Am Montag um 12.30 Uhr Ortszeit gab es in Spanien und Portugal einen weitreichenden Stromausfall. Auch Teile von Südfrankreich und Andorra waren kurzzeitig betroffen. Heute Morgen gegen 6 Uhr waren 99 Prozent der Stromversorgung in Spanien wiederhergestellt, auch das portugiesische Stromnetz hat sich wieder stabilisiert. Die Regierungen in Madrid und Lissabon kündigten Krisensitzungen an, um das Ausmass des Vorfalls und mögliche strukturelle Schwächen zu analysieren.
Was genau den Kollaps auslöste, ist Gegenstand von Untersuchungen. Ein Überblick.
Eine konkrete Ursache für den Mega-Blackout nannte Spaniens Ministerpräsident Pedro Sanchez in einer abendlichen Ansprache nicht. Man schliesse keine Möglichkeit aus, sagte er.
Nun ermittelt die spanische Justiz wegen des Verdachts auf «Computer-Sabotage» als mögliche Ursache. Ein Richter der Audiencia Nacional, dem für schwere Straftaten zuständigen Gericht in Spanien, hat eine Voruntersuchung eingeleitet. Diese Information gab die Justiz am Dienstag bekannt.
Sollte sich herausstellen, dass der landesweite Stromausfall durch einen «Akt der Computer-Sabotage» in der strategischen Infrastruktur verursacht wurde, könnte dies als «Terrorismus» eingestuft werden. Die Ermittlungen sollen klären, ob es sich um eine gezielte Störung handelt und wer möglicherweise dahintersteckt. Weitere Details zum Stand der Untersuchungen wurden bislang nicht veröffentlicht.
Weder der spanische Netzbetreiber noch die portugiesische Regierung gehen von einer Cyberattacke als Ursache aus. «Mit Blick auf die Analysen, die wir bislang vornehmen konnten, können wir einen Cybersicherheitsvorfall in der Infrastruktur des Stromnetzes ausschliessen», sagte der Chef für die Systembetriebsdienste des Netzbetreibers Red Eléctrica Española, Eduardo Prieto, am Dienstag bei einer Pressekonferenz.
Die Regierung in Lissabon unterstützte dies. «In Portugal haben wir zum jetzigen Zeitpunkt keinerlei Informationen zu einer Cyberattacke oder einem feindlichen Angriff», erklärte Regierungssprecher António Leitão Amaro. Dies sei «die vorläufige Einschätzung verschiedener Dienste». In einem Interview mit dem Sender CNN Portugal konkretisierte Leitão Amaro, bei der am Montag aufgetretenen Panne habe es sich um ein Problem in einem Stromtransportnetz in Spanien gehandelt.
REN (Red Eletrica Nacional), der wichtigste Stromversorger in Portugal, erklärte gegenüber der BBC, der Ausfall sei durch «extreme Temperaturschwankungen im Landesinneren Spaniens» verursacht worden. Es habe anomale Schwingungen in den Hochspannungsleitungen (400 kV) gegeben, ein Phänomen, das als «induzierte atmosphärische Vibration», also ein «seltenes atmosphärisches Phänomen» bekannt ist. Spanien hat auf diese Berichte noch nicht reagiert.
Kristian Ruby, Chef des europäischen Stromwirtschaftsverbands Eurelectric, hingegen erklärte der BBC, ein Problem an der Stromverbindung zwischen Frankreich und Spanien habe zum Ausfall beigetragen.
Der österreichische Krisenvorsorge-Experte Herbert Saurugg teilte seine Einschätzungen gegenüber dem Blick: «Es dürfte irgendwo eine Instabilität gegeben haben, wodurch Teile des Systems nicht mehr im Gleichgewicht waren. Dadurch fährt das System vorsichtshalber automatisch runter.» Für Sarugg das wahrscheinlichste Szenario: «Schaut man sich die Strompreise aktuell an, ist Strom fast schon für null Euro zu haben. Das aktuelle Wetter hat zu viel Photovoltaik-Strom geführt. Das wiederum könnte zu einer Überlastung geführt haben.» Diese Theorie schloss Spaniens Ministerpräsident Sanchez jedoch später aus.
Der Stromausfall sei das Albtraumszenario eines jeden Elektroingenieurs, sagt Paul Cuffe, Assistenzprofessor an der School Electronic Engineering am University College Dublin gegenüber wired.
Die Ursache sei schwierig auszumachen. «Ich habe mir den Kopf darüber zerbrochen», sagt Cuffe. Beide Netze des Landes werden zwar von nationalen Betreibern betrieben, erklärt er. Aber sie sind als synchronisiertes Netz miteinander verbunden, was bedeutet, dass bei einem Ausfall des einen Netzes auch das andere ausfällt - sodass es nicht völlig unerwartet ist, dass das eine Land dem anderen die Schuld gibt. (sda/dpa/les)