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29 Tote – Mexiko brennt nach Festnahme des Sohns von Drogenboss «El Chapo»

Video: watson/lucas zollinger

29 Tote – Mexiko brennt nach Festnahme des Sohns von Drogenboss «El Chapo»

06.01.2023, 12:1806.01.2023, 17:29
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Mexiko brennt. In der Stadt Culiacán loderten in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Autos, Strassensperren wurden aufgebaut, Menschen wurden überfallen und auf ein Flugzeug wurde geschossen.

Die mutmasslichen Täter: Mitglieder des Sinaloa-Kartells.

Was ist da los?

Der Auslöser

Die mexikanischen Behörden haben diese Woche in der Stadt Culiacán Ovidio Guzmán López festgenommen – seines Zeichens der Sohn des berüchtigten (und inhaftierten) Drogenhändlers Joaquin «El Chapo» Guzmán.

Guzmán López wurde daraufhin der Sonderstaatsanwaltschaft in Mexiko-Stadt übergeben. Verteidigungsminister Luis Cresencio Sandoval sagte später auf einer Pressekonferenz:

«Diese Verhaftung ist ein schwerer Schlag für die Führung des Kartells.»
FILE - This Oct. 17, 2019 frame grab from video provided by the Mexican government shows Ovidio Guzman Lopez at the moment of his detention, in Culiacan, Mexico. Mexican security forces were forced to ...
Ovidio Guzmán bei seiner Festnahme.Bild: keystone

Experten seien jedoch skeptisch, ob die Festnahme von Guzmán López irgendeinen bedeutenden Einfluss auf die Aktivitäten des Kartells haben werde, schreibt die «New York Times». Denn er gilt als der unfähigste der Söhne Guzmáns.

Und das, obwohl er nach der Festnahme seines Vaters zu einem der wichtigsten Händler der Droge Fentanyl in dem lateinamerikanischen Land wurde.

Bereits vor drei Jahren wurde Guzmán López kurzzeitig festgenommen. Er wurde aber fast umgehend wieder freigelassen, nachdem bewaffnete Kartellmitglieder die Strafverfolgungsbehörden überwältigt hatten.

Die Rache

Das Kartell reagierte unverzüglich und heftig auf die Verhaftung. Als «Vergeltungsmassnahme» für die Festnahme begannen die Mitglieder des Sinaloa-Kartells, das in Culiacán ansässig ist, in der ganzen Stadt zu randalieren.

Auf Videos, die in den sozialen Medien kursieren, sind brennende Busse und Sattelschlepper zu sehen, die als Strassensperren auf allen wichtigen Strassen arrangiert wurden. Nach Angaben eines örtlichen Geheimdienstmitarbeitenden gegenüber der «New York Times» seien «bewaffnete Gruppen» dafür verantwortlich.

epa10390664 A cargo vehicle in flames after clashes between federal forces and armed groups in the city of Culiacan, state of Sinaloa, Mexico, 05 January 2023. Authorities in Culiacan, in the northern ...
Bild: keystone
epa10391497 Burned-out vehicles after clashes between federal forces and armed groups following the capture of Ovidio Guzman, an alleged drug trafficker and the son of 'Chapo' Guzman, in the ...
Bild: keystone

Weiter hätten im Norden der Stadt Bewaffnete Kämpfe gegen Ordnungskräfte ausgetragen oder mit vorgehaltener Waffe Autos gestohlen, so der Beamte.

Bei den Kämpfen zwischen Bandenmitgliedern und den Sicherheitskräften sind 29 Menschen ums Leben gekommen. 19 mutmassliche Kriminelle und zehn Soldaten seien während des Zugriffs und der stundenlangen Schiessereien getötet worden. Das sagte Verteidigungsminister Luis Cresencio Sandoval am Freitag.

«Wir bitten die Bürger von Culiacán, ihre Häuser nicht zu verlassen, da es in verschiedenen Teilen der Stadt zu Blockaden gekommen ist», sagte der Bürgermeister von Culiacán, Juan de Dios Gámez, später. Schulen und Regierungsgebäude wurden geschlossen.

In der Nähe des Flughafens von Culiacán wurden Schüsse gemeldet. Die mexikanische Fluggesellschaft Aeromexico teilte mit, dass mindestens eine Kugel den Rumpf eines Verkehrsflugzeugs getroffen habe, das am Donnerstagmorgen hätte nach Mexiko-Stadt abheben sollen. Verletzt wurde niemand.

Weiter sei auf ein Militärflugzeug geschossen worden, als dieses am Donnerstagmorgen am Flughafen von Culiacán ankam.

Der Flughafen vermeldete daraufhin auf Twitter, dass aus Sicherheitsgründen der Betrieb eingestellt werde.

Der Tod von Neto

epa10390678 Municipal police guard the area of the prison where a breakout and a riot took place on 01 January 2023 in Ciudad Juarez, Chihuahua state, Mexico, 05 January 2023. Mexican authorities repo ...
5. Januar 2023: Polizisten bewachen den Bereich des Gefängnisses in Ciudad Juárez, in dem am 1. Januar 2023 ein Ausbruch und ein Aufstand stattfanden. Denn am 4. Januar meldeten die mexikanischen Behörden, dass der Bandenchef Ernesto Alberto Piñón getötet worden war.Bild: keystone

Am Donnerstagmorgen wurde Ernesto Alberto Piñón «El Neto» de la Cruz, ein weiterer Drogenboss, in der Grenzstadt Ciudad Juárez von den Behörden getötet – nur vier Tage nachdem er bei einem gewaltsamen Massenausbruch aus dem Gefängnis geflohen war.

Während des Ausbruchs wurden 19 Menschen getötet, darunter Gefängnispersonal und andere Inhaftierte. Es war die tödlichste Razzia dieser Art der letzten Jahre.

Wie weiter?

Rund 4500 Soldaten wurden in die Region verlegt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Darunter waren nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch Spezialkräfte und Fallschirmjäger. Guzmán wurde in ein Hochsicherheitsgefängnis westlich von Mexiko-Stadt gebracht.

Die aktuelle Aktion verschafft der mexikanischen Regierung nun einen PR-Gewinn, denn in wenigen Tagen werden der US-Präsident, Joe Biden, und der kanadische Premierminister, Justin Trudeau, zu einem Gipfeltreffen der nordamerikanischen Staats- und Regierungschefs nach Mexiko-Stadt reisen. Und so sei die Aktion am ehesten zu verstehen als «eine Botschaft an die Vereinigten Staaten, dass Mexiko den Krieg gegen die Drogen weiterführt», sagte Alejandro Hope, ein Sicherheitsanalyst in Mexiko-Stadt, der «New York Times».

Allerdings werde man Guzmán López zumindest nicht sofort an die USA ausliefern, obwohl das US-Aussenministerium ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt hatte, meldete die mexikanische Regierung.

Zur Auswirkung der Verhaftung auf das Sinaloa-Kartell findet Hope klare Worte:

«Ändert es die Struktur des Sinaloa-Kartells? Nein. Wird es Auswirkungen auf den Drogenhandel haben? Nein. Wird es die Gewalt verringern? Nein.»

Der amerikanische Anwalt von Guzmán López, Jeffrey Lichtman, kommentierte die Verhaftung nicht.

(yam, mit Material der sda)

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109 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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circumspectat animo
06.01.2023 12:39registriert März 2019
Wäre das Zeug ändlich legal, würden unsere Drögeler wenigstens sauberes Zeug konsumieren. Es gäbe bessere Möglichkeiten zur Jugendprävention und Kontrolle und diese Schweine würden einen grossteil ihrer Einnahmequellen verlieren.
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stormcloud
06.01.2023 12:22registriert Juni 2021
Die nächsten Anführer stehen schon in den Startlöchern. Diese "schweren Schläge" gegen Kartelle sind leider nur kurz wirkungsvoll.
Wie bei einer Hydra kommen neue Köpfe hervor, wenn man einen abschlägt ..
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Purscht
06.01.2023 13:01registriert Oktober 2017
Der War on Drugs ist verloren. Die Drogen haben gewonnen.
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