EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Versäumnisse bei der Beschaffung von Corona-Impfstoffen auf europäischer Ebene eingestanden.
Die EU habe unterschätzt, welche Komplikationen bei der Herstellung solcher Impfstoffe auftreten können, sagte von der Leyen in einem Interview der «Süddeutschen Zeitung» (Freitag) und anderer europäischer Medien. Mit Blick auf Kritik, die EU habe zu zögerlich bestellt, sagte sie: «Natürlich: Ein Land kann ein Schnellboot sein. Und die EU ist mehr ein Tanker.»
Die deutsche Kommissionspräsidentin sagte weiter: «Wir haben uns sehr stark auf die Frage fokussiert, ob es ein Vakzin geben wird, also die Entwicklung.» Aus heutiger Sicht hätte man «stärker parallel über die Herausforderungen der Massenproduktion nachdenken müssen».
Die CDU-Politikerin fügte hinzu: «Wir hätten den Menschen erklären sollen, dass es vorangeht, aber langsam, und dass es bei diesen komplett neuen Verfahren Probleme und Verzögerungen geben wird. Doch wir haben unterschätzt, welche Komplikationen auftreten können.»
Die Kommission hat für die 27 EU-Mitgliedstaaten bei insgesamt sechs Herstellern bis zu 2,3 Milliarden Impfdosen geordert. Derzeit liefern die Unternehmen jedoch weniger als erhofft oder versprochen.
Am Sonntag blamierte sich von der Leyen in einem Interview mit dem «ZDF Heute Journal». Moderator Claus Kleber wollte von ihr wissen, weshalb die USA und Grossbritannien die EU abgehängt hätten. Von der Leyen antwortete: «Dann wollen wir doch nochmal auf die Zahlen schauen.»
Doch die Zahlen sprachen eine deutliche Sprache: In der EU sind erst drei Prozent geimpft, in Grossbritannien 13 Prozent und in den USA neun Prozent. Von der Leyen war dies aber egal, sie sprach trotzdem von «stattlichen Zahlen» in der EU, man sei gut vorangekommen.
Einen weiteren Fehltritt erlaubte sich die EU-Komission am Freitag, als sie mit einer Verordnung für stärkere Ausfuhrkontrollen der Impfstoffe sorgen wollte. Die Verordnung erweckte den Anschein, als ob die EU die Grenze zwischen Nordirland und Irland kontrollieren wolle. Dies löste in Grossbritannien über alle politische Lager hinweg grosse Empörung aus.
Erst am späten Freitagabend lenkte die EU-Kommission ein und versprach in einer Mitteilung, bei ihren Exportkontrollen von Impfstoffen das Nordirland-Protokoll «unberührt» zu lassen. Man werde die Schutzmassnahmen-Klausel des Protokolls nicht aktivieren. Der politische Schaden für von der Leyen war da aber schon angerichtet. (cma/sda/dpa)