Die Schweiz braucht eine generelle «Kinderporno»-Meldepflicht, findet der Ständerat
Der Ständerat hat am Donnerstag eine Motion von Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach (Mitte/FR) angenommen, den entsprechenden Text aber abgeändert.
Aus Sicht der Mehrheit der kleinen Parlamentskammer ist eine generelle Meldepflicht notwendig. Darüber muss nun noch einmal der Nationalrat entscheiden.
Wer ist betroffen?
Gemäss dem Änderungsvorschlag sollen künftig alle Intermediäre und technischen Dienstleister – insbesondere Hosting- und Cloud-Anbieter sowie Kommunikations- und Content-Sharing-Plattformen –, die ihren Sitz in der Schweiz haben oder ihre Dienste hierzulande anbieten, einer «Kinderporno»-Meldepflicht unterstellt sein.
Die verantwortlichen Unternehmen sollen den zuständigen Behörden Verdachtsfälle von sexuellem Missbrauchsmaterial melden müssen, die sie im Rahmen ihrer Tätigkeit in der Schweiz feststellen.
Wo ist das Problem?
2023 zeigte eine Analyse der Internet Watch Foundation (IWF) auf, dass die Schweiz bezüglich des Hostings von «Kinderpornografie» weltweit auf dem vierten Rang lag. In der EU sind Internetdienste bereits gesetzlich verpflichtet, rechtswidrige Inhalte zu sperren oder zu entfernen, sobald sie davon Kenntnis haben.
In der Schweiz hat die betroffene Techbranche Verhaltensgrundsätze im Umgang mit unzulässigen Inhalten definiert, die sich teilweise an Regulierungen in den USA und der EU orientieren. Ein Gesetz sei aber unerlässlich, lautet der Tenor aus dem Parlament.
Darum ist «Kinderpornografie» ein irreführender Begriff
Bei «Pornografie» denken viele an einvernehmliche sexuelle Darstellungen von Erwachsenen. Bei sexuellen Handlungen mit Kindern kann es aber nie Einvernehmlichkeit geben – es handelt sich immer um Missbrauch.
Im englischen Sprachraum ist die Abkürzung CSAM (Child Sexual Abuse Material) verbreitet, was mit «Darstellungen des sexuellen Missbrauchs von Kindern» übersetzt werden kann. Dieser Begriff umfasst alle visuellen Darstellungen, in denen eine minderjährige Person an sexuellen Handlungen beteiligt ist, «einschliesslich, aber nicht beschränkt auf Fotos, Videos und computergenerierte Bilder», wie es etwa Google treffend beschreibt.
Internationale Organisationen, darunter viele NGOs, aber auch die Polizeibehörde Interpol, empfehlen inzwischen, «CSAM» oder «Material über sexuellen Kindesmissbrauch» zu verwenden.
Wenn Medien, Politik, sowie Polizei und Justiz übereinstimmend diese Begriffe verwenden, statt Kinderpornografie, wird damit deutlich, dass es sich nicht um sexuelle Präferenzen handelt, sondern um Gewaltverbrechen. Wer solche Taten aufnimmt, mit Dritten teilt oder im Internet weiterverbreitet, macht sich ebenfalls strafbar.
Quellen
- parlament.ch: Das Hosting von Kinderpornografie in der Schweiz nicht hinnehmen (Motion)
- iwf.org.uk: Geographical hosting – URLs (Bericht, 2023)
(dsc/sda)
