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Ex-CEO von Abercrombie & Fitch soll Männer missbraucht haben

Ex-CEO von Abercrombie & Fitch soll Männer ausgebeutet und missbraucht haben

Hat der ehemalige Abercrombie-Chef seine Macht ausgenutzt und Männer ausgebeutet und missbraucht? Eine BBC-Recherche legt die mutmasslichen Machenschaften offen.
03.10.2023, 10:5503.10.2023, 12:11
Liesa Wölm / t-online
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Der ehemalige Geschäftsführer des US-amerikanischen Modeunternehmens Abercrombie & Fitch (A&F), Mike Jeffries, steht unter Verdacht, in den 1990er und 2000er Jahren Männer ausgebeutet und sie weltweit für Sex-Events angeworben zu haben. Wie eine Recherche der britischen BBC ergeben hat, soll Jeffries dabei mit seinem Lebenspartner Matthew Smith zusammengearbeitet haben.

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Mike Jeffries im Jahr 2007: Damals agierte er noch als Chef von Abercrombie & Fitch.Bild: www.imago-images.de

Zwölf Männer erzählten der Zeitung demnach, ausgebeutet oder sexuell missbraucht worden zu sein – im Gegenzug soll ihnen eine Karriere bei A&F in Aussicht gestellt worden sein. Ein Mittelsmann habe geholfen, die Betroffenen anzulocken. Dieser bestritt gegenüber BBC jedoch jegliches Fehlverhalten und sagte, die Männer seien «mit offenen Augen» in die Veranstaltungen gegangen.

Jeffries und Smith nahmen zu den Vorwürfen keine Stellung. Bis zu einer möglichen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung. Das Unternehmen Abercrombie & Fitch teilte laut BBC jedoch mit, dass es «entsetzt und angewidert» über das angebliche Verhalten des ehemaligen CEO sei. Jeffries leitete das Unternehmen von 1992 bis 2014.

Jeffries galt schon damals als umstritten

Wie BBC berichtete, verwandelte Jeffries Abercrombie & Fitch von einem scheiternden Unternehmen in eine erfolgreiche Marke, «die auf adrettem Sexappeal basiert». Schon damals sei Jeffries eine umstrittene Figur gewesen. Ihm wurde Rassismus vorgeworfen und sein Freund Matthew Smith soll unzulässigen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit des Unternehmens gehabt haben: Er selbst war zwar nie bei A&F angestellt, soll aber unter anderem Einsicht in Unternehmensdokumente erhalten haben.

Im Jahr 2014 trat Jeffries aufgrund rückläufiger Umsätze zurück und verliess das Unternehmen mit einem Ruhestandspaket im Wert von etwa 25 Millionen Dollar (ca. 23 Millionen Franken), heisst es in der BBC-Recherche.

Die Vorwürfe gegen den Unternehmer wiegen schwer: Er soll junge Männer bei Veranstaltungen, die er in seinen New Yorker Residenzen und Luxushotels auf der ganzen Welt, darunter in London, Paris, Venedig und Marrakesch, veranstaltete, für sexuelle Handlungen ausgenutzt haben. Der Zeitung liegen eigenen Angaben zufolge E-Mails, Flugtickets und detaillierte Reisepläne vor. Die Aussagen seien eingehend geprüft worden.

Männer wussten nicht, dass es um Sex ging

Demnach gaben mehrere Männer an, dass sie zunächst nicht darüber informiert worden seien, dass es bei den von Jeffries bezahlten Reisen um Geschlechtsverkehr ging. Andere sagten aus, sie hätten gewusst, dass es um Sex ging, aber nicht, was genau sie erwartet hätte.

Ein mutmasslich Betroffener erzählte der BBC etwa von einem Gespräch mit dem angeblichen Mittelsmann von Jeffries und Smith. «Er hat mir klargemacht, dass ich Oralsex mit ihm haben muss, um Mike Jeffries zu treffen. (...) Ich war wie gelähmt.» Rückblickend, so der 23-Jährige, hätte dieser Vorfall ein Warnsignal für ihn sein müssen. Aber damals habe er gedacht, der Mittelsmann sei «nur ein unheimlicher alter Kerl, den ich nie wiedersehen würde».

Der Mittelsmann stellte ihm eine Karriere bei A&F in Aussicht – deshalb nahm der 23-Jährige eine Einladung zu einer Veranstaltung in einem von Jeffries' Häusern in den Hamptons an. Mit Geschenkkarten der Modemarke durfte er sich im Voraus ein Outfit kaufen. So habe er sich «offiziell» gefühlt, erzählte der Mann der BBC.

In den Hamptons habe er mit Jeffries und Smith über seinen Wunsch gesprochen, ein A&F-Model zu werden. Später habe ihm Jeffries «Poppers» unter die Nase gehalten – eine Droge, die einen starken Kopfschmerz und Desorientierung verursachen kann – und später Sex mit ihm gehabt, heisst es in der Recherche.

Geld für sexuelle Handlungen

Weitere Männer berichteten, Jeffries und Smith hätten sexuelle Handlungen an ihnen vorgenommen oder sie angewiesen, miteinander Sex zu haben. Danach sollen die Männer Umschläge mit Bargeld überreicht bekommen haben. Währenddessen soll die ganze Zeit A&F-Personal anwesend gewesen sein.

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Mike Jeffries 1998 in einem Abercrombie & Fitch Laden.Bild: www.imago-images.de

Hausangestellte, die in Jeffries' damaligem Haus in den Hamptons arbeiteten, berichteten der BBC, dass sie regelmässig angewiesen wurden, das Haus zu verlassen. Deshalb seien sie davon ausgegangen, dass dort etwas Merkwürdiges vor sich ginge. Ein Ex-Angestellter sagte, er habe verstanden, dass sein Chef «Spielzeit» gehabt hätte.

Weiter beschreibt die BBC, dass der Mittelsmann Jeffries und Smith im Vorfeld von Veranstaltungen Fotos von «Anwerbern» geschickt habe. Alle Männer gaben an, Vertraulichkeitsvereinbarungen der Veranstalter unterschrieben zu haben.

Anklage wegen Sexhandels?

Nun wird geprüft, ob gegen Jeffries und Smith Anklage wegen Sexhandels erhoben werden könnte. Nach US-amerikanischen Recht bedeutet Sexhandel, dass ein Erwachsener durch Gewalt, Betrug oder Nötigung dazu gebracht wird, in einen anderen Bundesstaat oder ein anderes Land zu reisen, um gegen Geld Sex zu haben. Jeffries und Smith sollen jahrelang ein Liebespaar gewesen sein. Ob sie immer noch liiert sind, ist Berichten zufolge nicht bekannt.

Die vollumfängliche BBC-Recherche zu den mutmasslichen Machenschaften des ehemaligen A&F-CEO und seines Partners wird am Montagabend um 21 Uhr Ortszeit im Rahmen eines Podcasts veröffentlicht.

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