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Bei Hamas-Massaker: Beduinen retteten 40 Israelis das Leben

Bei Hamas-Massaker: Beduinen retteten 40 Israelis das Leben

Beim Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober riskierten vier junge Muslime ihr Leben. So retteten sie rund 40 Israelis.
28.10.2025, 08:5128.10.2025, 09:18
Tobias Schibilla / t-online
Ein Artikel von
t-online

Als am frühen Morgen des 7. Oktober 2023 schwer bewaffnete Hamas-Terroristen das Nova-Festival in der Nähe des Kibbuz Re'im im Süden Israels angriffen, war das Chaos vollkommen. Schüsse hallten über das Gelände, Rauch lag in der Luft, hunderte Festivalbesucher flüchteten in Panik. Mitten in dieses Krisengebiet fuhren vier Männer, die davon erfahren hatten, dass ihr Cousin Hisham in der Nähe eingeschlossen sei.

Ismail, Rafi, Chamad und Dahesch Alkrenawi – allesamt muslimische Beduinen aus der Stadt Rahat – wussten nicht, was sie erwartete. Doch ihr Entschluss stand fest. Sie bestiegen ihren Jeep und machten sich auf den Weg zu dem Ort, der ein Symbol für den Hamas-Überfall auf Israel werden sollte. Anstatt nur ihre Verwandten zu retten, begannen sie, auch Fremde zu evakuieren. Immer wieder fuhren sie zurück ins Kampfgebiet, zogen Verwundete aus dem Staub, sprachen panischen Jugendlichen Mut zu, brachten Menschen in Sicherheit. Am Ende des Tages hatten sie rund 40 Festivalbesucher gerettet.

«Unser Gewissen erlaubte es uns nicht, sie dort unter Beschuss zurückzulassen», sagten die Männer später. Erst nachdem sie Dutzende Menschen evakuiert hatten, fanden sie ihren Cousin – gemeinsam mit einer israelischen Frau, Aya Meydan, die sich stundenlang mit ihm in einem Feld versteckt gehalten hatte. Als israelische Soldaten den Jeep anhielten und die Männer zunächst für Angreifer hielten, war es Aya, die die Situation klärte. «Sie kamen, um uns zu retten», rief sie.

Cousins bekommen Friedenspreis in Jerusalem

Für ihren aussergewöhnlichen Einsatz wurden die vier Cousins nun mit dem Mount Zion Award ausgezeichnet. Die Verleihung fand am Sonntag in der Dormitio-Abtei in Jerusalem statt. Mit dem Preis ehren das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung in Luzern und die Dormitio-Abtei seit 1987 Persönlichkeiten, die sich für den interreligiösen Dialog im Heiligen Land einsetzen. Neben den Alkrenawi-Cousins wurde auch die Religionswissenschaftlerin Dr. Karma Ben-Johanan ausgezeichnet.

Die Beduinen leben in Israel in einem kulturellen Spannungsfeld – als arabische Muslime mit israelischer Staatsbürgerschaft. Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung prägen ihren Alltag. Umso bemerkenswerter ist ihr entschlossenes Handeln in einem Moment grösster Unsicherheit. «Nicht die Gefahr hat unsere Entscheidung bestimmt, sondern das Wissen, dass jedes Leben gleich viel wert ist», sagten sie bei der Preisverleihung. In ihrer Kultur heisse es: Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt. Das ist nicht nur ein Grundsatz der beduinischen Kultur, sondern auch ein Teil des Talmud, einer wichtigen Schrift des Judentums.

Bodo Ramelow, der Vizepräsident des Deutschen Bundestags, würdigte in seiner Laudatio den Mut der Männer. «Religion darf nie Teil des Problems sein. Religion muss Teil der Lösung sein», so der Abgeordnete der Linken. Religion dürfe nie Begründung für Kriege oder Gewalt sein, sagte er und verwies ausdrücklich auf den Ukrainekrieg, islamistischen Terror und die Gewalt der neuen syrischen Machthaber gegen Drusen und andere Minderheiten. Wenn es gelänge, dass alle sich daran erinnerten, dass sie «Kinder Abrahams» seien, könne es Religion auch und gerade in Jerusalem gelingen, sich über das Trennende hinweg als Gemeinschaft zu begreifen, so Ramelow.

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Gitarrenmensch
28.10.2025 09:14registriert Mai 2021
Mein allergrösster Respekt vor dem Mut und der Menschlichkeit dieser Männer.
Und Ramelow hat recht: Gäbe es mehr Menschen wie sie im Nahen Osten, wäre es wohl möglich, dass dort Frieden einkehrt.
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Amateurschreiber
28.10.2025 09:09registriert August 2018
Wie schon gesagt: Weder die Muslime, noch die Juden, noch Linke oder Rechte sind das Problem. Das Problem sind die Extremisten! Überall auf der Welt!
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Ahura
28.10.2025 09:51registriert Februar 2024
«Religion darf nie Teil des Problems sein. Religion muss Teil der Lösung sein»

Religion ist oftmals mehr als nur ein Teil des Problems. Jeder soll glauben was er will aber sobald sich Gruppen organisieren folgen automatisch Konflikte.
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