Italiens Regierung steht wegen einer Abstimmung im Parlament vor einer Zerreissprobe: Die populistische Fünf-Sterne-Bewegung will bei einem geplanten Vertrauensvotum am Donnerstag nicht abstimmen und den Plenarsaal verlassen.
Indem die Fünf-Sterne-Bewegung die Beschlüsse der Regierung nicht mehr unterstützt, bricht die Parteienkoalition auseinander, auf der die Regierung des Ministerpräsidenten Mario Draghis seit Februar 2021 fusst.
Der Senat – die kleinere der beiden Kammern des italienischen Parlaments – votiert an diesem Donnerstagvormittag über Milliardenhilfen und Investitionen im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Ukraine-Krieges für italienische Haushalte und Unternehmen.
Mit dem Votum ist auch eine Vertrauensabstimmung verbunden. Und genau das könnte nun zu einem Stolperstein für die Regierung von Ministerpräsident Mario Draghi werden. Denn die Fünf-Sterne-Bewegung unter Parteichef Giuseppe Conte ist mit den Massnahmen des Dekrets nicht zufrieden, fordert mehr Hilfsgelder für Familien und will deshalb nicht mit abstimmen. Conte sagt:
Aber im Senat werde man nicht an der Abstimmung teilnehmen. Die Partei müsse nach dem Votum in der grösseren Abgeordnetenkammer konsequent handeln. Die Sterne sprachen der Regierung dort in der vergangenen Woche bei einer separaten Abstimmung das Vertrauen aus, stimmten aber nicht beim Hilfsdekret mit ab. Im Senat gibt es diese Trennung nicht.
Die Befürchtung ist im Raum, dass Contes Anti-Establishment-Partei die Regierungsmehrheit im Streit um die Gelder verlassen könnte.
Draghi hat bereits mehrfach erklärt, dass die Fünf-Sterne-Bewegung in seinen Augen zur Regierung gehören müsse.
Deshalb ist derzeit unklar, wie es nach der Abstimmung weitergeht mit Draghi. Die Turiner Zeitung «La Stampa» titelte allerdings in ihrer Donnerstagsausgabe:
Draghi, der 74 Jahre alte Ex-Chef der Europäischen Zentralbank, dürfte laut Medienberichten am Donnerstag bei Staatschef Sergio Mattarella erneut zur aktuellen Lage der Regierung vorsprechen.
Die Frage steht also im Raum: Tritt Mario Draghi heute Abend zurück?
Aktuell setzt sich Italiens Vielparteienregierung aus mehreren Parteien zusammen: die Fünf-Sterne-Bewegung, die Sozialdemokraten, die Zentrumsparteien und die rechten Lega.
Auch wenn die Fünf-Sterne-Bewegung das Bündnis verlassen würde, hätte es im Parlament dennoch weiter eine Mehrheit. Denn nachdem Aussenminister Luigi Di Maio die Bewegung unlängst verliess – und seine Unterstützer ihm folgten – verloren die Fünf Sterne einige Sitze im Parlament, weshalb sie nicht mehr wie zuvor die grösste Parlamentspartei sind.
Als unwahrscheinlich gilt unterdessen, dass es zu vorgezogenen Wahlen kommt, da viele Parlamentsparteien daran kein Interesse haben dürften.
(yam/sda/dpa)