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Krieg in Israel: Diese Fake-News verbreiten sich gerade

Analyse

Mit diesen drei Maschen werden gerade Fake-News über Hamas und Israel verbreitet

Social Media ist zurzeit voll mit Videos und Bildern, die vermeintlich aus Israel oder dem Gazastreifen stammen. Was echt und was fake ist, ist schwer zu erkennen. Besonders beliebt sind diese drei Strategien, um Falschinformationen zu verbreiten.
11.10.2023, 20:0012.10.2023, 12:58
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Ein Krieg wird heute nicht nur auf dem Feld ausgetragen, sondern auch auf Social Media. Das hat der Ukrainekrieg bereits gezeigt. Kaum hatte Russland die Ukraine im Februar 2020 angegriffen, kursierten auch schon die ersten Videos auf Tiktok, Instagram, X (ehemals Twitter) und Co. Scheinbar direkt von der Front. Innerhalb kürzester Zeit kamen die Posts auf Millionen von Views. Dasselbe lässt sich nun auch in Bezug auf den erneut eskalierten Konflikt zwischen Israel und den Hamas beobachten.

Bei so vielen Informationen, die auf uns einprasseln, kann es schwer sein zu wissen, was man noch glauben kann und was nicht. Darum hier eine Zusammenstellung von Maschen, die derzeit verwendet werden, um Falschinformationen in Bezug auf die Eskalation in Israel zu verbreiten.

Alte Videos, neuer Kontext

Es ist eine bekannte Masche bei der Verbreitung von Falschinformationen: Jemand nimmt ein echtes Video und setzt es in einen neuen, häufig komplett erfundenen Kontext. Solche Beispiele finden sich derzeit zuhauf im Zusammenhang mit dem Nahost-Konflikt.

Einer, der diese Masche auf X aufdeckt, ist der britische Journalist Shayan Sardarizadeh, der bei der BBC über Desinformationen, Verschwörungstheorien und Extremismus berichtet.

So schreibt Sardarizadeh, dass derzeit ein Video auf X kursiere, das behauptet weisse Phosphorbomben zu zeigen, welche Israel auf Gaza abwerfen würde. Das Video ist echt. Doch der Kontext falsch. Sardarizadeh schreibt: «Das Video stammt vom März und zeigt, wie Russland in Wuhledar in der Ukraine Brandbomben einsetzt.»

Auch Videos aus der Schweiz werden von dieser Strategie nicht verschont. Am Sonntag postete eine X-Userin ein Video aus Zürich. Darauf zu sehen: Hunderte Menschen, die an der Kirche St. Jakob am Stauffacher vorbeilaufen. Sie schwenken Palästina-Flaggen und zeigen Transparente, auf denen etwa «Free Gaza» geschrieben steht. Im Hintergrund spielt fröhliche Musik.

Zum Video schreibt die Userin: «In Zürich feiern muslimische Anhänger der Hamas die Angriffe auf Israel.» Der Post wird daraufhin fleissig geteilt: Auf X, in Blogs, auf Newsportalen. Das Video erhält über eine Million Aufrufe.

Inzwischen ist der Post nicht mehr auf X zu finden. Denn auch er verbreitete Falschinformationen. Zwar sind in Zürich tatsächlich Menschen demonstrieren gegangen und haben damit ihre Unterstützung für die Palästinenserinnen und Palästinenser bekundet. Allerdings fand diese Demonstration nicht dieses Wochenende statt, sondern am 22. Mai 2021. Das hat SRF Investigativ aufgedeckt.

Kritik an Elon Musk
Falschinformationen sind auf X inzwischen so verbreitet, dass sogar CEO Elon Musk am Sonntag via Tweet ein Machtwort sprechen musste: «Wie immer: Bitte versucht so nahe an der Wahrheit zu bleiben, wie nur möglich, auch für Dinge, die ihr nicht mögt.»
Kritikerinnen und Kritiker werfen Musk indes vor, schuld daran zu sein, dass Fake-News auf X Hochkonjunktur haben. Musk hat etwa jene Teams verkleinert, die auf X Falschinformationen detektieren. Ausserdem hat er just am Sonntag seinen Followern auf X empfohlen, den beiden Accounts @WarMonitors und @sentdefender zu folgen, «um den Krieg in Echtzeit zu verfolgen». Der Account @WarMonitors bezeichnet die Angriffe der Hamas auf Israel etwa als «Konsequenzen für ein zionistisches Regime».

Unter dem Deckmantel seriöser Quellen

Auch beliebt sind Falschinformationen, die jemand so aufbereitet hat, dass sie suggerieren von einer seriösen Quelle zu stammen. Etwa von einem Newsportal oder einem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender.

Auch ein solches Beispiel kann der BBC-Journalist Sardarizadeh in seinem X-Thread aufzeigen. So kursierte ein Bild der folgenden Schlagzeile eines scheinbaren Newsportals: «In der Nähe von Aschkelon nahmen israelische Soldaten Terroristen mit Waffen aus der Ukraine fest.»

Sardarizadehs Urteil: «Eine völlig erfundene Schlagzeile, die sich als echte Nachricht ausgibt.» Es existiere kein Artikel oder Bericht im Internet, mit dieser Schlagzeile und Israel habe eine solche Behauptung auch nie aufgestellt. Sardarizadeh vermutet Russland-Unterstützer hinter der Fake-Kampagne: «In Kreml-nahen Kreisen gibt es eine konzertierte Aktion, um die Hamas mit der Ukraine in Verbindung zu bringen.»

Die Fake-News-Verbreiter gehen noch weiter, wie Eliot Higgins, Netzaktivit und Gründer des investigativen Recherche-netzwerks Bellingcat, auf X aufzeigt. Es werden inzwischen sogar ganze Videos im Stil von etablierten Marken aufbereitet. So etwa ein Clip, der den Anschein erweckt, ein Instagram-Reel der BBC zu sein. Im Video berichtet die vermeintliche BBC von ihrer Recherche, die ergeben haben soll, dass die Ukraine Waffen an die Hamas geliefert hat. Auch dieses Video: Fake-News.

Videos von Computerspiel

In Zeiten von künstlicher Intelligenz, wundert es wohl niemanden mehr, wenn Bilder und Videos manipuliert werden. Trotzdem zeigt der Krieg zwischen Israel und der Hamas ein Mal mehr, wie schwierig es inzwischen geworden ist, diese Fakes zu erkennen.

Das unabhängige Recherchezentrum «Correctiv.Faktencheck» hat beispielsweise ein Video entlarvt, das zeigen soll wie die israelische Armee einen Helikopter der Hamas in Gaza abschiesst. Doch das Video des abstürzenden Helikopters ist nicht echt. Es stammt aus dem Videospiel «Amra 3»

Auch der BBC-Journalist Shayan Sardarizadeh enttarnt einen «Arma 3»-Clip, der auf Tiktok gerade Millionenfach angeschaut wird. In diesem wird behauptet, dass gerade zu sehen ist, wie Israel das palästinensische Gebiet angreift.

Das Computerspiel scheint sich gut für Falschinformations-Kampagnen zu eignen. Inzwischen hat X reagiert und blendet nun bei manchen dieser Clips, die angeblich in Israel oder im Gazastreifen aufgenommen sein sollen, die Warnung ein: «Das ist ein Videospiel.»

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33 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Sälüzäme
11.10.2023 23:31registriert März 2020
Ich bin nicht auf sozialen Medien und mache keine Computerspiele (kenne nur 1 Person die spielt) und bin auf öffentlich rechtliche Quellen angewiesen. Jetzt will man diesen das Geld kürzen was ich keine gute Idee finde, machen diese einen bessere Arbeit als YT, Insta, fb, TikTok, X usw. Es ist gefährlich News nur noch Interessensgruppen zu überlassen welche keiner Kontrolle unterstehen, die verbreiteten Fake News haben viel zu viel Einfluss und helfen nur extremen vorwiegend rechten Parteien (Linke gibt es fast keine mehr). So konnte Putin aufsteigen, das Resultat erleben wir heute.
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gwaagg
11.10.2023 23:38registriert Mai 2018
Was Hamas macht, ist absolut grausam. Putin macht dasselbe seit über 1 Jahr! Hamas wird zurecht als Terror eingestuft - Putin nicht. Wieso?
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Kanzo
11.10.2023 20:49registriert Mai 2022
Es ist eusserst wild. Sehr wild. Ukraine Krieg war schon schlimm aber jetzt ist völliges Ghetto. Mein Vorschlag wäre Elon Musk zum Mars zu senden und wie er versprochen hat, Twitter an Mr. Beast zu übergeben.
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