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Israel-Gaza-Krieg: So liefen die Geisel-Freilassungen im Nahen Osten ab

Was wir zum ersten Austausch von Gefangenen im Nahen Osten wissen – in 7 Punkten

24.11.2023, 21:1425.11.2023, 13:22
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Am Freitag ist im Nahen Osten eine Feuerpause zwischen den israelischen Streitkräften und der Hamas in Kraft getreten. Die Kriegsparteien nutzten diese zum Austausch von mehreren Gefangenen. Das sind die wichtigsten Antworten eines ereignisreichen Tages.

Wie viele Gefangene wurden freigelassen?

Die genauen Zahlen variierten im Laufe des Tages. Am Abend war die Rede von 57 Freilassungen. Wie das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) berichtet, liess die Hamas 24 Gefangene frei, 13 davon Israelis.

Ein Mediensprecher von Katar ergänzte auf Twitter, dass es sich bei den weiteren Hamas-Freigelassenen um 10 thailändische Staatsangehörige sowie einen Filipino handle. Der thailändische Premierminister Srettha Thavisin bestätigte im Laufe des Tages die Freilassung von Landsleuten.

Weiter wurden am Abend 33 Palästinenser freigelassen, welche in Israel inhaftiert waren. Auch diese Zahl vermeldete das IKRK. Zuvor war von 39 Freilassungen die Rede gewesen.

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Ein Fahrzeug des IKRK verlässt das Ofer-Gefängnis in Israel.Bild: keystone

Wie geht es den Freigelassenen?

Die von den Hamas freigelassenen Menschen sind in «gutem Zustand». Dies teilte der israelische Militärsprecher Daniel Hagari israelischen Medien zufolge mit. Die 13 Israelis und 11 Ausländer seien ersten medizinische Tests unterzogen worden, ihr Leben sei nicht in Gefahr. Zum Gesundheitszustand der freigelassenen Palästinenser gab es bislang keine Informationen.

Wie lief der Freilassung ab?

Die Übergabe der israelischen Geiseln, welche die Hamas am 7. Oktober entführt hatte, ereignete sich am Rafah-Grenzübergang, wo die Geiseln in die Obhut des IKRK kamen. Von dort aus wurden diese für eine kurze Kontrolle in ein Spital gebracht. Danach brachte das IKRK die Freigelassenen über die Grenze nach Ägypten, wo man die ehemaligen Geiseln der israelischen Armee übergab.

Von dort aus ging es zurück in die Heimat. Die Freigelassenen sollten nach Armeeangaben zunächst in geschützten Räumen in Israel untergebracht werden. Nach einer ersten medizinischen Untersuchung und Behandlung sollten sie in Krankenhäuser gebracht werden, wo sie auch ihre Familien treffen können. Die Freigelassenen sollten mit Hubschraubern in verschiedene Kliniken gebracht werden.

Auch bei den palästinensischen Freigelassenen war das IKRK stark beteiligt. Dieses organisierte den Transport der Freigelassenen und brachte sie in ihre Heimat zurück.

Was wissen wir über die Freigelassenen?

Der israelische Sender Channel 12 veröffentlichte am Abend eine Liste, welche die Namen der freigelassenen Israeli zeigen soll. Laut diesen Angaben handelt es sich um vier Kinder zwischen zwei und neun Jahren sowie neun erwachsene Frauen, von welchen sechs über 70 Jahre alt sind. Eine davon ist Hanna Katzir, von welcher die Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad vermeldet hatte, sie sei tot.

Auch bei den 39 von Israel freigelassenen Gefangenen soll es sich vor allem um Frauen handeln – Medienberichten zufolge sind es 24. Die weiteren 15 sollen Jugendliche sein. Die Freigelassenen waren aufgrund unterschiedlicher Vergehen inhaftiert worden – unter anderem wegen dem Werfen von Steinen, Delikten gegen israelische Sicherheitskräfte, dem Unterstützen von Terrororganisationen oder dem Tragen von illegalen Waffen, so ein Bericht von CNN. Verurteilte Mörder seien nicht freigekommen, berichten israelische Medien.

Bei den Freigelassenen aus Thailand soll es sich ausschliesslich um Männer handeln, wie Reuters schreibt.

People react as they hear the news of the release of 13 Israeli hostages held by Hamas in the Gaza strip, in Tel Aviv, Israel, on Friday, Nov. 24, 2023. Friday marks the start of a four-day cease-fire ...
Jubel in Israel nach der Nachricht, dass die Geiseln freigelassen wurden.Bild: keystone

Wird es weitere Freilassungen geben?

Davon ist derzeit auszugehen. Die Feuerpause zwischen Israel und der Hamas dauert theoretisch vier Tage. Laut der zwischen den Konfliktparteien getroffenen Vereinbarung sollen insgesamt rund 400 Menschen ausgetauscht werden – 100 israelische Geiseln in Gewalt der Hamas sowie 300 Palästinenser, die in Israel inhaftiert sind.

Nach Medienberichten hat Israel am Freitagabend eine weitere Namensliste mit Geiseln erhalten, die an diesem Samstag freigelassen werden sollen. Die Familien von 13 Geiseln seien informiert worden, berichtete unter anderem das israelische Portal Ynet am Freitagabend unter Berufung auf das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Israelische Beamte bestätigten demnach, dass acht dieser 13 israelischen Geiseln Kinder seien.

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Die 85-jährige Yaffa Adar – eine der 13 freigelassenen Israeli.Bild: keystone

Wie sind die Reaktionen?

Israels Premierminister Benjamin Netanjahu zeigte sich erleichtert nach den Freilassungen. «Jede dieser Personen bedeutet uns die Welt», sagt er in einem Video. Weiter führt er aus, man wolle weiterarbeiten, bis alle Geiseln frei seien. «Das ist eines der Ziele dieses Kriegs», so Netanjahu. Und wir wollen alle Ziele erreichen.

US-Präsident Joe Biden machte am Freitag deutlich, dass dies «erst der Anfang» sei. Er erwarte am Samstag, Sonntag und Montag die Freilassung weiterer Geiseln. Ähnlich äusserte sich der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz. Er forderte die Freilassung der übrigen mehr als 200 Geiseln. «Es ist eine gute Nachricht, dass endlich eine erste Gruppe von Geiseln freigelassen wurde. Wir können kaum ermessen, was sie und ihre Angehörigen in den letzten Wochen haben durchmachen müssen», hiess es am Freitagabend auf seinem Kanal auf X. Dies sei das Ergebnis unermüdlicher Diplomatie – der Dank gelte allen, die sich dafür engagiert hätten.

Gegenüber «Al Jazeera» meldete sich Marah Bakeer, eine der freigelassenen Palästinenserinnen, zu Wort. «Ich bin ein wenig nervös», so die 24-Jährige, welche vor acht Jahren inhaftiert worden war. Sie freue sich nun, Zeit mit ihrer Familie zu verbringen, und überlege sich, ein Studium an der Universität zu beginnen. Zu der Haft sagt sie: «Alle Gefangenen wurden medizinisch stark vernachlässigt.» Bakeer war 2015 inhaftiert worden. Sie soll damals versucht haben, einen Polizisten mit einem Messer zu erstechen.

Auch in der Zivilbevölkerung sorgte die Freilassung für grosse Freude. Sowohl auf Seiten der Israeli als auch bei den Palästinensern wurden die Rückkehrer gefeiert.

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Palästinenserinnen und Palästinenser feiern die Zurückgekehrten.Bild: keystone

Was passierte seit der Feuerpause sonst noch?

Mit Beginn der Feuerpause im Gaza-Krieg lief auch die Ausweitung humanitärer Hilfslieferungen in den Gazastreifen an. Am Morgen seien Konvois mit zahlreichen Lastwagen unterwegs gewesen, sagte der Sprecher des UN-Nothilfebüros (OCHA) am Freitag in Genf. Ägypten hält 200 Lastwagen pro Tag für realistisch, hiess es aus Regierungskreisen. Vor dem Krieg fuhren rund 500 Lastwagen mit humanitären Gütern pro Tag in das von Israel abgeriegelte Gebiet. Seit Mitte November sind es nur noch bis zu einigen Dutzend am Tag. Nach OCHA-Angaben waren es am Donnerstag 80.

Weiter machten sich Augenzeugenberichten zufolge nach Inkrafttreten der Feuerpause Hunderte palästinensische Binnenflüchtlinge auf den Weg, um in ihre Wohnorte zurückzukehren. Die Menschen wollten etwa in der Stadt Gaza und in anderen Teilen des nördlichen Gazastreifens nach ihren Häusern oder Wohnungen sowie ihren Angehörigen sehen, hiess es am Freitagmorgen. Das israelische Militär warnte jedoch, es sei verboten, sich vom Süden in den Norden des Küstengebiets zu begeben.

(dab)

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59 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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CringeDaddy
24.11.2023 22:16registriert Februar 2022
Diese Hamas Inszenierung geht mir sowas von auf den Senkel…
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Balfur
24.11.2023 22:01registriert April 2017
Gefangenenaustausch? Auf der einen Seite handelt es sich um verurteilte Straftäter, auf der anderen Seite um entführte Zivilisten...
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Ostfreak
24.11.2023 22:06registriert März 2020
Ich befürchte, dass durch diese humanitäre Aktion längerfristig das Leid vergrössert wird. Wie man es dreht und wendet, für die Hamas sieht das nach Sieg aus. Sie erhalten genau, was sie wollten. Israel wird keine Lösungen für die Westbank suchen, wird seine Siedler nicht wirklich einbremsen. Sondern in Waffen und neue Kriegstechniken investieren. Es wird zwar einige Jahre dauern, bis die Hamas wieder in der Lage ist, Israel massiv anzugreifen. Aber bei dieser "Lösung" bleibt keine andere Wahl.
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