International
Israel

Israel legt Beweisvideos für Spital-Missbrauch durch Hamas vor

Propagandaschlacht um Gaza: Israel will mit Video Spital-Missbrauch durch Hamas beweisen

Die schweren Bombardierungen und vielen menschlichen Opfer im Gazastreifen haben Israel weltweit in Verruf gebracht. Mit der Veröffentlichung mehrerer Videos in den vergangenen Tagen versucht die Armee den Gegenbeweis anzutreten, dass die Einsätze auf Spitalboden gerechtfertigt sind.
20.11.2023, 20:3520.11.2023, 20:38
Felix Wellisch, Jerusalem, und Bojan Stula / ch media
Mehr «International»

Nach tagelangen Kämpfen um die Al-Schifa-Klinik in Gaza-Stadt hat die israelische Armee ihre Operationen auch auf das Indonesische Krankenhaus im Norden des Küstenstreifens ausgedehnt. Bei einem Angriff seien dort zwölf Menschen getötet worden, wie das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium am Montag mitteilte. In der Klinik sollen sich noch rund 700 Menschen aufhalten.

Israel: Auf dem Video werden zwei Zivilisten von Bewaffneten durch die Gänge des Spitals gezerrt.
Auf dem Video werden zwei Zivilisten von Bewaffneten durch die Gänge des Spitals gezerrt.Bild: Israel Defense Forces

Die indonesische Regierung kritisierte den Angriff als «Verstoss gegen das humanitäre Völkerrecht». Die israelische Armee gab ihrerseits an, das Indonesische Krankenhaus sei von einer «Terror-Infrastruktur» umgeben. Wie im Fall von Al-Schifa soll diese Klinik ebenfalls auf einem Tunnelsystem der Hamas errichtet sein.

Der wachsenden Kritik an ihrem Vorgehen gegen zivile Einrichtungen begegnet die israelische Armee seit der Einnahme des Al-Schifa-Krankenhauses mit zahlreichen Belegen für dessen militärische Nutzung. Am Sonntag präsentierte Armeesprecher Daniel Hagari Aufnahmen einer Überwachungskamera vom 7. Oktober. Auf ihnen ist zu sehen, wie etwa fünf Bewaffnete zwei mutmassliche Geiseln in das Gebäude zerren.

Die Bilder seien «konkrete Beweise», dass mancher der 240 Verschleppten in die Klinik entführt worden seien, sagte Hagari. Die Entführten sollen ein thailändischer und ein nepalesischer Staatsbürger sein. «Wir wissen bisher nicht, wo sie sind», fügte er hinzu.

Das Video gehört zu einer Reihe von Belegen, die Israel in den vergangenen Tagen präsentiert hat. Sollte sich deren Echtheit bewahrheiten, stellen sie Fragen, inwieweit Ärzteschaft und Mitarbeitende der verschiedenen UN-Organisationen vor Ort im Spital zumindest heimliche Mitwisser des Geiseldramas waren.

Die sozialen Netzwerke liefen nach der Veröffentlichung der Bilder über mit entsprechenden pro-israelischen Kommentaren, welche den Vereinten Nationen eine Komplizenschaft mit den Hamas-Terroristen unterstellten, ihre Neutralität infrage stellen und angebliche Verlogenheit kritisierten.

Ein weiteres Video zeigte einen Tunneleingang auf dem Gelände des Krankenhauses. Die Kamera sinkt in einen etwa zehn Meter tiefen Schacht hinab, dann geht es wackelig gefilmt einen rund 50 Meter langen, schmalen Tunnel entlang, an dessen Ende eine massive weisse Metalltür den Weg versperrt. Diese Bilder würden belegen, dass sich das ausgeklügelte Tunnelsystem der Hamas auch unter dem Krankenhaus erstrecke, hiess es seitens der Armee.

Zudem sollen im Schifa-Krankenhaus Geiseln nicht nur behandelt worden seien. Ein pathologischer Bericht zum Tod der neben der Klinik gefundenen 19-jährigen Israelin Noa Marciano habe ergeben, dass diese nicht wie von der Hamas behauptet bei einem Luftangriff getötet wurde.

Die junge Wehrdienstleistende sei stattdessen innerhalb des Krankenhauses «von einem Hamas-Terroristen ermordet worden», sagte Hagari. Die Hamas hat in der Vergangenheit mitgeteilt, einige Geiseln zur Behandlung in Krankenhäuser gebracht zu haben, bestreitet aber, Kliniken militärisch zu nutzen. Die Behauptungen beider Seiten können in der jetzigen Kriegslage nicht unabhängig überprüft werden.

Laut der Weltgesundheitsorganisation ist das Al-Schifa-Krankenhaus aktuell zu einer «Todeszone» geworden. Dort sollen sich noch 25 Mitglieder des Personals um 291 teils schwer kranke Patienten kümmern.

Frühgeborene nach Ägypten in Sicherheit gebracht

Zur Abwechslung eine gute Nachricht gab es betreffend der Neugeborenen in Brutkästen: 28 der aus dem Schifa-Krankenhaus in Gaza gebrachten Frühchen sind inzwischen in Ägypten, einige befinden sich der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge aber in Lebensgefahr. Der staatsnahe ägyptische Fernsehsender Al-Kahira zeigte Babys in Brutkästen, die am Grenzübergang Rafah an ägyptische Krankenwagen übergeben wurden. Der Palästinensische Rote Halbmond bestätigte den Transfer.

Auch hier reklamierte in der laufenden, erbitterten Propagandaschlacht die israelische Armee eine positive Vermittlerrolle für sich. Ein weiteres Video zeigte, wie israelische Soldaten beim Verladen der Brutkästen die UN-Helfer unterstützten.

Ähnliche Hilfestellung gelte für die Anlieferung eines weiteren Feldhospitals aus den Beständen der jordanischen Armee, das mit ausdrücklicher Billigung Israels in den Gazastreifen durchgelassen werde. «Wir führen Krieg gegen die Hamas, nicht gegen die Zivilisten in Gaza», hiess es im darauf bezogenen Retweet der israelischen Armee auf X/Twitter.

Nichtsdestotrotz bleibt die humanitäre Lage im Gazastreifen katastrophal: Es breiten sich beständig Hunger und Krankheiten aus. Hinzu kommen die beginnenden winterlichen Regenfälle. Mit ihnen könnten demnächst Überschwemmungen einhergehen, die aus der in Teilen nicht mehr funktionierenden Kanalisation ungeklärtes Abwasser in die Strassen spülen dürften. (aargauerzeitung.ch)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Angriff auf Israel
1 / 24
Angriff auf Israel
Am Morgen des 7. Oktobers 2023 startete die Terrormiliz Hamas einen grossflächigen Angriff auf zahlreiche Ziele in Israel. Es handelt sich um den grössten Massenmord an Jüdinnen und Juden seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges.
quelle: keystone / abir sultan
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Vloggerin aus Gaza gibt tägliche Updates – Millionen Menschen schauen ihre Videos
Video: instagram
Das könnte dich auch noch interessieren:
Hast du technische Probleme?
Wir sind nur eine E-Mail entfernt. Schreib uns dein Problem einfach auf support@watson.ch und wir melden uns schnellstmöglich bei dir.
93 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Radio Eriwan
21.11.2023 00:20registriert Dezember 2022
Ich hoffe, es gibt niemand mehr, der jetzt noch die terroristische Hamas unterstützt.
10033
Melden
Zum Kommentar
avatar
DerTaran
21.11.2023 08:19registriert Oktober 2015
Fazit der Kommentare hier, viele trauen lieber der Hamas-Diktatur, die mit Waffengewalt über ihr Volk herrscht, mordet und ausschliesslich Propaganda in den Medien veröffentlicht, statt einer Demokratie, bei der Zeitungen auch über Missstände in der eigenen Regierung/Armee berichten können.
8230
Melden
Zum Kommentar
avatar
So en Ueli
21.11.2023 07:11registriert Januar 2014
Alles, was die Hamas sagen, ist gelogen. Die hatten es noch nie mit der Wahrheit.
5116
Melden
Zum Kommentar
93
    Was hat Trump mit der Ukraine vor? In Davos versprühen Amerikaner Optimismus
    Die Diskussion im «House of Ukraine» am WEF in Davos beginnt eine Stunde, bevor Donald Trump in Washington ins Amt eingeführt wird. Vor Ukrainerinnen und Ukrainern reden Amerikaner über den Krieg in der Ukraine. Doch die wichtigste Antwort bleiben sie schuldig.

    Ist das die neue Konstellation, wie nun über den Krieg in der Ukraine verhandelt wird? Über die Köpfe der direkt Betroffenen hinweg?

    Zur Story