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Diese sieben Staatsoberhäupter amtierten keine 100 Tage – wie Liz Truss

Diese Regierungschefs amteten alle unter 100 Tagen.
7 Regierungschefs, die keine 100 Tage im Amt waren.Bild: watson/keystone sda

Diese sieben Regierungschefs amtierten keine 100 Tage – inklusive Liz Truss

Liz Truss wird wegen ihrer kurzen Amtszeit in die Geschichte eingehen. Doch es gibt Politikerinnen und Politiker in Europa, die weniger lang im Amt waren als sie. Eine von ihnen war nur 7.5 Stunden Premierministerin.
21.10.2022, 18:1522.10.2022, 12:20
Elena Lynch
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Die britische Premierministerin Liz Truss ist am Donnerstag nach nur sechs Wochen im Amt zurückgetreten. Sie geht damit in die Geschichte ein – als die britische Premierministerin mit der kürzesten Amtszeit.

Doch es gibt Politikerinnen und Politiker in Europa, die noch weniger lang im Amt waren. Eine Auswahl von Regierungschefs, die keine 100 Tage durchgehalten haben – inklusive Liz Truss:

45 Tage: Liz Truss, Grossbritannien

epaselect epa10254381 British Prime Minister Liz Truss delivers a resignation statement outside 10 Downing Street in London, Britain, 20 October 2022. Truss gave in to increasing calls for her to resi ...
Liz Truss am Donnerstag vor der Downing Street in London. Bild: keystone sda

Liz Truss hatte ihr Amt erst am 6. September von Boris Johnson übernommen und an diesem Donnerstag, exakt 45 Tage später, ihren Rücktritt bekannt gegeben.

Damit übertrifft sie George Canning, der 118 Tage lang britischer Premierminister war, bis er in den 1820er-Jahren im Amt starb.

In Grossbritannien verglich man die Dauer ihrer Amtszeit mit der Haltbarkeit eines Kopfsalats. Der Grund: Truss trat am 6. September ihren Posten als Premierministerin an.

Am 23. September sprengte sie mit einem Paket von nicht finanzierten Steuersenkungen und Energiepreisgarantien ihre eigene Regierung in die Luft.

Zieht man die zehn Trauertage nach dem Tod von Königin Elizabeth II. ab, hatte sie sieben Tage die Kontrolle. Der «Economist» schrieb diesbezüglich: «Das ist ungefähr die Haltbarkeit eines Kopfsalats.»

Der Vergleich ging viral.

Der «Daily Star» veranstaltete sogar einen Wettkampf zwischen Liz Truss und einem Kopfsalat. Der Kopfsalat gewann.

89 Tage: Mihai Răzvan Ungureanu, Rumänien

Romanian Prime Minister Mihai Razvan Ungureanu waits for the beginning of a special parliament session in Bucharest, Romania, Friday, April 27, 2012. Governments in Romania and the Czech Republic on F ...
Mihai Răzvan Ungureanu vor seinem Misstrauensvotum am 27. April 2012 im rumänischen Parlament.Bild: KEYSTONE sda

Mihai Răzvan Ungureanu, ehemaliger Direktor des rumänischen Geheimdienstes, wurde im Februar 2012 zum Ministerpräsidenten ernannt. Er sollte Rumänien inmitten einer politischen Krise stabilisieren.

Ungureanu wurde von Rumäniens Präsident, Traian Băsescu, in das Amt eingeführt. Der Schritt wurde von Kritikerinnen und Kritikern mit Wladimir Putins Beförderung durch den russischen Präsidenten Boris Jelzin verglichen.

Ungureanu scheiterte wenige Monate später am Misstrauensvotum der grossen Koalition des Landes. Er blieb politisch aktiv und diente als Abgeordneter.

69 Tage: Anneli Jäätteenmäki, Finnland

Chairman of the Centre Party Anneli Jaatteenmaki is interviewed at a TV studio of the Finnish broadcasting company Yleisradio in Helsinki, Finland, Sunday March 16 2003. Finns began voting Sunday in a ...
Anneli Jääteenmäki am Tag ihrer Wahl in Helsinki.Bild: KEYSTONE SDA

Anneli Jääteenmäki war vom 17. April bis zum 24. Juni 2003 die erste Ministerpräsidentin Finnlands. Sie führte ihre Zentrumspartei zum Sieg bei den Parlamentswahlen 2003.

Während ihres Wahlkampfs verwendete sie vertrauliche Unterlagen, um die Opposition zu diskreditieren.

Als Fragen aufkamen, wie Jäätteenmäki in den Besitz der Dokumente des Aussenministeriums über den Irak-Krieg gekommen war, sagte sie, jemand habe sie ihr unaufgefordert per Fax geschickt.

Ein hochrangiger Beamter bestritt diese Version. Jäätteenmäki musste aufgrund der Vorwürfe ihren Rücktritt einreichen.

Doch ihre politische Karriere war damit noch nicht beendet. Von 2001 bis 2019 war sie Abgeordnete des Europäischen Parlaments in Brüssel.

22 Tage: Josip Manolić, Kroatien

Josip Manolić, Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Kroatien
https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0
Josip Manolić: Er war 22 Tage lang Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Kroatien.Bild: Wikimedia Commons/Roberta F., CC BY-SA 3.0

Josip Manolić war während einer turbulenten Zeit kroatischer Premierminister. Kroatien erklärte am 25. Juni 1991 seine Unabhängigkeit von Jugoslawien und löste damit einen Krieg mit den ethnischen Serben im Land aus.

Manolić wurde der erste Premierminister des nun unabhängigen Landes, weil er seit August 1990 als Premierminister Kroatiens innerhalb Jugoslawiens amtierte.

Im Juli 1991 unterzeichnete der kroatische Präsident Franjo Tuđman das Brijuni-Abkommen, durch das die Beziehungen Kroatiens zu den anderen jugoslawischen Republiken weiter gekappt wurden. Manolić wurde daraufhin durch Franjo Gregorić ersetzt, der im Auftrag von Tuđman eine grosse Koalitionsregierung mit dem Namen «Regierung der nationalen Einheit» führen sollte.

Manolić galt zu dieser Zeit als zweitmächtigster Mann in Kroatien nach Tuđman. Er war ehemaliger Leiter der jugoslawischen Sicherheitsbehörde OZNA und Mitglied des antifaschistischen Partisanenwiderstands im Zweiten Weltkrieg.

Zudem war er einer der wichtigsten Gründer der kroatischen nationalistischen Mitte-Rechts-Partei HDZ. 1995 versuchte Manolić eine Massenabwanderung von HDZ-Mitgliedern zu organisieren und Tuđman die parlamentarische Mehrheit zu entziehen. Er scheiterte.

22 Tage: Andrei Lukanow, Bulgarien

Andrei Lukanow
Andrei Lukanow war am kürzesten Ministerpräsident in Bulgarien.Bild: European Communities, Attribution, via Wikimedia Commons

Obwohl Bulgarien politische Umwälzungen nicht fremd sind – in den letzten 18 Monaten gab es vier Parlamentswahlen und vier Premierminister –, hält Andrei Lukanow den Rekord für die kürzeste Amtszeit als bulgarischer Regierungschef.

Lukanow war der letzte Ministerpräsident der Sozialistischen Republik Bulgarien. Als das Land nach Mehrparteienwahlen den Übergang zu einer Demokratie westlichen Zuschnitts einleitete, behielt er dieses Amt bis zum 7. Dezember 1990.

Trotz seines Angebots, eine Koalitionsregierung mit der Opposition zu bilden, wurde dies abgelehnt. Mit der Begründung, dass Lukanow – ein ehemaliger Loyalist der Kommunistischen Partei und hochrangiger Politiker – für die sich verschlechternde Wirtschaft und die Verbrechen des früheren Regimes verantwortlich gemacht werden sollte.

Lukanow wurde schliesslich durch Demonstrationen und einen Generalstreik aus dem Amt gedrängt. Er wurde 1996 vor seiner Wohnung in Sofia ermordet.

3 Tage: Albertas Šimėnas, Litauen

Albertas Šimėnas
Ehemaliger Premierminister der Republik Litauen
Amtete keine Woche: Albertas Šimėnas, ehemaliger Premierminister der Republik Litauen.Bild: screenshot youtube/Gera Roda

Albertas Šimėnas ist einer der Unterzeichner des Gesetzes vom März 1990, mit dem Litauen seine Unabhängigkeit von der Sowjetunion erklärte.

Am 10. Januar 1991 wurde er Ministerpräsident des baltischen Landes, nachdem die vorherige Regierung aufgrund wirtschaftlicher Turbulenzen zurückgetreten war.

Drei Tage später verschwand Šimėnas. Der Grund: Die sowjetische Armee war in die Hauptstadt Vilnius eingedrungen und hatte die wichtigsten Gebäude der Stadt belagert, was später als «Januarereignisse» bezeichnet wurde.

Da Šimėnas inmitten der Unruhen unauffindbar war, übernahm Gediminas Vagnorius – ein weiterer Unterzeichner des Gesetzes vom März 1990 – die Führung.

Šimėnas tauchte nach vier Tagen wieder auf und wurde Wirtschaftsminister in der Regierung Vagnorius, bis diese im Juli 1992 zusammenbrach.

7,5 Stunden: Magdalena Andersson, Schweden

epa10228669 Sweden's Prime Minister Magdalena Andersson arrives at an informal EU summit, in Prague, Czech Republic, 07 October 2022. EU leaders will meet in the Czech capital to discuss pressing ...
Niemand war kürzer im Amt als die schwedische Ministerpräsidentin Magdalena Andersson.Bild: keystone sda

Magdalena Andersson war Schwedens erste Ministerpräsidentin und beim ersten Mal nur siebeneinhalb Stunden im Amt.

Im November 2021 gelang es ihr als sozialdemokratische Regierungschefin, nach tagelangen Verhandlungen, zusammen mit zwei kleineren Parteien eine Minderheitsregierung zu bilden.

Nachdem das Parlament ihrer Ernennung zugestimmt hatte, legte sie einen neuen Haushaltsplan für das Land vor, doch eine der Parteien zog ihre Unterstützung zurück. Andersson trat siebeneinhalb Stunden nach ihrem Amtsantritt zurück.

Der Haushaltsplan wurde geändert und genehmigt – und Andersson wenige Tage später zum zweiten Mal zur Ministerpräsidentin gewählt.

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Herrlich absurde Schlagzeilen aus dem Vereinigten Königreich
Die besten der besten Schlagzeilen, gefunden auf dem Twitter-Account Mental UK Headlines.

«Der Zoo trennt fünf Papageien, nachdem die Vögel dabei erwischt wurden, wie sie sich gegenseitig ermutigten, Gäste zu beschimpfen.»
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Britischer Comedian reagiert auf die Wahl von Liz Truss zur neuen Premierministerin
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