Auf dem britischen Fernsehsender ITV wird am Dienstag ein Interview mit Rishi Sunak veröffentlicht. Darin fragt der Journalist Paul Brand den Premierminister, wie er es schaffe, mit den einfachen Leute in Kontakt zu bleiben, wenn er doch «reicher als der König» sei. Brand will ganz konkret wissen, ob Sunak als Kind je auf etwas verzichten musste. Der Premier windet sich, lacht verlegen und sagt: «Ich musste auf vieles verzichten!» Journalist Paul Brand lässt diese vage Antwort aber nicht sitzen und will konkrete Beispiele. Erneut widerwillig antwortet Sunak:
🚨 NEW: Rishi Sunak has said he had to "sacrifice all sorts of things" as a child
— Politics UK (@PolitlcsUK) June 11, 2024
ITV: "Can you give me an example?"
Suank: "All sorts of things... like lots of people, all sorts of things... famously Sky TV"pic.twitter.com/CKxEHxLzJF
Rishi Sunak wurde 1980 in England geboren. Seine Eltern entstammen beide indischen Familien. Diese waren in den 1960er-Jahren aus ostafrikanischen Kolonien, wo sie sich zwischenzeitlich angesiedelt hatten, nach England ausgewandert.
Sein Vater arbeitete als Allgemeinmediziner beim staatlichen britischen Gesundheitssystem NHS, seine Mutter war Apothekerin. Beide Eltern hatten in England studiert und legten viel Wert auf die Ausbildung ihrer drei Kinder. Rishi Sunak besuchte das private Tages-Internat Winchester College, das für seine hochwertige Ausbildung bekannt ist.
So lässt sich dann auch erklären, warum Sunak kein Sky TV hatte: Seine Eltern butterten ihr ganzes Geld in die Schulbildung der Kinder, wie Sunak im Interview selbst zugibt. Denn ein Jahr am Winchester College kostet 52'000 Pfund (zum heutigen Kurs rund 59’400 Franken) pro Jahr.
Typisch Arbeiterklasse eben.
Ende des vergangenen Jahres machte auch eine andere Britin mit einer ähnlichen Haltung auf sich aufmerksam. Damals erklärte Victoria Beckham – ihres Zeichens Ex-Spice-Girl und erfolgreiche Modedesignerin – in einer Doku auf Netflix ihrem Mann David Beckham: «Wir kommen aus der Arbeiterklasse.»
Während der Moderator von ITV-News die Aussage von Sunak unkommentiert stehen lässt, hielt David Beckham seiner Frau sogleich den Spiegel vor und fragte sie, mit welchem Auto ihr Vater – Inhaber eines Elektronikhandels – sie denn in die Schule fuhr. Ihre Antwort:
Typisch Arbeiterklasse eben.
In Grossbritannien leben mehr als eine Million Kinder in Armut, wie eine Studie der Joseph Rowntree Foundation aus dem Jahr 2023 herausgefunden hat. Insgesamt lebten 3,8 Millionen Menschen im Land von Sunak in elendigen Verhältnissen. Und es werden immer mehr. Sie sind nicht in der Lage, grundlegendste körperliche Bedürfnisse – warm haben, trocken bleiben, sauber und satt sein – zu decken.
Der Bericht zeigt die Lücken im Sozialsystem Grossbritanniens. Und auch, wie sich die konservative Regierung unter Sunak sträubt, Gegenmassnahmen zu erlassen.
Seine Bemerkung, in der Kindheit kein Sky-TV gehabt zu haben, kam beim britischen Volk entsprechend nicht gut an. Aus purem Mitleid für den «armen kleinen Rishi» hat jemand eine Go-Fund-Me-Kampagne eingerichtet, damit der Premier sich endlich ein Abo für Sky TV leisten könne. Tatsächlich aber geht das Geld an den Trussell Trust, eine Organisation, die ein landesweites Netz von Lebensmittelbanken unterstützt. (yam)
Sie verlieren das Verhältnis und die Bodenhaftung. Kommt nicht gut.