«Der Vater ist ein Mann. Die Mutter eine Frau und das Benzin kostet 480 Forint (1.25 Franken, Anm. der Redaktion)». Bei Viktor Orban weiss man, was man kriegt. Für seinen gemäss ungarischer Regierungspresse «historischen Sieg» am EU-Gipfel, bei dem er diese Woche der Staatengemeinschaft seinen Willen aufgezwungen hat, liess sich der Ministerpräsident gehörig feiern. Auch wenn die 27 EU-Staaten aus russischen Energielieferungen aussteigen: Nach Ungarn darf das Pipeline-Öl weiter fliessen. «Ungarische Familien können heute Nacht ruhig schlafen», verkündete Orban. Ihm sei Dank. Ungarn ist gerettet.
Viktor #Orbán's "victory report" after #EUCO.
— Viktória Serdült (@viktoriaserdult) May 31, 2022
"The father is a man, the mother is a woman, petrol will remain at 480 HUF" pic.twitter.com/lTs0eMMVmL
Aber Orban hat noch nicht genug. Am Donnerstag blockierte er ungeachtet der Einigung am EU-Gipfel weiter das sechste Sanktionspaket und verlangte, dass der russische Patriarch Kirill von der Sanktionsliste gestrichen wird. Und auch hier gaben die EU-Partner nach. Der 75-jährige Kirill, vormaliger KGB-Agent und geistliche Stütze für Putins kriegerisches Regime, wird vom Haken gelassen. Orban hat gesiegt. Schon wieder.
Aber warum um alles in der Welt wirft sich Orban wie kein anderer in der EU für die Interessen Putins in die Bresche? In Brüssel sehen ihn manche deswegen bereits als «Putins U-Boot», russische «Marionette» oder «trojanisches Pferd». «Fake News» antwortet Orban auf solche Anwürfe.
Tatsächlich kämpfen Putin und Orban den gleichen «Kulturkampf». Gegen «liberale Eliten», gegen Schwule und Lesben, gegen «westliche Dekadenz» im Allgemeinen, so Orbans Propaganda im Gleichklang mit Moskau. Die beiden sind Alliierte im Geiste. Aber auch in der Methode: Wie Putin hat sich Orban ein Netz an Oligarchen gezüchtet. Korruption und Vetternwirtschaft durchzieht seine Regierung.
In den verschiedenen EU-Ermittlungen und Verfahren, die er deswegen am Hals hat, konnte Ungarn stets auf die Hilfe Polens zählen. Auch die Regierung in Warschau liegt sich mit Brüssel in den Haaren wegen dem Abbau der Rechtstaatlichkeit in Polen. Die beiden Länder hielten sich gegenseitig den Rücken frei. Bis jetzt.
In Polen, wo man wie in kaum einem anderen EU-Land eine entschlossene Haltung gegen Russland und harte Sanktionen fordert, wird Orbans Kuschelkurs mit Putin mit wachsendem Ärger verfolgt. Der Haussegen in der sogenannten «Visegrad-Gruppe», der auch Tschechien und die Slowakei angehören, hängt gewaltig schief. Weil er nicht sehe, was in der Ukraine abgehe, solle Orban doch «zum Augenarzt gehen», giftelte Jaroslaw Kaczynski, Polens Vize-Premier und starker Mann. Und er warnte: .
Angesichts der polnisch-ungarischen Entfremdung steht Orban wie nie zuvor alleine da in der EU. Dies, zumal die EU-Kommission diese Woche die rund 36 Milliarden Euro an Corona-Hilfen für Polen freigegeben hat, nachdem Warschau Anpassungen bei der umstrittenen Justizreform zugestanden hat. Ungarn jedoch wartet immer noch auf seinen Anteil. Dass die EU-Kommission aktiv einen Keil zwischen die beiden Alliierten zu treiben versucht, vermuten in Brüssel nicht wenige. Es wäre ein geschickter Schachzug, Orban weiter zu isolieren.
Aber vielleicht ist das auch gar nicht mehr nötig. Mit seinem Manöver zum Schutz des Patriarchen Kirill könnte Orban den Bogen überspannt haben. Von viel zerschlagenem Porzellan ist in EU-Diplomatenkreisen die Rede. Katarina Barley, Vize-Präsidentin des EU-Parlaments und ehemalige deutsche Justizministerin, fordert jetzt, Ungarn das EU-Stimmrecht zu entziehen. Dass es so weit kommt, ist freilich unwahrscheinlich.
Klar ist aber: Verscherzt es sich Orban weiter mit seinen Alliierten in Polen, was er drauf und dran zu tun ist, könnte es bald ungemütlich für ihn werden. (aargauerzeitung.ch)
Der Mann arbeitet gegen Europa und auch gegen Ungarn.
Ich dachte immer Ungarn hätte eine schwierige Vergangenheit mit Russland gehabt?