Diese Woche war Premiere in Westnorwegen: Im Industriehafen Oygarden, nahe der Stadt Bergen, nahm die weltweit erste kommerzielle Anlage zur Speicherung von klimaschädlichem CO₂ ihren Betrieb auf. Hier wird per Schiff angeliefertes, verflüssigtes CO₂ durch eine 100 Kilometer lange Pipeline 2600 Meter tief in den Meeresboden gepumpt – und gelangt damit sozusagen wieder dorthin, wo es einmal hergekommen ist: Es wird in leere Bohrgänge gepresst, aus denen man einst Erdöl und –gas gefördert hat. Damit kann CO₂ aus weit entfernten Regionen in der Nordsee gelagert werden – zum Beispiel auch solches aus der Schweiz.
Das Verfahren heisst CCS (Carbon Capture and Storage) und steht für das Abfangen von CO₂ aus Abgasen, damit es nicht in die Atmosphäre entweicht – und das Lagern in geeigneten geologischen Schichten oder Gesteinen, wo das Treibhausgas Tausende von Jahre bleiben soll. Die Technik wird vor allem für jene Branchen als Lösung gesehen, deren Produktion ohne CO₂-Emissionen kaum möglich ist, etwa die Zementindustrie oder Kehrichtverbrennungen.
Das Besonders der Anlage namens «Northern Lights» ist, dass CO₂ über grosse Distanzen angeliefert wird – im Gegensatz zu anderen CCS-Projekten, die es auf der ganzen Welt gibt, wo es lokal gespeichert wird. Denn das Lagern im Untergrund ist längst nicht überall möglich, wo CO₂ bei der Produktion anfällt. Hingegen bieten die Bohrbrunnen in der Nordsee ideale Bedingungen. «Wir haben einen Meeresgrund, der Öl und Gas über Millionen Jahre halten konnte. Er wird auch CO₂ sicher speichern, wenn man es richtig macht», sagte die CCS-Expertin Mona Molnvik dem norwegischen TV-Sender NRK.
Norwegen verfügt über langjährige Erfahrung mit der Nutzung des Meeresbodens, und «Northern Lights» wird von den Energie-Konzernen Equinor (früher Statoil), Shell und Total Energies betrieben. Diese haben schon seit den 90er-Jahren CCS auf Erdgasplattformen angewendet, weil bei der Förderung CO₂ abgetrennt werden muss. Doch jetzt wird daraus ein Geschäft. Die erste jetzt in die Tiefe gepumpte Ladung kam von einem Zementwerk im Südosten des Landes. Auch ein norwegisches Chemie-Unternehmen und ein dänischer Energie-Konzern gehören zu den ersten Kunden. Dank grosser Nachfrage ist bereits der Ausbau der Kapazität von heute 1,5 auf 5 Millionen Tonnen CO₂ pro Jahr geplant. Dänemark plant ähnliche Projekte.
Mit «Northern Lights» solle der CCS-Technologie international zum Durchbruch verholfen werden, erklärte Irene Rummelhoff, Marketingdirektorin von Equinor. Allerdings ist das Verfahren umstritten, denn es ist kostenintensiv; im Moment ist noch hohe staatliche Förderung nötig. Erst eine starke Verteuerung des CO₂-Ausstosses dürfte CCS weiterbringen, und die Kapazitäten müssen noch stark erhöht werden. Kritiker bezeichnen den Ansatz zudem als falsches Signal: Um den Klimawandel zu bremsen, sei die drastische Reduktion der Emissionen nötig, nicht eine von Ölkonzernen angebotene Lösung, dank der Industrien scheinbar weitermachen können wie bisher.
Viele Klimafachleute sind allerdings der Ansicht, dass es CCS, wie auch Aufforstung und andere Massnahmen, zusätzlich zur Reduktion braucht. Nur so sei der globale Temperaturanstieg noch zu stabilisieren – ein Standpunkt, den die Schweiz ebenfalls vertritt: «Die Speicherung von CO₂ wird auch für die Schweiz auf dem Weg zum Netto-Null-Ziel wichtig sein, als Ergänzung bisheriger Instrumente», sagte Energieminister Albert Rösti im Mai, als er mit einer Wirtschaftsdelegation die «Northern-Lights»-Anlage besuchte.
Dabei unterzeichnete Rösti ein Abkommen mit Norwegen, um die bilaterale Zusammenarbeit in Sachen CCS zu fördern, politisch und technologisch. Dabei geht es einerseits um die mögliche Lieferung von CO₂ nach Norwegen in der Zukunft, denn die CCS-Möglichkeiten in der Schweiz selbst sind beschränkt. Der Transport könnte über neue oder umgenutzte Pipelines via Deutschland geschehen, falls das einmal wirtschaftlich sinnvoll wird. Zudem geht es bei der Kooperation um die Nutzung von Zertifikaten für gespeichertes CO₂, die Firmen kaufen können, um ihre Klimabilanz zu verbessern. Daran sind unter anderem Schweizer Banken, die Post oder die Swiss interessiert. (aargauerzeitung.ch)
Für Ölbert Röstis Kommunikation kommt das Projekt in Norwegen sehr gelegen. Aber es ist Augenwischerei.
Wir müssen weg von fossilen Brennstoffen und den CO2-Ausstoss REDUZIEREN!
Die Schweiz hatte 2023 einen Ausstoss von zirka 40 Mio. Tonnen.
- 14 Mio. Tonnen vom Verkehr
- 2 Mio. Tonnen von der Kehrrichtverbrennung
Bei 20 Tonnen Nutzlast wären das 100'000 LKWs., Schiffe als Alternative bräuchte es etwa 1000 auf dem Rhein pro Jahr.
Ja, CCS wird nötig sein, für bestimmte Industrien, aber aktuell geht's vor allem um Greenwashing.
Selbst bei Grossproduzenten wie Zement oder Kehrricht ist der Aufwand für die Filterung enorm.