International
Klima

Das Eis in der Antarktis schmilzt – doch es ist noch nicht zu spät

arktis sibirien
Arktis.

Das Eis in der Antarktis schmilzt – doch es ist noch nicht zu spät

07.09.2023, 16:1007.09.2023, 17:55
Mehr «International»

Das Eis in der Antarktis schmilzt – doch es ist noch nicht zu spät. Das sind die Ergebnisse einer Untersuchung europäischer Forschenden. Der sogenannte Kipppunkt – der unumkehrbare Rückgang des Eisschildes – sei bis jetzt nicht erreicht. Entwarnung gibt es aber nicht.

In zwei zusammengehörenden Studien seien bislang «keine Anzeichen» für einen unaufhaltsamen Eisverlust in der Westantarktis gefunden worden, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) am Donnerstag mit. Dies sei «beruhigend», erklärte Ronja Reese.

Entwarnung gab die an der Northumbria University in Newcastle forschende Klima-Expertin jedoch nicht. Die zwei Studien zeigten auch, «dass ein unumkehrbarer Rückzug des Eisschildes in der Westantarktis bereits unter aktuellen Klimabedingungen möglich ist», führte Reese aus.

Im komplexen Klimasystem der Erde gibt es eine ganze Reihe sogenannter Kipppunkte. Es handelt sich um den Übergang zwischen zwei stabilen Zuständen, an dem keine Umkehrung mehr möglich ist. Würden die Eismassen in der Antarktis unaufhaltsam abschmelzen, würde der Meeresspiegel um etliche Meter steigen.

In den vergangenen Jahren verlor die Antarktis bereits mehr und mehr Eis. Dem liegt die Erwärmung der Meere im Zuge des Klimawandels zugrunde. Das relativ warme Ozeanwasser beschleunigt laut PIK das Schmelzen unter den Eisschelfen, den schwimmenden Ausläufern des auf dem Untergrund aufliegenden Eisschildes der Westantarktis. Das Schmelzen der Eisschelfe kann den Eisverlust verstärken, indem es die Gletscher und Eisströme im Inland beschleunigt.

Chance zur Risikominderung

Mit Hilfe von Eisschildmodellen konnten die Studienautoren nicht nur nach Anzeichen für einen gegenwärtigen unumkehrbaren Rückzug in den marinen Teilen des antarktischen Eisschildes suchen. Sie untersuchten mithilfe von Simulationen auch, wie sich der Eisschild über 10'000 Jahre entwickeln würde, wenn die derzeitigen Klimabedingungen unverändert blieben.

Die Simulationen deuten laut PIK darauf hin, dass selbst ohne eine zusätzliche Erwärmung über das heutige Mass hinaus die Gefahr besteht, dass einige Bereiche des westantarktischen Eisschildes im Meer langfristig kollabieren. Da das Eis nur langsam auf Veränderungen reagiert, vollzieht sich laut PIK ein solcher Eisrückgang unter den gegenwärtigen Klimabedingungen «frühestens in 300 bis 500 Jahren». Ein vollständiger Zusammenbruch würde Jahrhunderte bis Jahrtausende dauern.

PIK-Expertin Ricarda Winkelmann warnte, schon die bislang eingetretene Erderwärmung könnte «ausreichen, um die Entwicklung hier vollständig aus dem Gleichgewicht zu bringen». Da die Westantarktis jedoch noch nicht destabilisiert sei, bestehe noch die Chance, «das Risiko durch ehrgeizige Klimaschutzmassnahmen zumindest teilweise zu mindern».

(yam/sda/afp)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Auf diese Wale haben es die Walfänger besonders abgesehen
1 / 8
Auf diese Wale haben es die Walfänger besonders abgesehen
Zwerg- oder Minkewal (Balaenoptera arcutorostrata): Dieser kleinste und am häufigsten vorkommende Furchenwal lebt in drei geographisch isolierten Populationen: im Nordpazifik, im Nordatlantik und in der Südhemisphere. Diese Walart ist das beliebteste Ziel der Walfänger: Zwischen 2001 und 2010 wurden 9231 Minkewale getötet, davon erlegte allein Norwegen 5593 Tiere. (Bild: Shutterstock) ... Mehr lesen
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Langes Anstehen in der Antarktis – Pingus machen Arschbombe
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
41 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
@Jeff
07.09.2023 18:48registriert Juli 2023
" ohne eine zusätzliche Erwärmung ... die Gefahr besteht, dass Eisschildes langfristig kollabieren...das Risiko durch ehrgeizige Klimaschutzmassnahmen zu mindern».

Eine weitere Erwärmung ist wohl das realistischere Szenario und plötzliche ehrgeizige Massnahmen m.E. ziemlich unrealistisch.

Dass wird die Parameter der Kippunkte nicht wirklich kennen, sondern nur Annahmen treffen können und die Auswirkungen in noch umvollständigen Modellen simulieren, steigert mein Vertrauen in solche Aussagen irgendwie nicht.

Am Ende, werden wir die Kipppunktparameter kennen ... aber dann ist es zu spät
313
Melden
Zum Kommentar
41
    Israel und Iran – wie aus heimlich Verbündeten Feinde wurden
    Israel und Iran teilen keine Grenzen, dennoch sind sie Erzfeinde. Doch das war nicht immer so. Ein Blick auf die Geschichte der beiden Staaten zeigt, wie aus einstigen Verbündeten erbitterte Gegner wurden.

    1941: Während des Zweiten Weltkriegs besetzen britische und sowjetische Truppen Iran. Die Besatzer zwingen Reza Schah, der 1925 die Dynastie der Pahlavi begründete, ins Exil. Neuer Schah wird mit Billigung der Besatzungsmächte sein Sohn, Mohammad Reza.

    Zur Story