International
Israel

Was von der Nasrallah-Rede zu erwarten ist

epa10775038 A Hezbollah supporter holds a poster with the portrait of Hezbollah leader Hassan Nasrallah as she listens to his speech during an Ashura Day procession in southern Beirut, Lebanon, 29 Jul ...
Hisbollah-Unterstützer in Beirut, Juli 2023.Bild: keystone

Was von der Nasrallah-Rede zu erwarten war

Am Nachmittag will Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah eine Grundsatzrede halten. Die Kämpfe an der israelisch-libanesischen Grenze werden heftiger.
03.11.2023, 11:0603.11.2023, 16:17
Michael Wrase / ch media
Mehr «International»

Fast vier Wochen lang hatte der sonst so redselige Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah geschwiegen. Gewährsleute in Beirut gehen von Differenzen zwischen dem eloquenten Schiitenführer und dem iranischen Regime aus, das die Strategie der mit Zehntausenden Raketen ausgerüsteten Miliz bestimmt.

Dass der Mann mit dem Rauschebart nun spricht, könnte bedeuten, dass eine Entscheidung über einen Kriegseintritt der Hisbollah gefallen ist. Doch sicher ist auch dies nicht. Bekannt ist nur, dass die Kämpfe an der libanesisch-israelischen Grenze immer heftiger werden.

Am Donnerstag hatte die pro-iranische Schiitenmiliz 19 israelische Militärposten im Hochland von Galiläa gleichzeitig angegriffen sowie erstmals eine Kamikazedrohne eingesetzt. Die bisher schärfste Gewalteskalation in der Region dürfte mit der bevorstehenden Nasrallah-Rede zusammenhängen.

Auch der libanesisch-palästinensische Zweig der Hamas feuerte gestern 12 Raketen auf Kiryat Shimona ab. In der an den Westabhängen der Golanhöhen liegenden Kleinstadt wurden zwei Israelis schwer verletzt. Israelische Kampfflugzeuge und Helikopter attackierten daraufhin mehrere Stunden lang Stellungen der Hisbollah im Süd-Libanon.

epa10470738 Supporters of Hezbollah wave Hezbollah flags as they listen to a speech of Hezbollah leader Sayyed Hassan Nasrallah delivered on a screen during a rally to mark the Martyrs leaders Day in  ...
Hisbollah-Unterstützer in Beirut.Bild: keystone

Erinnerungen an das Jahr 2006 werden wach

War dies der Auftakt zu dem seit Wochen befürchteten grossen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah? , fragen Beiruter Tageszeitungen heute besorgt - und erinnern an das Jahr 2006: Hisbollah-Kämpfer hatten damals zwei israelische Soldaten in den Libanon verschleppt. Im Rahmen ihrer Operation «Gerechter Lohn» machte die israelische Luftwaffe daraufhin weite Teile des Süd-Libanon sowie die Hochburgen der Hisbollah in Süd-Beirut dem Erdboden gleich.

Wie gegenwärtig die Hamas sollte auch die Hisbollah «vom Antlitz der Erde getilgt werden». Nach 33 Tagen Krieg musste Israel auch auf amerikanischen Druck hin einem Waffenstillstand zustimmen. Hisbollah-Chef Nasrallah wurde damals als Volksheld gefeiert.

Vor einer Wiederholung der Geschichte fürchten sich die meisten Libanesen. Ein erneutes israelisches Massenbombardement würde die bitterarme Mittelmeerrepublik vermutlich nicht überleben. Zumindest in amerikanischen Regierungskreisen rechnet man nicht mit einer Ausweitung des Krieges. «Dafür sehen wir gegenwärtig keine Anzeichen», sagte gestern der sicherheitspolitische Sprecher des Weisen Hauses, John Kirby.

Unterstützung für die Hamas

Ein offizieller Hisbollah-Sprecher charakterisierte die für 15.00 Uhr Ortszeit (14.00 Schweizer Zeit) terminierte Nasrallah-Rede als ein Ereignis zu Ehren derjenigen, die im «Kampf zur Verteidigung des Libanon und zur Unterstützung des palästinensischen Volkes und ihrer heiligen Stätten» gefallen seien.

Die Hamas wurde nicht genannt. Was nichts heissen mag. Anzeichen dafür, dass die relative Zurückhaltung an der libanesisch-israelischen Grenze aufgegeben wurde, gibt es reichlich. Zudem hatten Hisbollah-Kämpfer am Mittwoch einen an Nasrallah gerichteten Brief veröffentlicht, der auch an die Kämpfer im Gazastreifen gerichtet war. «Unsere Hand ist mit der euren am Abzug», hiess es darin. Und: «Seid sicher, dass eure und unsere Märtyrer auf dem Weg nach Jerusalem sind.»

Briefe wie diese seien höchst selten, analysiert die an der Universität von Cardiff lehrende Politologin Amal Saad. Sie waren zuletzt im Jahr 2006 und dann ein Jahr später erschienen, als die Hisbollah gegen den Islamischen Staat in Syrien kämpfte. (bzbasel.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
21 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Bongalicius
03.11.2023 13:39registriert Januar 2016
Während die Säbel gerasselt werden, fragt sich ein Grossteil der Libanesen, wie sie essen auf den Tisch bekommen - Verrückte Welt.
422
Melden
Zum Kommentar
avatar
Gauchat
03.11.2023 11:40registriert Oktober 2023
Die Hisbollah wird nicht angreifen, weil auch sie auf einen halbwegs funktionierenden Staat Libanon angewiesen ist.
Einzelne Gefechte an der Grenze dienen wohl eher der Gesichtswahrung.
467
Melden
Zum Kommentar
avatar
Rikki-Tiki-Tavi
03.11.2023 13:03registriert April 2020
Wie kann es sein, dass ein Bewohner/eine Bewohnerin des Libanons nicht einfach völlig kriegsmüde ist? Wie kann es sein, dass man nicht versucht, staatlich und wirtschaftlich etwas auf die Beine zu stellen, intensiv daran zu arbeiten, und stattdessen fahnenschwingend, Hisbollah-Fahnen-schwingend, durch die Strassen streift?
388
Melden
Zum Kommentar
21
Weitere Angriffe? Putin baut mehr Waffen, als er in der Ukraine braucht
Der deutsche Verteidigungsminister sieht Anzeichen, dass die russische Wirtschaft mehr Waffen produziert, als in der Ukraine benötigt werden. Was kann das bedeuten?

Dass Russland seine Wirtschaft auf die Produktion von Waffen und weiterem Kriegsgerät ausgerichtet hat, ist mittlerweile bekannt. Glaubt man Verteidigungsminister Boris Pistorius, so sind die russischen Pläne allerdings weitreichender als allgemein angenommen: Nach seiner Einschätzung produziert Russland bereits Waffen und Munition, die über den Bedarf für den Angriffskrieg gegen die Ukraine hinausgehen.

Zur Story