, dass er die jeweils erst absegne. Auf die Folgefrage, wie viele er ablehne, meinte er: immer weniger 😂
Lachen wir sie aus, diese machtversessenen Geltungssüchtigen.