Ein gross angelegter Luftangriff Israels auf Ziele im Iran, darunter laut israelischem Militär auch Nuklearanlagen, hat den Konflikt zwischen den beiden Ländern auf eine neue Eskalationsstufe gehoben. In der Nacht zum Freitag griffen nach offiziellen Angaben rund 200 israelische Kampfjets etwa 100 Ziele im gesamten Iran an. Als Reaktion feuerte der Iran über 100 Drohnen in Richtung Israel ab.
Die israelische Armee teilte mit, dass erste Drohnen bereits ausserhalb des eigenen Luftraums abgefangen wurden – unter anderem über Syrien, Saudi-Arabien und Jordanien. Auch dort wurde der Luftraum gesperrt, ebenso wie im Irak und im Iran.
Während politische Entscheidungsträger von Abschreckung und Vergeltung sprechen, erleben Menschen in beiden Ländern einen Alltag im Ausnahmezustand. In Teheran stehen sie in Schlangen an Tankstellen, schwer bewaffnete Sicherheitskräfte patrouillieren die Strassen. In Israel leeren sich die Supermarktregale, Blutspendedienste werden hochgefahren, Schutzräume geöffnet. Die Drohkulisse ist beidseitig real.
Nach dem nächtlichen Angriff herrscht in der iranischen Hauptstadt gespannte Unsicherheit. «Die Benzinschlangen sind lang, und es gibt viele Sicherheitskräfte auf den Strassen», schildert ein 38-jähriger Teheraner seine Eindrücke laut dpa. Trotz seiner Unzufriedenheit mit der Regierung äussert er Trauer über den Angriff: «Als Iraner – obwohl ich mit der Regierung unzufrieden bin – bin ich über den Angriff traurig und erwarte Vergeltung.»
Israël ouvre un nouveau front cette nuit en Iran… à la veille d’une nouvelle ronde de discussions USA/Iran sur le programme nucléaire... Plusieurs frappes (ciblées?) à Téhéran. Beaucoup d’images circulent déjà. Quelle sera l’ampleur de la riposte ?
— Fab. de Pierrebourg (@fabricedp.bsky.social) 13. Juni 2025 um 02:38
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Eine Frau, die gerade einkauft, wirkt laut des Berichts schockiert, sorgt sich aber vor allem um mögliche wirtschaftliche Folgen: «Ich hoffe nur, dass die Banken ihren Betrieb nicht einstellen, denn das wäre chaotisch.» Ein Ladenbesitzer zeigt sich gespalten zwischen Genugtuung und Furcht: «Ich weiss nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass das Regime vorgeführt wurde … leider überwiegt bei mir die Freude.»
Ein Journalist betont, wie unvorhersehbar die Situation gewesen sei: «Was passiert ist, war wirklich nicht vorherzusehen.» Die iranische Führung habe eine Politik betrieben, die «zu einer Spirale der Gewalt» geführt habe. Die Freude mancher Kritiker:innen könnte jedoch schnell schwinden, warnt er: «Vielleicht freuen sich viele jetzt. Aber vielleicht bald nicht mehr, wenn der Konflikt zu einem richtigen Krieg wird.»
Heute Nacht hat #Israel den #Iran angegriffen. Bilder aus #Teheran. Wohngegend. Hohe Militärs sollen getötet worden sein. Und Ziele getroffen, die für das #Atomprogramm wichtig sind.
— IsabelSchayani (@isabelschayani.bsky.social) 13. Juni 2025 um 06:45
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Auch in Israel zeigt sich der Ernst der Lage. Wie die BBC berichtet, wurden die Menschen in Jerusalem gegen drei Uhr morgens durch Sirenen und eine Warnung vor einer «erheblichen Bedrohung» aus dem Schlaf gerissen. Die Behörden riefen dazu auf, sich in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten.
In Supermärkten leerten sich daraufhin binnen Stunden die Regale – vor allem Wasser und haltbare Lebensmittel waren stark nachgefragt. Auf dem Mahane-Yehuda-Markt in Jerusalem beobachtete ein Reporter der «Times of Israel», wie sich vor Beginn des Schabbats Menschen mit Vorräten eindeckten. In Erwartung möglicher iranischer Angriffe planten viele für mehrere Tage ohne Nachschub.
Roads in Jerusalem were largely deserted in the morning as most people stayed home after the Iran strikes; schools were cancelled.
— Seth J. Frantzman (@sfrantzman.bsky.social) 13. Juni 2025 um 11:28
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Auch in Tel Aviv waren die Strassen spürbar leerer als sonst, wie ein Bericht von «Zeit Online» bestätigt. Gleichzeitig bereiten sich Krankenhäuser im Land auf Notfälle vor: Einige Einrichtungen entliessen Patient:innen, die stabil genug für eine Versorgung zu Hause sind. Israels Rettungsdienste mobilisierten landesweit Blutspendedienste. Im Westjordanland wurde laut BBC über sämtliche palästinensische Städte eine Ausgangssperre verhängt.
Wie geht es jetzt weiter? Ist die weitere Eskalation unaufhaltsam? Das sind wohl die drängendsten Fragen. Israels Verteidigungsminister Israel Katz rief nach den Luftschlägen den Ausnahmezustand aus. Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete den Angriff als erfolgreichen Präventivschlag.
Irans Oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei sprach hingegen von einem «Verbrechen gegen den Iran» und kündigte eine «harte Strafe» an. Laut iranischen Staatsmedien habe Israel mit dem Angriff seine «abscheuliche Natur» gezeigt. «Mit diesem Angriff hat das zionistische Regime sich selbst ein bitteres Schicksal bereitet, auf das es sich definitiv gefasst machen kann», so Chamenei.
Inmitten dieser geopolitischen Eskalation ist die Angst auf beiden Seiten greifbar. Eine iranische Journalistin erklärte gegenüber der dpa, ein militärischer Angriff auf das eigene Land sei inakzeptabel: «Ich habe Angst und hoffe, dass das Land nicht noch mehr ins Chaos stürzt.»
Ein Journalist aus Teheran formuliert es noch deutlicher: «Wir sollten alle Angst haben, denn nun ist nichts mehr, wie es einmal war.»