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Proeuropäischer Protest in Georgien – Lage spitzt sich zu

Proeuropäischer Protest in Georgien – Lage spitzt sich zu

02.12.2024, 16:2302.12.2024, 16:34
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Die proeuropäischen Proteste in der Südkaukasusrepublik Georgien gegen den Kurs der nationalkonservativen Regierungspartei Georgischer Traum werden zunehmend von gewaltsamen Ausschreitungen in der Hauptstadt Tiflis geprägt.

Die Proteste in der Hauptstadt Tiflis (Tbilissi) und anderen grossen Städten des Landes richten sich gegen eine Abkehr vom EU-Kurs der Regierung. Ministerpräsident Irakli Kobachidse hatte am vergangenen Donnerstag EU-Beitrittsverhandlungen bis 2028 auf Eis gelegt.

A masked demonstrator throws an object toward police during a rally against the governments' decision to suspend negotiations on joining the European Union for four years, outside the parliament& ...
Ein Maskierter wirft in der Hauptstadt Tiflis Steine.Bild: keystone

Das Innenministerium meldete mehr als 200 Festnahmen in den vergangenen Tagen. Weitere Proteste werden erwartet. Den EU-Beitritt hat Georgien der Verfassung festgeschrieben. Kritik an der Abkehr kommt daher inzwischen nicht mehr nur auf der Strasse.

In verschiedenen Stellungnahmen distanzierten sich Medienberichten zufolge etwa Mitarbeiter des Aussen-, Verteidigungs- und Bildungsministeriums sowie einige Richter von der Entscheidung der Regierung.

Universitäten stellten vorübergehend ihren Betrieb ein. Die georgischen Botschafter in Bulgarien und den Niederlanden reichten demnach ihren Rücktritt ein.

Ausland schaut auf Südkaukasusrepublik

Drastische Reaktionen gibt es auch aus dem Ausland. Die baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen einigten sich auf nationale Sanktionen gegen die georgische Führung, wie die Aussenminister wortgleich in Posts auf der Plattform X mitteilten.

Die Strafmassnahmen sollen sich demnach gegen diejenigen richten, die legitime Proteste unterdrücken.

Die USA setzen ihre strategische Partnerschaft mit der Südkaukasusrepublik vorübergehend aus. Die Entscheidung der Regierungspartei Georgischer Traum, den EU-Beitrittsprozess auszusetzen, sei ein «Verrat an der georgischen Verfassung», teilte der Sprecher des US-Aussenministeriums mit.

In einer Mitteilung bedauerte EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen die Entscheidung der Regierung gegen die EU und ihre Werte. Die Europäische Union stehe dennoch an der Seite der Georgier und deren Entscheidung für eine europäische Zukunft, schrieb sie ebenfalls am Wochenende.

Russland zieht Parallele zu Ukraine

Auch Russland blickt auf die Proteste in dem kleinen Nachbarland. «Wir haben ähnliche Ereignisse in einer ganzen Reihe von Ländern gesehen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Russland wirft dem Westen immer wieder vor, im postsowjetischen Raum sogenannte Farbenrevolutionen anzuzetteln.

«Die direkteste Parallele, die man ziehen kann, sind die Ereignisse auf dem Maidan in der Ukraine», sagte Peskow russischen Agenturen zufolge. Damals hatten in Kiew auf dem Unabhängigkeitsplatz Menschen für einen EU-Kurs des Landes demonstriert und letztlich den russlandfreundlichen Präsidenten Viktor Janukowitsch gestürzt.

Fälschungsvorwürfe bei Parlamentswahl

Bei der von Fälschungsvorwürfen überschatteten Parlamentswahl Ende Oktober hatte die Wahlkommission die Regierungspartei Georgischer Traum mit rund 54 Prozent zur Siegerin erklärt. Bereits das löste Proteste gegen das offizielle Ergebnis aus.

Die prowestliche Opposition und die proeuropäische Präsidentin Salome Surabischwili erkennen das Ergebnis nicht an und fordern eine Wiederholung der Wahl. Die Opposition will ihre Mandate nicht annehmen und betritt das Parlament nicht.

Wegen einer anhängigen Klage Surabischwilis beim Verfassungsgericht gibt es Streit über die Rechtmässigkeit des Parlaments. Dort tagt der Georgische Traum derzeit ohne die Opposition. (dab/hkl/rbu/sda/dpa)

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18 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
avatar
Nett sein ist keine Schwäche
02.12.2024 08:58registriert August 2024
Hoffentlich können die Menschen auf der Strasse, die unrechtmässige Marionetten-Regierung von Putin stürzen.
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