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Frankreich

Emmanuel Macron hält Grundsatzrede an Sorbonne: Russland aufhalten

«Unser Europa könnte sterben»: Macron fordert mehr Verteidigung

Seine letzte Grundsatzrede an der Sorbonne hatte viel Aufmerksamkeit in Europa erregt: Jetzt hat Macron daran angeknüpft und den Aufbau einer europäischen Verteidigungsindustrie gefordert.
25.04.2024, 14:1725.04.2024, 15:12
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Ein Artikel von
t-online

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Europa mit drastischen Worten zu einer verstärkten Verteidigung aufgerufen. «Es besteht die Gefahr, dass unser Europa sterben könnte», warnte der Staatschef am Donnerstag in einer Grundsatzrede an der Pariser Sorbonne-Universität. Europa stehe an einem Wendepunkt und müsse mehr tun, um mit rasch wieder aufrüstenden globalen Rivalen konkurrieren zu können.

Die grösste Gefahr für die Sicherheit Europas sei der Krieg in der Ukraine:

«Die Grundvoraussetzung für unsere Sicherheit ist, dass Russland diesen Angriffskrieg nicht gewinnt.»

Er schlug die Schaffung einer europäischen Militärakademie vor. Zudem müsse Europa den Bereich Cybersicherheit stärken und die heimische Rüstungsindustrie fördern:

«Wie können wir unsere Souveränität, unsere Autonomie aufbauen, wenn wir nicht die Verantwortung übernehmen, unsere eigene europäische Verteidigungsindustrie aufzubauen?»

Auf Verteidigungsebene gelte es zudem, die Verbindungen zu dem EU-Aussteigerland Grossbritannien zu stärken. Macron bezeichnete den Brexit als eine der «beispiellosen Krisen», mit denen Europa in den vergangenen Jahren konfrontiert war. Er sprach von einer «Explosion», deren negative Auswirkungen dazu geführt hätten, dass niemand mehr einen Austritt propagiere – weder aus der EU noch aus dem Euro.

Kein «Vasall» der USA

Macron sagte, Europa müsse in der Lage sein, einen Dialog mit Drittländern aufzunehmen und zu zeigen, dass es kein «Vasall» der USA sei. Wirtschaftlich drohe der alte Kontinent im internationalen Kontext zurückzufallen und müsse sein Wachstumsmodell überdenken. Berater des Präsidenten bezeichnen die Rede als Beitrag Frankreichs zur strategischen Agenda der EU für die nächsten fünf Jahre. Über die Agenda soll nach den Europawahlen entschieden werden, die im Juni anstehen.

French President Emmanuel Macron delivers a speech on Europe in the amphitheater of the Sorbonne University, Thursday, April 25 in Paris. 2024. French President Emmanuel Macron will outline his vision ...
Emmanuel Macron an der Sorbonne: Erneut hat er an der Universität eine Grundsatzrede gehalten.Bild: keystone

Macron knüpft mit seinem Auftritt an eine Grundsatzrede aus dem Jahr 2017 an selber Stelle an: Damals entwarf er die Vision einer «europäischen Souveränität» und «strategischen Autonomie» – Begriffe, die in Brüssel inzwischen zu geflügelten Worten geworden sind. Konkret schlug Macron damals ein gemeinsames Budget der Euro-Staaten vor. Bis zum nächsten Jahrzehnt sollte es zudem einen EU-Verteidigungshaushalt geben.

Macron hatte in jüngster Zeit zudem mit der Bemerkung für Aufmerksamkeit gesorgt, dass der Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen sei. Solche Überlegungen treffen beim deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz auf Ablehnung. Als weitere Beispiele von Interessenkonflikten nannte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit unlängst zudem geplante gemeinsame Projekte wie die Entwicklung eines Kampfflugzeuges und eines Kampfpanzers.

Macron verlor 2022 seine parlamentarische Mehrheit. Auch seine persönlichen Popularitätswerte in Frankreich sind gesunken. Seine zentristische Partei Renaissance liegt in den Umfragen vor den Europawahlen im Juni hinter dem rechtsextremen Rassemblement National (RN).

Scholz sieht in Europa-Rede von Macron «gute Impulse»

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz unterstützt im Grundsatz die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagenen Massnahmen für ein wirtschaftlich starkes, sicheres Europa.

Gemeinsames Ziel von Frankreich und Deutschland sei es, «dass Europa stark bleibt», kommentierte Scholz am Donnerstag auf der Plattform X eine Grundsatzrede des französischen Staatspräsidenten. «Deine Rede enthält gute Impulse, wie uns das gelingen kann», fügte er hinzu.

«Gemeinsam bringen wir die EU voran: politisch und wirtschaftlich», kommentierte Scholz. Das Verhältnis zwischen Scholz und Macron galt von Anfang der Amtszeit des Kanzlers an als eher kühl. Scholz hatte im März versucht, diesem Eindruck entgegenzuwirken, indem er sagte:

«Emmanuel Macron und ich haben ein sehr gutes persönliches Verhältnis – ich würde es sehr freundschaftlich nennen.»

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA

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69 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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scrum-half
25.04.2024 14:52registriert Oktober 2023
Monsieur Macron hat recht. Europa braucht eine Strategie gegen das Russische Reich, Grossbritannien muss dabei eine wichtige Rolle spielen, es hat Erfahrung in vernünftiger militärischer Strategie und Taktik. Voraussetzung ist eine eigene, konkurrenzfähige Rüstungsindustrie. Europa muss verhindern, dass Russland den Krieg in der Ukraine gewinnt. Sonst werden wir eine Art Halbkolonie des Zaren, nur noch so lange unabhängig, wie uns Washington noch schützt. Das kann niemand wollen, ausser die verräterische extreme Rechte der „AfD“ etc., die lieber heute als morgen zu Putin überlaufen.
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Steibocktschingg
25.04.2024 17:34registriert Januar 2018
Macron spricht das an, was viele europäische Politiker, vor allem Populisten, nicht sagen: Nur ein vereintes Europa, das sich nicht von Russland, China und den USA abhängig macht hat eine echte Zukunft. Heisst natürlich nicht, dass man denen nun den Mittelfinger zeigen muss, aber solange dort Spinner und Extremisten durchdrehen ist auf Abstand bleiben in jedem Fall eine gute Idee.
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Rannen
25.04.2024 17:16registriert Januar 2018
Ich bin nicht mit vielem was von Macron kommt einverstanden aber hier bin ich mit
Ihm mehr als einverstanden!
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69
    Da hast ein neues Auto und nervst dich über das ständige Gepiepse? Schuld ist Brüssel
    Einen Kilometer zu viel auf dem Tacho und schon geht der Alarm los. Klingt nach einer weiteren bevormundenden EU-Massnahme – und genau so ist es. Die gute Nachricht: In Zukunft wird auch der bimmelnde Tacho-Polizist überflüssig.

    Du hast kürzlich ein neues Auto gekauft? Dann nervst vielleicht auch du dich über das ewige Gepiepse. Es ist nicht der Kofferraum, der offen steht. Es ist nicht der Gurt, der nicht eingesteckt ist. Es sind die ein, zwei Kilometer zu viel auf dem Tacho. Kurz aufs Gaspedal gedrückt und schon piepst es los. Nicht nur beim zügigen Aufschliessen im Stadtverkehr. Auch beim Überholen auf der breiten Überlandstrasse. Nervtötend und bevormundend, finden viele.

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