Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Europa mit drastischen Worten zu einer verstärkten Verteidigung aufgerufen. «Es besteht die Gefahr, dass unser Europa sterben könnte», warnte der Staatschef am Donnerstag in einer Grundsatzrede an der Pariser Sorbonne-Universität. Europa stehe an einem Wendepunkt und müsse mehr tun, um mit rasch wieder aufrüstenden globalen Rivalen konkurrieren zu können.
Die grösste Gefahr für die Sicherheit Europas sei der Krieg in der Ukraine:
Er schlug die Schaffung einer europäischen Militärakademie vor. Zudem müsse Europa den Bereich Cybersicherheit stärken und die heimische Rüstungsindustrie fördern:
Auf Verteidigungsebene gelte es zudem, die Verbindungen zu dem EU-Aussteigerland Grossbritannien zu stärken. Macron bezeichnete den Brexit als eine der «beispiellosen Krisen», mit denen Europa in den vergangenen Jahren konfrontiert war. Er sprach von einer «Explosion», deren negative Auswirkungen dazu geführt hätten, dass niemand mehr einen Austritt propagiere – weder aus der EU noch aus dem Euro.
Macron sagte, Europa müsse in der Lage sein, einen Dialog mit Drittländern aufzunehmen und zu zeigen, dass es kein «Vasall» der USA sei. Wirtschaftlich drohe der alte Kontinent im internationalen Kontext zurückzufallen und müsse sein Wachstumsmodell überdenken. Berater des Präsidenten bezeichnen die Rede als Beitrag Frankreichs zur strategischen Agenda der EU für die nächsten fünf Jahre. Über die Agenda soll nach den Europawahlen entschieden werden, die im Juni anstehen.
Macron knüpft mit seinem Auftritt an eine Grundsatzrede aus dem Jahr 2017 an selber Stelle an: Damals entwarf er die Vision einer «europäischen Souveränität» und «strategischen Autonomie» – Begriffe, die in Brüssel inzwischen zu geflügelten Worten geworden sind. Konkret schlug Macron damals ein gemeinsames Budget der Euro-Staaten vor. Bis zum nächsten Jahrzehnt sollte es zudem einen EU-Verteidigungshaushalt geben.
Macron hatte in jüngster Zeit zudem mit der Bemerkung für Aufmerksamkeit gesorgt, dass der Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine nicht ausgeschlossen sei. Solche Überlegungen treffen beim deutschen Bundeskanzler Olaf Scholz auf Ablehnung. Als weitere Beispiele von Interessenkonflikten nannte der deutsche Regierungssprecher Steffen Hebestreit unlängst zudem geplante gemeinsame Projekte wie die Entwicklung eines Kampfflugzeuges und eines Kampfpanzers.
Macron verlor 2022 seine parlamentarische Mehrheit. Auch seine persönlichen Popularitätswerte in Frankreich sind gesunken. Seine zentristische Partei Renaissance liegt in den Umfragen vor den Europawahlen im Juni hinter dem rechtsextremen Rassemblement National (RN).
Der deutsche Kanzler Olaf Scholz unterstützt im Grundsatz die von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagenen Massnahmen für ein wirtschaftlich starkes, sicheres Europa.
Gemeinsames Ziel von Frankreich und Deutschland sei es, «dass Europa stark bleibt», kommentierte Scholz am Donnerstag auf der Plattform X eine Grundsatzrede des französischen Staatspräsidenten. «Deine Rede enthält gute Impulse, wie uns das gelingen kann», fügte er hinzu.
«Gemeinsam bringen wir die EU voran: politisch und wirtschaftlich», kommentierte Scholz. Das Verhältnis zwischen Scholz und Macron galt von Anfang der Amtszeit des Kanzlers an als eher kühl. Scholz hatte im März versucht, diesem Eindruck entgegenzuwirken, indem er sagte:
Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA
Ihm mehr als einverstanden!