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Rishi Sunak: Britischer Premier musste als Kind auf Sky TV verzichten

Was Rishi Sunak und Victoria Beckham gemeinsam haben

Der britische Premierminister Rishi Sunak hat viel gemein mit dem einfachen Volk, vor allem musste er als Kind auf vieles verzichten. Zumindest behauptet er das in einem Interview mit ITV. Die Briten sehen seine Aussagen dezidiert anders.
13.06.2024, 11:17
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Auf dem britischen Fernsehsender ITV wird am Dienstag ein Interview mit Rishi Sunak veröffentlicht. Darin fragt der Journalist Paul Brand den Premierminister, wie er es schaffe, mit den einfachen Leute in Kontakt zu bleiben, wenn er doch «reicher als der König» sei. Brand will ganz konkret wissen, ob Sunak als Kind je auf etwas verzichten musste. Der Premier windet sich, lacht verlegen und sagt: «Ich musste auf vieles verzichten!» Journalist Paul Brand lässt diese vage Antwort aber nicht sitzen und will konkrete Beispiele. Erneut widerwillig antwortet Sunak:

«Viele Dinge... Viele Leute, verschiedenste Dinge... zum Beispiel Sky TV. Das hatten wir in unserer Kindheit eigentlich nie. Aber es gibt viele Dinge.»

Sunaks Hintergrund

Rishi Sunak wurde 1980 in England geboren. Seine Eltern entstammen beide indischen Familien. Diese waren in den 1960er-Jahren aus ostafrikanischen Kolonien, wo sie sich zwischenzeitlich angesiedelt hatten, nach England ausgewandert.

Sein Vater arbeitete als Allgemeinmediziner beim staatlichen britischen Gesundheitssystem NHS, seine Mutter war Apothekerin. Beide Eltern hatten in England studiert und legten viel Wert auf die Ausbildung ihrer drei Kinder. Rishi Sunak besuchte das private Tages-Internat Winchester College, das für seine hochwertige Ausbildung bekannt ist.

So lässt sich dann auch erklären, warum Sunak kein Sky TV hatte: Seine Eltern butterten ihr ganzes Geld in die Schulbildung der Kinder, wie Sunak im Interview selbst zugibt. Denn ein Jahr am Winchester College kostet 52'000 Pfund (zum heutigen Kurs rund 59’400 Franken) pro Jahr.

Typisch Arbeiterklasse eben.

Auch Victoria Beckham kommt aus der Arbeitsklasse

Ende des vergangenen Jahres machte auch eine andere Britin mit einer ähnlichen Haltung auf sich aufmerksam. Damals erklärte Victoria Beckham – ihres Zeichens Ex-Spice-Girl und erfolgreiche Modedesignerin – in einer Doku auf Netflix ihrem Mann David Beckham: «Wir kommen aus der Arbeiterklasse.»

David id and Victoria Beckham wait for the start of the Leagues Cup soccer match between the Inter Miami and Atlanta United, Tuesday, July 25, 2023, in Fort Lauderdale, Fla. (AP Photo/Lynne Sladky)
Da ...
Möchte lieber aus der Arbeiterklasse stammen: Victoria Beckham.Bild: keystone

Während der Moderator von ITV-News die Aussage von Sunak unkommentiert stehen lässt, hielt David Beckham seiner Frau sogleich den Spiegel vor und fragte sie, mit welchem Auto ihr Vater – Inhaber eines Elektronikhandels – sie denn in die Schule fuhr. Ihre Antwort:

«Okay, in den 80er-Jahren hatte mein Vater einen Rolls-Royce.»

Typisch Arbeiterklasse eben.

In Grossbritannien leben mehr als eine Million Kinder in Armut, wie eine Studie der Joseph Rowntree Foundation aus dem Jahr 2023 herausgefunden hat. Insgesamt lebten 3,8 Millionen Menschen im Land von Sunak in elendigen Verhältnissen. Und es werden immer mehr. Sie sind nicht in der Lage, grundlegendste körperliche Bedürfnisse – warm haben, trocken bleiben, sauber und satt sein – zu decken.

Der Bericht zeigt die Lücken im Sozialsystem Grossbritanniens. Und auch, wie sich die konservative Regierung unter Sunak sträubt, Gegenmassnahmen zu erlassen.

Seine Bemerkung, in der Kindheit kein Sky-TV gehabt zu haben, kam beim britischen Volk entsprechend nicht gut an. Aus purem Mitleid für den «armen kleinen Rishi» hat jemand eine Go-Fund-Me-Kampagne eingerichtet, damit der Premier sich endlich ein Abo für Sky TV leisten könne. Tatsächlich aber geht das Geld an den Trussell Trust, eine Organisation, die ein landesweites Netz von Lebensmittelbanken unterstützt. (yam)

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20 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Lordkanzler-von-Kensington
12.06.2024 21:43registriert September 2020
So wie in D, der Herr Friedrich Merz, seines Zeichens Millionär & Privatflugzeugbesitzer (steuert er gerne selbst, wenn es nach Sylt jettet), erklärt "er sei aus dem Mittelstand"......
Sie verlieren das Verhältnis und die Bodenhaftung. Kommt nicht gut.
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