Katzen spenden ukrainischen Soldatinnen und Soldaten nicht nur Trost. Die Vierbeiner bekämpfen in den Schützengräben weniger bekannte Feinde der Streitkräfte: Nagetiere.
An der Front macht eine Ratten- und Mäuseplage den ukrainischen Soldatinnen und Soldaten offenbar zu schaffen. Die Nagetiere fressen, was sie zwischen die Zähne bekommen – sogar die Ausrüstung der Kämpferinnen und Kämpfer. Die Nager knabbern Helme und Kommunikationskabel kaputt, beschädigen militärische Geräte – und beeinträchtigen so die Kampffähigkeit der ukrainischen Truppen.
«Die Mäuse überfallen dich, während du schläfst, sie dringen in deine Sachen ein – und zerkauen alles», sagt der ukrainische Armeeoffizier Roman Sinicyn gegenüber der US-amerikanischen Tageszeitung «Politico». «Wegen Mäusen mussten wir mehrere Kartons mit Lebensmittelrationen wegwerfen.»
Aufgrund der Ratten- und Mäuseplage haben viele Frontsoldatinnen und -soldaten streunende Katzen bei sich aufgenommen. Seit die Katzen in den Gräben leben, würden fast alle Mäuse fernbleiben, sagt Oleksandr Yabchanka, Kriegsarzt der ukrainischen Armee. Lange suchen mussten sie nicht. Vielfach würden die Vierbeiner aufgrund des ständigen Beschusses und der Drohnenangriffe Schutz bei den Soldaten suchen. Yabchanka sagt:
Der Arzt beichtet, dass er früher überhaupt kein Katzenmensch gewesen sei, die Liebe kam erst mit dem Krieg. Und zwar als eine Streunerkatze vor etwa zwei Jahren ihre Kätzchen auf seinem Schlafplatz in der Region Donezk im Osten der Ukraine austrug. Die Mutter und eines ihrer Kätzchen leben noch heute an seiner Seite, die anderen sind adoptiert – oder an andere Schützengräben weitergegeben worden.
Today's Ukrainian cat---because we all love Shayba and Alex @aliashukua. pic.twitter.com/97oHSn0YiU
— Lorenzo The Cat (@LorenzoTheCat) December 13, 2023
Doch nicht immer können Katzen die Plagen bekämpfen, sagt eine ukrainische Soldatin gegenüber CNN, die alles versucht habe, um ihren Bunker von Mäusen und Ratten zu befreien. Doch nichts hätte geholfen. Kein Gift, kein Ammoniak und auch eine Katze habe den Kampf irgendwann aufgegeben.
«Wir hatten eine Katze namens Busia, die zunächst auch mithalf und Mäuse frass. Doch später seien es so viele gewesen, dass die Katze überfordert gewesen sei und keine Lust mehr gehabt habe, die Mäuse einzufangen. «Eine Katze kann ein oder zwei Mäuse fangen, aber wenn es 70 sind, ist das unrealistisch.»
Gerade in kälteren Monaten suchen Nagetiere Nahrung und Wärme – und können dabei zur Gefahr für die Soldatinnen und Soldaten werden. Besonders gefährlich ist das Hantavirus – benannt nach dem koreanischen Grenzfluss Hantan, wo während des Koreakriegs (1950–1953) nach einer Infektion mehr als 3000 Soldaten schwer erkrankten. Übertragen werden die Viren durch den Speichel, Kot oder Urin infizierter Nagetiere. Eine Ansteckung kann durch Bisse oder das Einatmen von kontaminiertem Staub erfolgen. Die Infektion verläuft unterschiedlich. Todesfälle sind selten.
Da die Ukraine einen weiteren Winter durchstehen müsse und die Temperaturen weiter sinken, werde sich das Problem wahrscheinlich noch verschlimmern, schätzt Ihor Zahorodniuk, Forscher am Nationalmuseum für Nationalgeschichte der Ukraine. «Es wird immer kälter und sie werden immer mehr in die Schützengräben vordringen.»
Die Berichte erinnern an den Ersten Weltkrieg, der sich zu einem Grabenkrieg entwickelte. Die Schützengräben erstreckten sich quer durch Europa. Die sanitären Verhältnisse waren selbst in Feldlazaretten katastrophal. Wohl fühlten sich nur die sogenannten Totengräber – die Ratten und Mäuse. Durch die Ansammlung von Leichen kam es zu einer explosionsartigen Vermehrung der Nagetiere sowie zur rasanten Verbreitung von Krankheiten. Es wird davon ausgegangen, dass etwa eine halbe Million Katzen den Soldaten im Ersten Weltkrieg zur Seite standen, um die Grabenratten und -mäuse zu jagen.
In den sozialen Medien findet man zahlreiche Bilder von Soldatinnen und Soldaten, die mit Katzen kuscheln und zu Spenden für das Militär aufrufen. Nicht immer wird nur mit niedlichen Katzenbildern geworben, wie dieses Bild des hässigen für den Kampf ausgerüsteten Katers Shaybyk zeigt.
Der Kater ist in der Ukraine nicht einer von vielen – er ist landesweit bekannt. Weil er dem Militär zu vielen Spenden verholfen hat, erhielt er gar eine besondere Auszeichnung. Zudem ist Shaybyk auch ein ausgezeichneter Jäger. «Einmal fing er elf Mäuse an einem Tag», erzählt der Soldat Oleksandr Liashuk, der die Katze an der Südfront bei sich aufgenommen hat.
Nicht nur ukrainische Soldatinnen und Soldaten zeigen sich online mit kuschligen Vierbeinern. Ein russischer Soldat bezeichnet auf Telegram eine Katze als Therapeut seiner Einheit. Ihr Schnurren habe eine beruhigende Wirkung und gebe einem das Gefühl, daheim zu sein, so der Soldat. Katzen sind laut «The Moscow Times» die beliebtesten Haustiere Russlands, rund die Hälfte der Bevölkerung besitze eine Katze.
Gleichzeitig berichten regierungstreue russische Medien, dass die Ukraine Katzen mobilisiere und an die Front schicke, weil die Soldatinnen und Soldaten neue Feinde haben: Ratten und Mäuse.