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EU fordert Musk zum Löschen von Hamas-Propaganda auf

EU fordert Musk zum Löschen von Hamas-Propaganda auf – doch dieser stellt sich dumm

Der streitbare Chef von X (vormals Twitter) liefert sich einen öffentlichen Schlagabtausch mit Brüssel über Fake News zum Krieg in Israel. Geht er nicht gegen die illegalen Inhalte vor, drohen Bussen in Millionenhöhe.
12.10.2023, 12:50
Remo Hess, Brüssel / ch media
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Wie schon zu Beginn des Angriffs gegen die Ukraine laufen auch aktuell Tausende von Nachrichten, Bilder und Videos in Echtzeit aus dem Krieg in Israel über das soziale Netzwerk X, vormals Twitter. Darunter finden sich auch Beiträge, die grausame Szenen von Hamas-Gewalttaten an israelischen Zivilisten zeigen oder diese verherrlichen. Aber auch waschechte Fake News, wie zum Beispiel die Behauptung, Israel habe Gaza mit illegalen Brandbomben angegriffen. Tatsächlich stammt das Video aber von einem russischen Phosphor-Angriff auf die ostukrainische Stadt Vuhledar vom März. Ein anderer Fake-Beitrag zeigt den Fussballstar Cristiano Ronaldo, wie er eine Palästina-Flagge schwingt.

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Teilt gerne selbst mal umstrittene Beiträge: X-Chef Elon Musk.Bild: keystone

Der für den digitalen Binnenmarkt zuständige EU-Kommissar Thierry Breton hat nun reagiert. In einem öffentlichen Beitrag auf X fordert er dessen Chef Elon Musk auf, aktiv zu werden. Gestützt auf ein kürzlich in Kraft getretenes EU-Gesetz gibt er ihm 24 Stunden Zeit, gegen die Verbreitung der illegalen Inhalte vorzugehen.

Musk an EU: Bitte zeigt selbst auf, was euch stört - «Merci beaucoup!»

Musk aber, der selbst auch gerne mal Beiträge mit umstrittenem Inhalt mit seinen 160 Millionen Followern teilt, stellt sich unwissend. Seine Politik sei eine der Transparenz: «Bitte listen Sie alle Verstösse auf, auf die Sie sich beziehen, sodass die Öffentlichkeit sie sehen kann», schreibt der reichste Mann der Welt und bedankt sich dafür mit einem «Merci beaucoup» beim Franzosen.

Dieser aber will sich nicht für dumm verkaufen lassen und antwortet prompt: «Sie wissen um die Meldungen von Nutzern und Behörden über Fake News und die Verherrlichung von Gewalt.» Es sei nun an X zu beweisen, dass sich die Plattform an die Regeln halte. Darauf antwortet Musk: «Wir handeln öffentlich. Keine Hinterzimmerdeals.» Später lässt er einen anderen Nutzer wissen, wie wenig er die Sache ernst nimmt: «Ich weiss immer noch nicht, wovon sie reden.» Vielleicht müsse er mal in der Post nachschauen.

Im schlimmsten Fall droht Musk eine Busse von über 250 Millionen Dollar

Der öffentliche Schlagabtausch ist absurd. Elon Musk und X wissen genau, dass es gemäss dem seit Ende August in Kraft getretenen Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) an den Plattformbetreibern liegt, effektiv gegen illegale Inhalte vorzugehen. Dazu gehören Beiträge, welche die als Terrororganisation eingestufte Hamas glorifizieren, Hassbeiträge und Fake News. Musk selbst hat schon öffentlich bestätigt, sich an das Gesetz halten zu wollen. Tut er das nicht, drohen ihm im schlimmsten Fall Bussen von bis zu 6 Prozent des weltweiten Umsatzes, was im Fall von X über 250 Millionen Dollar wären.

Offensichtlich aber schafft es X einfach nicht, die Flut an Beiträgen mit illegalem Inhalt in den Griff zu kriegen. Seit Musk das Netzwerk vor rund einem Jahr übernommen hat, hat er Hunderte von Mitarbeitenden entlassen, die sich ausschliesslich um die Moderation von Inhalten und der Überprüfung von Fakten gekümmert haben. Auch hat er den sogenannten «blauen Haken», der zur Verifizierung von Accounts diente, abgeschafft und stattdessen ein Bezahl-System eingeführt, mit dem man sich für einige Dollar im Monat Reichweite kaufen kann.

Gemäss Angaben von X hätten sich drei Tage nach dem Angriff auf Israel 50 Millionen Beiträge mit der Hamas befasst. Tausende von Beiträgen wurden gelöscht und Hunderte von Konten entfernt. Gleichwohl will X anscheinend Spielraum für problematischen Inhalt bewahren. Es sei im «Interesse der Öffentlichkeit zu verstehen, was in Echtzeit vor sich geht».

Als eine der ersten offiziellen Instanzen zog Anfang Woche in Deutschland die Antidiskriminierungsstelle die Konsequenzen und verabschiedete sich von X. Die Plattform erlebe seit der Übernahme durch Musk einen Anstieg an Rassismus, Antisemitismus, Queer- und Transfeindlichkeit und sei «für eine öffentliche Stelle kein tragbares Umfeld mehr», hielt die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman fest. Sie forderte deutsche Ministerien auf, das zu einem «Desinformations-Netzwerk» gewordene X ebenfalls zu verlassen. (aargauerzeitung.ch)

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134 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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ELMatador
12.10.2023 13:07registriert Februar 2020
Warum kann man Twitter nicht einfach europaweit sperren lassen? Ich glaube, der Verlust wäre für Musk viel härter und er müsste es ernst nehmen. Unternehmen passen sich nur an, wenn man sie zwingt. Apple hat auch erst einen USB-C Stecker implementiert als ein gesetzt die neue Einführung von nicht USB-C Smartphones verbat.
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Bero
12.10.2023 13:20registriert April 2019
“ Als eine der ersten offiziellen Instanzen zog Anfang Woche in Deutschland die Antidiskriminierungsstelle die Konsequenzen und verabschiedete sich von X. Die Plattform erlebe seit der Übernahme durch Musk einen Anstieg an Rassismus, Antisemitismus, Queer- und Transfeindlichkeit und sei «für eine öffentliche Stelle kein tragbares Umfeld mehr», hielt die unabhängige Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman fest. Sie forderte deutsche Ministerien auf, das zu einem «Desinformations-Netzwerk» gewordene X ebenfalls zu verlassen.”

Danke! So geht das.
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Böbeli
12.10.2023 13:08registriert April 2020
Der Name X für eine Firma ist der vorläufige Versuch, einen Buchstaben zu monopolisieren. Ich bin verwundert darüber, dass das diesem Spinner erlaubt wurde und sich kein juristischer Widerstand bildet.
Ebenso bin ich überrascht, dass seine ganzen Krypto-Eskapaden, inklusive Bitcoin Käufe und Verkäufe in Milliardenhöhe so durch flutschen bei Steuerbehörden.

Herr Musk hinterlässt inzwischen eine wirklich breite Spur von Selbstherrlichkeit und offensichtlich mucken die Politiker nur ganz leise - haben diese Schiss vor Elon?
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