Irans Justiz hat einem Medienbericht zufolge den Familienanwalt der im Herbst 2022 verstorbenen Jina Mahsa Amini, die zur Ikone der jüngsten Proteste wurde, angeklagt. Ein Revolutionsgericht in der Hauptstadt Teheran werfe dem Verteidiger Saleh Nikbacht «Propaganda gegen den Staat» vor, berichtete die Zeitung «Emtedad» auf Telegram. Hintergrund seien Interviews des Anwalts, die er lokalen und internationalen Medien gegeben habe. Von der iranischen Justiz gab es zunächst keine Stellungnahme.
In wenigen Wochen jährt sich der Tod Aminis, die von den berüchtigten Sittenwächtern wegen eines angeblich schlecht sitzenden Kopftuchs festgenommen worden war. Sie fiel ins Koma und starb wenige Zeit später im Krankenhaus. Ihr Tod entfachte die Wut einer jungen Generation und löste die heftigsten Proteste seit Jahrzehnten aus.
Aminis Familie war der Ansicht, dass die junge Frau durch Gewalteinwirkung ums Leben gekommen war. Sie widersprach damit der Darstellung der iranischen Behörden, die eine angebliche Vorerkrankung Aminis verantwortlich machten. Der Anwalt Nikbacht forderte die offiziellen Erklärungen in mehreren Stellungnahmen und Interviews heraus.
Seit den Protesten im vergangenen Jahr hat sich der Iran unwiderruflich verändert. Viele Frauen in den Metropolen ignorieren inzwischen demonstrativ die Pflicht zum Tragen eines Kopftuchs, oft auch als Zeichen des stillen Protests. (sda/dpa)