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Messina Denaro ist tot – er war lange Italiens meistgesuchter Mafiaboss

Er war lange Italiens meistgesuchter Mafiaboss: Matteo Messina Denaro gestorben

25.09.2023, 03:3625.09.2023, 14:11
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Mehr als drei Jahrzehnte war der italienische Mafiaboss Matteo Messina Denaro auf der Flucht – nun ist er nur acht Monate nach seiner Verhaftung gestorben: Der 61-Jährige erlag in einer Gefängnisklinik der mittelitalienischen Stadt L'Aquila den Folgen eines Krebsleidens, wie die Nachrichtenagentur Ansa in der Nacht zum Montag berichtete.

Der Boss der sizilianischen Cosa Nostra war erst Mitte Januar verhaftet worden. Damals wollte er sich in der Inselhauptstadt Palermo unter falschem Namen in einer Privatklinik behandeln lassen. Ein Geständnis legte er nie ab. Zu einem Prozess kam es nicht mehr.

FILE - In this picture taken from a video released by Italian Carabinieri on Monday, Jan. 16, 2023, top Mafia boss Matteo Messina Denaro, center, leaves an Italian Carabinieri barrack soon after his a ...
Matteo Messina Denaro verlässt kurz nach seiner Verhaftung in einer Privatklinik in Palermo eine Kaserne der italienischen Carabinieri.Bild: keystone

Der Gesundheitszustand des an Darmkrebs leidenden Verbrechers hatte sich in den vergangenen Tagen drastisch verschlechtert. Am Freitagabend gaben die behandelnden Ärzte bekannt, dass der vielfache Mörder in ein Koma gefallen sei, aus dem er nicht mehr aufwachen werde. Auf seinen eigenen Wunsch seien lebenserhaltende Massnahmen eingestellt worden.

Angehörige durften von Messina Denaro Abschied nehmen. In den letzten Stunden war nach Medienberichten seine Tochter bei ihm, die während seiner Jahre im Versteck geboren wurde.

Verantwortlich für Dutzende Morde

Als Mitglied der Cosa Nostra beging oder organisierte der gebürtige Sizilianer den Ermittlungen zufolge Dutzende Morde – auch die Bombenanschläge auf die beiden Mafiajäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino 1992, die weltweit Schlagzeilen machte. Damals starben auch mehrere Leibwächter und andere Begleiter.

Auch die Entführung des kleinen Giuseppe Di Matteo 1993 soll er mitgeplant haben: Der Junge wurde verschleppt, damit sein Vater nicht vor Gericht aussagt. Nach 779 Tagen erdrosselten ihn die Mafiosi kurz vor seinem 15. Geburtstag und lösten den Leichnam in Säure auf.

Zu jener Zeit begann Messina Denaro damit, zum Boss der Cosa Nostra aufzusteigen. Er galt als Vertrauter und dann Nachfolger der ehemaligen Paten Salvatore «Totò» Riina und Bernardo Provenzano. Den brutalen und skrupellosen Riina nannte man den «Boss der Bosse». Er wurde am 15. Januar 1993 verhaftet, fast genau 30 Jahre vor Messina Denaro. Riina und Provenzano starben 2017 beziehungsweise 2016 im Gefängnis.

Seit Monaten in Behandlung

Messina Denaro wusste seit längerer Zeit, dass er Krebs hatte. In der Privatklinik, wo er schliesslich verhaftet wurde, liess er sich damals schon seit mehreren Monaten behandeln. Er firmierte dort als Patient namens Andrea Bonafede, wurde operiert und kam auch zu Nachkontrollen. Bei der Verhaftung hatte er auch einen Personalausweis unter diesem Namen dabei und sogar eine Steuernummer für die Finanzbehörden.

Die Öffentlichkeit erfuhr bis heute nie, wie genau es ihm gelang, sich so lange versteckt zu halten. Vermutet wird, dass er auch auf Seiten des Staats Unterstützer hatte. Der Anti-Mafia-Schriftsteller Roberto Saviano, der selbst unter ständigem Polizeischutz lebt, meinte am Tag der Verhaftung: «Wie alle Bosse blieb er genau an jenem Ort, von dem alle wissen, dass er dort zu finden ist.» Als er verhaftet wurde, gab er gleich zu: «Ich bin Matteo Messina Denaro.» Andere Patienten, die bei der Polizeiaktion dabei waren, spendeten Applaus.

Nach Angaben der Ermittler war Messina Denaro auch nach seiner Verhaftung nie bereit, mit den Behörden zu kooperieren. Aus einem Verhör wurde er mit den Worten zitiert: «Ich will nicht auf Superman machen oder arrogant klingen. Ihr habt mich erwischt, weil ich krank bin.» Während der Haftzeit musste sich Messina Denaro zwei Operationen unterziehen, zuletzt im August. Er bekam auch Chemotherapie. In seinen letzten Stunden erhielt er nach Angaben der Ärzte nur noch schmerzlindernde Mittel. (sda/dpa)

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