Leonardo DiCaprios Performance als Trickbetrüger Frank Abagnale Jr. ist legendär. Er nimmt die Zuschauerschaft auf eine wilde Verfolgungsjagd quer durch die USA und die Welt mit – umso eindrücklicher ist «Catch me if you can», weil der Film eine (vermeintlich) wahre Geschichte erzählt.
Denn Frank Abagnale Jr. gibt es wirklich und seine Geschichte wurde mit seiner «Biografie», die dem Film den Titel geliehen hat, berühmt. Das Buch erschien 1980 und wurde von Abagnale und dem Schriftsteller Stan Redding verfasst.
Doch wie viel von seiner Biografie ist wirklich wahr? Ein neuer Bericht wirft viele Fragen auf.
Abagnale gibt (sowohl in Vorträgen als auch in der Biografie) an, sich Mitte der 60er und Anfang der 70er-Jahre im Alter von 16 bis 21 als PanAm-Pilot ausgegeben zu haben. Dabei will er fast 5 Millionen Kilometer geflogen sein. Und er habe auch andere Identitäten angenommen: diejenige eines Doktors in Georgia, die eines Soziologieprofessors an der Brigham Young University in Utah und die eines Anwalts bei der Staatsanwaltschaft von Baton Rouge, Louisiana.
Über die ganze Zeit hinweg habe er über 17'000 gefälschte Cheques eingelöst und sich damit rund 2,5 Millionen US-Dollar ergaunert. Im Film – mit dem Abagnale aber nebst einem Cameo-Auftritt nicht wirklich etwas zu tun hat und der tatsächlich aus dramaturgischen Gründen überspitzt ist – sind es 4 Millionen.
Wie dem auch sei, die Geschichte des Frank Abagnale kennt jeder – doch in einem Beitrag der New York Post werden Zweifel gehegt.
Die NYP stützt sich dabei auf mehrere Quellen. Zwei davon sind William Toney, Professor für Kriminaljustiz, und Jim Keith, ein ehemaliger Sicherheitsbeauftragter. Beide hatten (unabhängig voneinander) eine Rede von Abagnale besucht und waren nicht überzeugt von dessen Schilderungen. Sie nahmen zuerst getrennt voneinander und anschliessend gemeinsam und mit Unterstützung von Toneys Studenten Ermittlungen zur skurrilen Geschichte auf.
Das Produkt ihrer mehrjährigen Recherchen: eine 87-seitige Sammlung von alten Zeitungsberichten, Gerichtsdokumenten, Briefen von Airlines, Universitäten und Regierungsvertretern, die der NYP nun vorliegt. Daraus lässt sich herauslesen, dass Teile von Abagnales Geschichte durchaus wahr sind, andere sich aber schlichtweg nicht beweisen lassen.
So schreibt Bruce A. Chadwick, Vorsitzender der soziologischen Fakultät der Brigham Young University, in einem Brief von 1982:
War Frank Abagnale also gar nie Uniprofessor? Dies behauptete bereits ein Artikel im «San Francisco Chronicle» von 1978, also noch bevor Franks Buch erschien, aber als er bereits mit seiner Geschichte an Seminaren auftrat und sich so sein täglich Brot verdiente. Der Reporter hatte diverse Institutionen kontaktiert, bei welchen Abagnale angeblich involviert war. Von diesen konnte sich niemand an ihn erinnern. Seine Antwort darauf: Er habe Namen und Zeitpunkte in seiner Geschichte abgeändert, um die Betroffenen damit nicht in Verlegenheit zu bringen.
Aber auch seine «Hauptbeschäftigung» als PanAm-Pilot ist umstritten. Der damalige Sicherheitsbeauftragte der PanAm, Andrew Bentley, äusserte sich in einem Brief von 1982 wie folgt: «Ich habe weder Zeit noch Lust, das gleiche Gefasel zu widerlegen, mit welchem diese Person seit Jahren hausieren geht.» Und:
Aber auch zeitlich gehen Abagnales Erzählungen nicht ganz auf. Die NYP beruft sich auch auf eine Recherche von Alan C. Logan, die zum Schluss kam, dass Abagnale im Zeitraum seiner Anstellung als «Arzt» in Georgia in einem Gefängnis in New York sass.
Dazu übrigens: Laut eigener Aussage war Abagnale fast ein Jahr lang als Nachtschicht-Kinderarzt am Cobb General Hospital angestellt. Diese Position gab es aber zu dieser Zeit gar nicht, wie das Spital angab.
Und überhaupt passt der zeitliche Rahmen, in dem Frank angeblich seine grössten Tricksereien abzog (im Alter von 16–21 Jahren), gar nicht ins Bild. Nach den Recherchen von Logan sass Abagnale in diesem Zeitraum lange im Gefängnis und war insgesamt nur 14 Monate lang auf freiem Fuss. Hätte er dort seine 17'000 Fake-Cheques eingelöst, wären das rund 40 pro Tag – eine unmögliche Summe.
Und auch seine grösste Erfolgsgeschichte (die es in dieser Form nicht in den Film geschafft hat und darum nicht allen bekannt sein wird), seine Flucht aus dem Gefängnis in Atlanta, Georgia, dürfte erfunden sein. Angeblich entkam er, weil er sich als Gefängnisinspektor ausgab. Bloss: Das besagte Gefängnis bestritt, dass je ein Frank Abagnale dort untergebracht war.
So wäre es durchaus passend, dass der wohl medial bekannteste Trickbetrüger uns die ganze Zeit über betrogen hat.
(cpf)