In Tel Aviv lebende Schweizerin: «Die Hamas ist wie der IS»
Naomie ist eine 30-jährige jüdische Schweizerin, die seit 2016 in Tel Aviv lebt. Sie hat am Montag gegenüber watson erzählt, wie sie die verheerenden Hamas-Angriffe auf ihre Heimat erlebt hat:
Beim überraschenden Angriff der Hamas am Samstag, dem 7. Oktober, rund um den Gazastreifen kamen nach Angaben der israelischen Regierung mehr als 700 Menschen ums Leben. Die Grausamkeit der Angreifer, insbesondere an dem grenznahen Ort, an dem eine Rave-Party stattfand, löste bei der Bevölkerung Angst aus.
Auch Olivier Rafowicz, Reserveoberst und Sprecher des israelischen Verteidigungsministeriums für die französischsprachige Presse, wurde von watson kontaktiert. Er beschreibt die schrecklichen Szenen, insbesondere jene auf dem Gelände der Rave-Party, wie folgt:
Naomie hat von der Zerstückelung mit Äxten gehört. «Ich wusste nichts von den Granaten, die auf Zelte geworfen wurden», sagt sie. «Die Quellen für diese Beschreibungen sind Videos. Ich beziehe meine Informationen aus den Mainstream-Medien Haaretz, The Times of Israel und Al Jazeera», fügt die französischsprechende Doppelbürgerin hinzu. Al Jazeera, der Sender, dem Verbindungen zu den katarischen Scheichs, die wiederum Geldgeber der Hamas sind, nachgesagt werden? «Für mich ist es ein Medium, das ehrliche Arbeit in der Region leistet», erklärt Naomie.
Naomie kämpft sonst für die Rechte der Palästinenser
Oberst Rafowicz und Naomie haben wahrscheinlich nur wenige politische Ansichten gemeinsam. Er ist der Sprecher des Verteidigungsministeriums, das rechts-konservativ geprägt ist, sie wirbt für die «extreme Linke» im Land, wie sie erklärt. Das tut sie innerhalb der Hadash-Formation, einem anderen Namen für die israelische kommunistische Partei, die bei Wahlen oft ein Bündnis mit arabischen Parteien in Israel eingeht. Hadash befürwortet die Entkolonialisierung der besetzten Gebiete im Westjordanland und die Schaffung eines palästinensischen Staates.
Aber Naomie und Oberst Rafowicz sind sich in einem Punkt einig: Am Samstag, dem 7. Oktober, «verhielt sich die Hamas wie der IS». Die islamistische Terrorgruppe, die in Syrien und im Irak kurzzeitig ein Kalifat geschaffen hatte, war für zahlreiche Terroranschläge im Westen verantwortlich, darunter auch jene im Pariser Bataclan und in Saint-Denis im Jahr 2015 mit insgesamt 130 Toten.
Israels Verteidigungssprecher Rafowicz sagt:
«Wir werden diesen Krieg gewinnen und die militärischen Fähigkeiten der Hamas zerstören», kündigte er an. Und die 100 bis 150 Geiseln in den Händen der islamistischen Gruppe? «Das ändert nichts an unseren Einsätzen», versichert Oberst Rafowicz – inzwischen hat das Verteidigungsministerium den Beginn der «Belagerung» von Gaza angekündigt, kein Wasser, keine Lebensmittel, kein Strom, vielleicht ein Druckmittel in Bezug auf die Geiseln.
Während die Netanjahu-Regierung heute in der Kritik steht, weil sie die von der Hamas ausgehende Gefahr vernachlässigt hat, ist diese, von der Europäischen Union und bald vielleicht auch von der Schweiz als terroristische Bewegung eingestuft, nun Israels grösster Feind. «Wir führen keinen Krieg gegen die Palästinenser, sondern gegen die Hamas, die den Gazastreifen als Geisel genommen hat», sagt Oberst Rafowicz.
Eine «internationale Koalition»?
Der Verteidigungssprecher erwähnt die mögliche Bildung einer «internationalen Koalition» zur Bekämpfung der palästinensischen bewaffneten islamistischen Gruppe. Mit wem? Darauf gibt er keine Antwort. Ob Israel tatsächlich direkte militärische Hilfe erhält, ist höchst fraglich.
In Tel Aviv fühlen sich Naomie und ihre Freundesgruppe «verlassen».
Naomie spielt mit dem Gedanken, Israel zu verlassen
Heute denkt Naomie darüber nach, Israel zu verlassen. Nach dem Blutbad der Hamas befürchtet sie «einen Ausbruch des Hasses gegen die Palästinenser».
