Ein Video der Tierschutzorganisation Observatoire du spécisme soll Aufnahmen aus einem Waadtländer Mastbetrieb der Migros-Tochter Micarna zeigen. Bei den Hühnern, die im Video zu sehen sind, handelt es sich um die Rasse Ross 308, die für die Industrie gezüchtet wurde. Die Tiere erreichen in nur 35 Tagen das 50-Fache ihres Schlüpfgewichts. Die Organisation hat eine Petition gestartet und Anzeige eingereicht.
Dabei landet das Fleisch von Ross-308-Hühnern nicht nur in Migros-Läden. Gemäss SRF wird es auch bei Coop, Lidl oder Aldi verkauft. In Deutschland gab es beispielsweise gegen Edeka Vorwürfe, das umstrittene Fleisch im Sortiment zu haben.
Die Vorwürfe sind auch nicht neu. Grünen-Nationalrätin Meret Schneider hat diesbezüglich schon 2021 eine Motion eingereicht. Und im Rahmen der Massentierhaltungsinitiative, die 2022 abgelehnt wurde, gab es zudem eine entsprechende Kampagne. Im vergangenen Jahr hat die Tierschutzorganisation Sentience einen weiteren Aufruf gestartet, die Qualzucht zu stoppen.
Auch der Schweizer Tierschutz STS weist auf die Konsequenzen der Zucht von Masthühnern hin. Das rasante Wachstum der Hühner sei bedenklich. «Stellt man sich vor, dass ein normales Huhn erst nach rund vier bis fünf Monaten erwachsen und gleich schwer ist, so wird der eigentliche Unsinn dieser Züchtungen augenscheinlich. Denn die Masttiere sind eigentlich viel zu schwer für ihr Alter; sie können deshalb bei Mastende kaum mehr gehen und erleiden Herzinfarkte oder haben deformierte Gliedmassen», schreibt der STS.
Gegenüber SRF erklärte die Migros, dass die Partnerbetriebe die Haltungsbedingungen gemäss Anforderungen des Tierwohlprogramms einhalten würden. Sollten diese angepasst werden, müsse dies in der Branche diskutiert werden, ergänzt der Migros-Sprecher.
Jacques Clément, Mitglied der Geschäftsleitung des Schweizerischen Geflügelproduzentenverbands, erklärt gegenüber dem Newsportal: «Wenn man von uns verlangt, etwas anderes zu produzieren, werden wir das tun. Es ist eher der Markt, der diktiert.»
Das wirtschaftliche Interesse spielt für die Produzenten also mit. Denn: «Man braucht deutlich weniger Futter für die Produktion eines Standardhuhns (wie Ross 308) als für ein Bauernhofhuhn.» Bei weniger schnell wachsenden Hühnern müssten Konsumentinnen und Konsumenten folglich mit einer Preiserhöhung von 20 bis 50 Prozent rechnen, erklärt Clément.
Ähnlich argumentierte der Bundesrat auf die Motion «Keine Qualzuchten in der Hühnermast» von Meret Schneider: «Ein Verbot des schnell wachsenden Mastgeflügels in der Schweiz würde zu einer Verteuerung des Geflügelfleischs führen.»
Die Konsumentinnen und Konsumenten hätten bereits die Möglichkeit, teureres Bio-Geflügel mit langsam wachsenden Rassen zu kaufen, wobei sie dieses Angebot noch nicht vollumfänglich ausschöpfen würden. Die Folge: «Eine Verteuerung des schweizerischen Pouletfleisches durch das vorgeschlagene Verbot würde daher voraussichtlich zu einem erhöhten Bedarf von – kostengünstigerem – importiertem Geflügelfleisch führen.»
Jedoch räumt der Bundesrat auch ein, dass das schnelle Wachstum bei Mastpoulets zu gesundheitlichen Problemen führen kann. Er fügt an: «In der Geflügelbranche werden auch Mehrwertstrategien auf privater Basis entwickelt. Eine entsprechende Positionierung der langsam wachsenden Rassen am Markt und damit deren breiterer Einsatz könnte demnach bereits heute umgesetzt werden.»
Der Ball liegt also auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten. Rund acht Prozent des Schweizer Mastgeflügels zählt zu den langsam wachsenden Linien. Wer auf Masthühner verzichten möchte, sollte sich gemäss dem Zürcher Tierschutz an ein paar Regeln halten:
Hühner in der Schweiz leiden aber nicht nur des Fleisches wegen, auch die Eierproduktion wird von Tierschutzorganisationen regelmässig kritisiert, da sie für die Tiere ebenfalls gesundheitsgefährdend und schmerzhaft ist.
Dies zum Beispiel bei XL-Eiern. Laut Peta Schweiz werden diese mindestens 73 Gramm schweren Eier nur von Legehennen nach der ersten Mauser gelegt. Das sei für sie schmerzhaft. Solche Eier werden auch unter Labels verkauft. Wer auf solche verzichten möchte, sollte am besten auf den Konsum von Eiern verzichten oder sie direkt bei Halterinnen und Haltern kaufen, die nicht auf die Wirtschaftlichkeit, sondern mehr aufs Tierwohl achten.
Käufer*innen werden ja auch nicht für giftige Inhaltsstoffe in Kinderspielzeug "zur Verahtwortung" gerufen. Ich als Konsument kann unmöglich wissen, welche Rasse Hühnerfleisch in der Verpackung ist. Also muss es der Schlachter/Verkäufer entweder drauf schreiben (inkl. Strafe bei fehlender Deklaration) oder er darf es nicht anbieten.
Das Lobbying von der Wirtschaft in die Politik muss endlich aufhören.
Aber wer hat ursprünglich damit begonnen? Die Wirtschaft
Wer macht dauernd Werbung zu billigen Fleisch? Die Wirtschaft
Wer ändert die Praxis nicht? Die Wirtschaft
Und Biofleisch hat den üblichen Fantasieaufschlag, der in keinem Verhältnis zu dem steht, was der Bauer mehr bekommt.