Mexiko brennt. In der Stadt Culiacán loderten in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag Autos, Strassensperren wurden aufgebaut, Menschen wurden überfallen und auf ein Flugzeug wurde geschossen.
Die mutmasslichen Täter: Mitglieder des Sinaloa-Kartells.
Was ist da los?
Die mexikanischen Behörden haben diese Woche in der Stadt Culiacán Ovidio Guzmán López festgenommen – seines Zeichens der Sohn des berüchtigten (und inhaftierten) Drogenhändlers Joaquin «El Chapo» Guzmán.
Guzmán López wurde daraufhin der Sonderstaatsanwaltschaft in Mexiko-Stadt übergeben. Verteidigungsminister Luis Cresencio Sandoval sagte später auf einer Pressekonferenz:
Experten seien jedoch skeptisch, ob die Festnahme von Guzmán López irgendeinen bedeutenden Einfluss auf die Aktivitäten des Kartells haben werde, schreibt die «New York Times». Denn er gilt als der unfähigste der Söhne Guzmáns.
Und das, obwohl er nach der Festnahme seines Vaters zu einem der wichtigsten Händler der Droge Fentanyl in dem lateinamerikanischen Land wurde.
Bereits vor drei Jahren wurde Guzmán López kurzzeitig festgenommen. Er wurde aber fast umgehend wieder freigelassen, nachdem bewaffnete Kartellmitglieder die Strafverfolgungsbehörden überwältigt hatten.
Das Kartell reagierte unverzüglich und heftig auf die Verhaftung. Als «Vergeltungsmassnahme» für die Festnahme begannen die Mitglieder des Sinaloa-Kartells, das in Culiacán ansässig ist, in der ganzen Stadt zu randalieren.
Auf Videos, die in den sozialen Medien kursieren, sind brennende Busse und Sattelschlepper zu sehen, die als Strassensperren auf allen wichtigen Strassen arrangiert wurden. Nach Angaben eines örtlichen Geheimdienstmitarbeitenden gegenüber der «New York Times» seien «bewaffnete Gruppen» dafür verantwortlich.
Weiter hätten im Norden der Stadt Bewaffnete Kämpfe gegen Ordnungskräfte ausgetragen oder mit vorgehaltener Waffe Autos gestohlen, so der Beamte.
Bei den Kämpfen zwischen Bandenmitgliedern und den Sicherheitskräften sind 29 Menschen ums Leben gekommen. 19 mutmassliche Kriminelle und zehn Soldaten seien während des Zugriffs und der stundenlangen Schiessereien getötet worden. Das sagte Verteidigungsminister Luis Cresencio Sandoval am Freitag.
«Wir bitten die Bürger von Culiacán, ihre Häuser nicht zu verlassen, da es in verschiedenen Teilen der Stadt zu Blockaden gekommen ist», sagte der Bürgermeister von Culiacán, Juan de Dios Gámez, später. Schulen und Regierungsgebäude wurden geschlossen.
▶️”Ha sido un día largo y difícil": Juan De Dios Gámez, alcalde de Culiacán habla sobre la situación tras la detención de Ovidio Guzmán.
— Elisa AlanísZurutuza (@elisaalanis) January 6, 2023
Pide a habitantes mantenerse en casa y atender a medios y fuentes oficiales.
La entrevista con #ElisaEnMilenio 📺
pic.twitter.com/g28IArqcMF
In der Nähe des Flughafens von Culiacán wurden Schüsse gemeldet. Die mexikanische Fluggesellschaft Aeromexico teilte mit, dass mindestens eine Kugel den Rumpf eines Verkehrsflugzeugs getroffen habe, das am Donnerstagmorgen hätte nach Mexiko-Stadt abheben sollen. Verletzt wurde niemand.
Así los pasajeros del vuelo 165 de @Aeromexico, que se disponía a viajar de #Culiacán a la Ciudad de #México esta mañana, tirados al piso por la balacera. Y eso que no somos un país en guerra... pic.twitter.com/yCV9YhKThL
— José Antonio López Sosa (@joseantonio1977) January 5, 2023
Weiter sei auf ein Militärflugzeug geschossen worden, als dieses am Donnerstagmorgen am Flughafen von Culiacán ankam.
Der Flughafen vermeldete daraufhin auf Twitter, dass aus Sicherheitsgründen der Betrieb eingestellt werde.
Am Donnerstagmorgen wurde Ernesto Alberto Piñón «El Neto» de la Cruz, ein weiterer Drogenboss, in der Grenzstadt Ciudad Juárez von den Behörden getötet – nur vier Tage nachdem er bei einem gewaltsamen Massenausbruch aus dem Gefängnis geflohen war.
Während des Ausbruchs wurden 19 Menschen getötet, darunter Gefängnispersonal und andere Inhaftierte. Es war die tödlichste Razzia dieser Art der letzten Jahre.
Rund 4500 Soldaten wurden in die Region verlegt, um die Lage unter Kontrolle zu bringen. Darunter waren nach Angaben des Verteidigungsministeriums auch Spezialkräfte und Fallschirmjäger. Guzmán wurde in ein Hochsicherheitsgefängnis westlich von Mexiko-Stadt gebracht.
Die aktuelle Aktion verschafft der mexikanischen Regierung nun einen PR-Gewinn, denn in wenigen Tagen werden der US-Präsident, Joe Biden, und der kanadische Premierminister, Justin Trudeau, zu einem Gipfeltreffen der nordamerikanischen Staats- und Regierungschefs nach Mexiko-Stadt reisen. Und so sei die Aktion am ehesten zu verstehen als «eine Botschaft an die Vereinigten Staaten, dass Mexiko den Krieg gegen die Drogen weiterführt», sagte Alejandro Hope, ein Sicherheitsanalyst in Mexiko-Stadt, der «New York Times».
Allerdings werde man Guzmán López zumindest nicht sofort an die USA ausliefern, obwohl das US-Aussenministerium ein Kopfgeld von fünf Millionen Dollar auf ihn ausgesetzt hatte, meldete die mexikanische Regierung.
Zur Auswirkung der Verhaftung auf das Sinaloa-Kartell findet Hope klare Worte:
Der amerikanische Anwalt von Guzmán López, Jeffrey Lichtman, kommentierte die Verhaftung nicht.
(yam, mit Material der sda)