Am vergangenen Sonntag kam es im Viertel Los Pumitas im Norden der argentinischen Grossstadt Rosario zu einer Schiesserei. Dabei wurde der 11-jährige Máximo Jerez getroffen, drei weitere Kinder wurden verletzt. Máximo stand während eines Geburtstagsfests mit den anderen Kindern vor der Tür des Hauses seiner Familie, wie die argentinische Zeitung «Perfil» berichtet.
Dann eröffnete ein Mann plötzlich das Feuer auf eine Gruppe Menschen auf der Strasse. Máximo wurde von einer Kugel im Rücken getroffen und starb an den Folgen des Schusses. Zwei 13-Jährige und zweijähriges Mädchen wurden ebenfalls getroffen, sie überlebten den Angriff allerdings.
Nachdem die Familie und die Nachbarschaft eine Totenwache für den 11-Jährigen abgehalten hatten, eskalierte die Situation. Die aufgebrachte Gruppe zog zum Haus des mutmasslichen Schützen – «Perfil» zufolge handelt es sich beim Mann um den Anführer einer Drogenbande mit dem Namen «Los Salteños». Sie begannen Steine auf das Haus zu werfen und setzten das Motorrad des Mannes in Brand – dieser reagierte, indem er sich von der Terrasse aus mit einer Waffe verteidigte.
Das hielt den aufgebrachten Mob jedoch nicht davon ab, das Haus des Mannes weiter zu attackieren – bis sie es mit Vorschlaghämmern und Stahlstangen in Teilen niederrissen. Der Akt der Zerstörung wurde von der Nachbarschaft mit Applaus quittiert. Im Anschluss machten sich die Anwohner auf, weitere Häuser ins Visier zu nehmen, von denen sie ausgingen, dass sie ebenfalls der Drogenbande gehören.
Sie beliessen es dabei nicht bei Vandalismus, sondern plünderten kurzerhand die Gebäude. Laut der Zeitung «Perfil», transportierten sie nicht nur Kühlschränke und Toiletten ab, sondern nahmen auch die Haustiere der Drogenhändler mit. Die angerückte Polizei setzte den Protesten daraufhin ein Ende, indem sie mit Gummischrot auf die Leute feuerte.
Laut der Zeitung «El Capital» wurden in Rosario 2023 bereits vier Minderjährige ermordet, im vergangenen Jahr gab es 33 Fälle, wovon deren 26 im Zusammenhang mit Drogenkriminalität stehen. Der zuständige Staatsanwalt Adrian Spelta sprach davon, dass mit dem Tod von Máximo «sämtliche Grenzen überschritten» worden seien. Die Anwesenheit von Kindern sei sonst immer eine rote Linie für Angehörige von Drogenbanden gewesen, um das Feuer auf Feinde nicht zu eröffnen. Unterdessen aber scheine das nicht mehr zu gelten.
Die Polizei nahm im Anschluss an den Mord an dem Jungen sowohl den Schützen sowie drei mutmassliche Bandenmitglieder fest. Laut Staatsanwalt Spelta sind die Festgenommenen polizeibekannt, gegen sie seien bereits Ermittlungen wegen Drogendelikten im Gange gewesen.
Rosario, Heimatstadt von Lionel Messi, leidet seit längerem unter einer massiven Welle der Gewalt. Mehrere Drogenbanden ringen um die Kontrolle in der Stadt nordwestlich von Buenos Aires. In diesem Jahr wurden in Rosario insgesamt bereits 64 Menschen getötet. Immer wieder greifen Mitglieder der Drogengangs auch öffentliche Gebäude, Gefängnisse und Polizeiwachen an. In der vergangenen Woche feuerten Unbekannte 14 Schüsse auf den Supermarkt des Schwiegervaters von Messi ab und hinterliessen einen Zettel, auf dem zu lesen war: «Messi, wir warten auf dich».
Laut «Perfil» kommt es in der Stadt mit knapp einer Million Einwohnerinnen und Einwohnern im Schnitt zu zehn Schiessereien täglich. In den vergangenen drei Jahren sind den Statistiken zufolge die Morde mit Verbindung zum Drogenmilieu deutlich angestiegen.
Eine Tante des ermordeten elfjährigen Máximo erklärte, dass die Nachbarschaft in ihrem Viertel vom «Drogenhandel zerstört wurde»: «Wir haben es so satt, ausgeraubt zu werden, die Nachbarschaft trauert, wir sind alle so wütend. Das Einzige, worum ich bitte, ist, dass Gerechtigkeit geübt wird. Jeder hier weiss, wer die Drogen verkauft und die Häuser übernimmt.» (con/sda/dpa)
Das sind so grauenhafte Zustände.