Bei Hamas-Massaker: Beduinen retteten 40 Israelis das Leben
Als am frühen Morgen des 7. Oktober 2023 schwer bewaffnete Hamas-Terroristen das Nova-Festival in der Nähe des Kibbuz Re'im im Süden Israels angriffen, war das Chaos vollkommen. Schüsse hallten über das Gelände, Rauch lag in der Luft, hunderte Festivalbesucher flüchteten in Panik. Mitten in dieses Krisengebiet fuhren vier Männer, die davon erfahren hatten, dass ihr Cousin Hisham in der Nähe eingeschlossen sei.
Ismail, Rafi, Chamad und Dahesch Alkrenawi – allesamt muslimische Beduinen aus der Stadt Rahat – wussten nicht, was sie erwartete. Doch ihr Entschluss stand fest. Sie bestiegen ihren Jeep und machten sich auf den Weg zu dem Ort, der ein Symbol für den Hamas-Überfall auf Israel werden sollte. Anstatt nur ihre Verwandten zu retten, begannen sie, auch Fremde zu evakuieren. Immer wieder fuhren sie zurück ins Kampfgebiet, zogen Verwundete aus dem Staub, sprachen panischen Jugendlichen Mut zu, brachten Menschen in Sicherheit. Am Ende des Tages hatten sie rund 40 Festivalbesucher gerettet.
«Unser Gewissen erlaubte es uns nicht, sie dort unter Beschuss zurückzulassen», sagten die Männer später. Erst nachdem sie Dutzende Menschen evakuiert hatten, fanden sie ihren Cousin – gemeinsam mit einer israelischen Frau, Aya Meydan, die sich stundenlang mit ihm in einem Feld versteckt gehalten hatte. Als israelische Soldaten den Jeep anhielten und die Männer zunächst für Angreifer hielten, war es Aya, die die Situation klärte. «Sie kamen, um uns zu retten», rief sie.
Cousins bekommen Friedenspreis in Jerusalem
Für ihren aussergewöhnlichen Einsatz wurden die vier Cousins nun mit dem Mount Zion Award ausgezeichnet. Die Verleihung fand am Sonntag in der Dormitio-Abtei in Jerusalem statt. Mit dem Preis ehren das Institut für Jüdisch-Christliche Forschung in Luzern und die Dormitio-Abtei seit 1987 Persönlichkeiten, die sich für den interreligiösen Dialog im Heiligen Land einsetzen. Neben den Alkrenawi-Cousins wurde auch die Religionswissenschaftlerin Dr. Karma Ben-Johanan ausgezeichnet.
Four cousins from the Alkrenawi family, Bedouins from Rahat, saved some forty participants of the Nova festival on Oct 7. Today they were awarded the Mount Zion Award at Jerusalem’s Dormition Abbey for their courage and their humanity. pic.twitter.com/pEQkzJeIwV
— Steffen Seibert (@GerAmbTLV) October 26, 2025
Die Beduinen leben in Israel in einem kulturellen Spannungsfeld – als arabische Muslime mit israelischer Staatsbürgerschaft. Diskriminierung und strukturelle Benachteiligung prägen ihren Alltag. Umso bemerkenswerter ist ihr entschlossenes Handeln in einem Moment grösster Unsicherheit. «Nicht die Gefahr hat unsere Entscheidung bestimmt, sondern das Wissen, dass jedes Leben gleich viel wert ist», sagten sie bei der Preisverleihung. In ihrer Kultur heisse es: Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt. Das ist nicht nur ein Grundsatz der beduinischen Kultur, sondern auch ein Teil des Talmud, einer wichtigen Schrift des Judentums.
Bodo Ramelow, der Vizepräsident des Deutschen Bundestags, würdigte in seiner Laudatio den Mut der Männer. «Religion darf nie Teil des Problems sein. Religion muss Teil der Lösung sein», so der Abgeordnete der Linken. Religion dürfe nie Begründung für Kriege oder Gewalt sein, sagte er und verwies ausdrücklich auf den Ukrainekrieg, islamistischen Terror und die Gewalt der neuen syrischen Machthaber gegen Drusen und andere Minderheiten. Wenn es gelänge, dass alle sich daran erinnerten, dass sie «Kinder Abrahams» seien, könne es Religion auch und gerade in Jerusalem gelingen, sich über das Trennende hinweg als Gemeinschaft zu begreifen, so Ramelow.

