Eigentlich hätte Israel gewarnt sein können: Bereits im Juli erreichte eine Kampfdrohne der jemenitischen Huthi-Milizen die israelische Grossstadt Tel Aviv und tötete dabei – vom Mittelmeer kommend – eine Person. Das Fluggerät hatte vermutlich mehr als 2000 Kilometer zurückgelegt und wurde nach israelischen Angaben erkannt, aber wegen eines menschlichen Fehlers nicht abgeschossen.
Anfang Oktober flogen zwei Drohnen vom Irak Richtung Israel. Eine wurde entdeckt und abgefangen, doch die andere traf einen Militärstützpunkt auf den Golan-Höhen. Zwei Soldaten kamen um und zwei Dutzend wurden verwundet.
Und nun, am Sonntagabend, forderte ein Drohnenangriff aus dem Libanon laut israelischen Medien vier Todesopfer unter Armeeangehörigen und 58 Verwundete. Ziel der schiitischen Hisbollah-Terroristen war eine Militärbasis nahe Binyamina, rund 70 Kilometer von der libanesischen Grenze entfernt.
Die Hisbollah gab bekannt, den Stützpunkt mit einem Drohnenschwarm attackiert zu haben, die israelische Armee sprach dagegen von nur zwei Fluggeräten, die vom Meer kamen. Eines davon sei in der Nähe der Hafenstadt Haifa entdeckt und abgeschossen worden. Warum die zweite Drohne nicht erkannt wurde und den offenbar gut besuchten Speisesaal der Militärbasis treffen konnte, wird nun untersucht.
Laut der «Times of Israel» handelte es sich bei dem unbemannten Fluggerät um eine iranische Drohne des Typs Ababil – die Ababil sind die im Koran erwähnten mystischen Vögel, die in Mekka die Kaaba beschützten. Wie das israelische Alma Research and Education Center berichtet, kann die Drohne einen Gefechtskopf von 40 Kilogramm transportieren, was ungefähr der Explosionskraft einer 155-Millimeter-Granate entspricht.
Angetrieben wird das Fluggerät von einem Propellermotor, der erheblichen Lärm verursacht. Wenn die Ababil zwischen Hügeln oder nur wenige Meter über dem Meer fliegt, ist sie mit Radarwellen kaum oder nur erst spät zu entdecken.
Hisbollah-Videos zeigen, dass die Terroristen die Drohne gerne nach dem Abschuss einer Raketensalve starten. Die Raketen sollen das israelische Iron-Dome-Abwehrsystem beschäftigen und die Radarüberwachung von den anfliegenden Ababil-Drohnen ablenken. Diese machen dann einen Umweg über das Meer und greifen das Festland von dort an.
Die Ukraine, die über keinen Iron Dome verfügt, hat mit iranischen Drohnen bereits Erfahrungen gesammelt, denn die Russen setzen diese in grosser Zahl ein. Während Israel sich auf seine Raketenabwehr verlässt, haben die Ukrainer auch Ketten von Horchposten errichtet, die den Motorenlärm der Drohnen registrieren. Die elektronischen Lauschstationen geben Hinweise über die Flugwege von Kampfdrohnen.
Weil die Ukrainer weniger Abfangraketen besitzen als die Israeli, setzen sie Jagdgruppen ein, die mit auf Pick-ups montierten schweren Maschinengewehren vom selben Typ, wie sie auch in Israel verwendet werden, zu den Flugschneisen der Drohnen fahren und diese abzuschiessen versuchen. Dabei kommen auch mit künstlicher Intelligenz ausgestattete optische Zielerfassungssysteme zum Einsatz.
Israel setzt seine Hoffnungen dagegen auf ein Lasersystem, das Drohnen mit einem gezielten Strahl vom Himmel holen soll. Auch wenn das möglicherweise die Technik der Zukunft ist, lösen diese Waffen nicht das Problem, dass unbemannte Fluggeräte mit Radar oft nur schwer zu entdecken sind.
In dieser Beziehung könnte Israel einiges von der Ukraine lernen. In der Hafenstadt Odessa beispielsweise finden sich ähnliche Verhältnisse wie an der Küste Israels: Die iranischen Drohnen kommen vom Meer her und können erst im Zielanflug abgeschossen werden. Israel hat hier den Vorteil, dass es über einige Gasbohrplattformen im Mittelmeer verfügt, die als Frühwarnstationen und Basen für Abfangsysteme dienen könnten.
Aber es gibt auch anderes, was die israelische Armee von den Ukrainern lernen könnte: Israelische Soldaten verhalten sich in ihrer Heimat oft fahrlässig sorglos. Selbst Einheiten, die an der Küste in der Nähe der libanesischen Grenze stationiert sind, verzichten auf Wachen, bewegen sich ohne Waffen in der Nähe ihrer Stützpunkte und sind auf einen Drohnenangriff absolut nicht vorbereitet.
Hinzu kommt, dass Truppen mit schweren Waffen und Fahrzeugen diese routinemässig mit wenig Abstand und in Reih und Glied abstellen. Ukrainer verteilen ihre Panzer dagegen regelmässig auf ein grosses Gebiet, um kein geballtes Ziel darzustellen.
Derweil gestaltet sich der israelische Angriff im Libanon eher harzig. Inzwischen haben die Israeli zwar einige Grenzdörfer erobert, aber das hält die Hisbollah bisher nicht von weiteren Raketen- und Drohnenattacken ab. Ausserdem ist die Armee nun auch wieder verstärkt im Gaza-Streifen im Süden aktiv. Damit muss Israel nun einen Zweifrontenkrieg führen, den es eigentlich vermeiden wollte. (aargauerzeitung.ch)
Man stelle sich nur vor was ein Schwarm mit tausenden von Drohnen, die gleichzeitig auf die Reise geschickt werden, anrichten kann.
Der Krieg in der Ukraine wird noch lange nicht zu Ende sein. Die Drohnen werden sich weiter entwickeln und noch viel mehr Schaden und Elend anrichten. Auf beiden Seiten.