Putins Mobilmachung trägt den Krieg mitten in die russische Gesellschaft. Hunderttausenden jungen Männern droht der Kriegsdienst. Aus Angst davor versuchen viele, sich ins Ausland abzusetzen. Tickets für Flüge nach Istanbul, Belgrad oder die georgische Hauptstadt Tiflis waren in den letzten Tagen ausverkauft.
Aber auch auf dem Landweg verlassen Russen ihre Heimat. An den Grenzübergängen zu Kasachstan oder zur Mongolei gibt es Stau. Und auch an der Grenze zu Finnland steigen die Zahlen: Während am Montag noch rund 3000 Personen aus Russland ankamen, waren es am Donnerstag bereits rund 6500.
Angesichts dessen werden in Europa Forderungen laut, den russischen Dienstverweigerern schnell Zuflucht zu gewähren. Allen voran in Deutschland, wo sowohl Vertreter der Regierungsparteien wie auch der CDU-Opposition eine Aufnahme befürworten. Innenministerin Nancy Faeser zeigt sich offen: «Von schweren Repressionen bedrohte Deserteure erhalten im Regelfall internationalen Schutz in Deutschland».
Im Baltikum merkt man davon allerdings wenig. Der lettische Aussenminister Edgars Rinkevics führt zum Beispiel Sicherheitsbedenken ins Feld: «Viele der Russen, die nun wegen der Mobilisierung das Land verlassen, waren einverstanden mit dem Töten der Ukrainer, sie haben nicht protestiert». Man könne sie nicht als bewusste Gegner des Regimes betrachten. Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen lehnen es deshalb ab, den Militärdienstverweigerern Asyl zu gewähren.
Tatsächlich rät auch die Ukraine hart zu bleiben. Als «katastrophale Entscheidung» und «falschen Ansatz» bezeichnet Andreij Melnyk, der ukrainische Botschafter in Deutschland, die Idee, die Grenzen für russische Dienstverweigerer zu öffnen: «Junge Russen, die nicht in den Krieg ziehen wollen, müssen Putin und sein rassistisches Regime endlich stürzen, anstatt abzuhauen und im Westen Dolce Vita zu geniessen», so Melnik auf Twitter.
In Brüssel ist die EU-Kommission bestrebt, eine gemeinsame Lösung zu finden. Am Montag soll ein Krisentreffen unter den Mitgliedstaaten stattfinden. Bis jetzt gäbe es aber keine Anzeichen, dass Russen in grösserer Zahl Asyl in der EU beantragen würden, versucht man zu beruhigen. Verständnis gibt es für die Sicherheitsbedenken im Baltikum und Finnland: Man wisse ja nicht, wer komme.
Zudem verweist die EU-Kommission auf die kürzliche Entscheidung zur Aussetzung des Visa-Abkommens, das die Einreise für Russinnen und Russen erschwert und den Mitgliedsstaaten Freiraum bei der Umsetzung überlässt. Gleichwohl müsse das Recht auf Asyl und eine Einzelfallprüfung gewährleistet sein, so eine EU-Sprecherin.
Vom Schweizer Bundesamt für Migration (SEM) heisst es, dass Wehrdienstverweigerung grundsätzlich nicht als Asylgrund gelten würde. Das sei anders, wenn ein Wehrdienstverweigerer «als politischer Gegner qualifiziert werden soll, der unverhältnismässig schwer bestraft und menschenrechtswidrig behandelt wird». Konkret könne man etwa bei Eritrea davon ausgehen. Insgesamt haben in diesem Jahr 128 russische Staatsbürger ein Asylgesuch in der Schweiz gestellt. (aargauerzeitung.ch)
Wenn wir aber der Argumentation der Baltischen Staaten folgen, müssten wir Konsequenterweise alle männlichen Flüchtlinge zurückschicken. Schliesslich könnten sie ebenfalls ihre jeweiligen Diktatoren oder Unrechtsstaaten stürzen.
Da denke ich vorallem an Eritreer, Syrer und Afghanen.
Jedoch ist es in RU nicht wie bei uns, wo du einfach mal auf die Strasse kannst und demonstrieren. Wer das in RU macht, spielt mit seinem Leben.
Das sollte einfach nicht vergessen werden. Es ist einfach, diese Ansicht in einem Demokratischen Land zu vertreten.
Jeder der geht, ist auch eine Schwächung Putins.
Ich kann verstehen, dass Leute finden, sie sollten sich im eigenen Land für den Frieden einsetzen. Das ist in Russland aber lebensgefährlich.
Das lässt sich von hier aus, auf dem bequemen Sofa, leicht heldenhaft posaunen.
Ehrlich gesagt, wäre ich ein junge Russe, ich würde wohl auch abhauen.