Er ist der berühmteste Aussteiger Italiens: Mauro Morandi lebt seit 30 Jahren auf der Mittelmeerinsel Budelli – allein und in vollkommener Einsamkeit. Ausser den paar Besuchern, die ab und an vorbeikommen, um ihm Wasser und Lebensmittel zu bringen und ein paar Touristen, die sich auf seine Insel verirren, hat er kaum Kontakt zur Aussenwelt. Morandi hat sich den Traum des eigenen Paradieses erfüllt. Und doch ist der Eremit nicht frei: Sein Alter und die italienischen Behörden machen ihm das Leben schwer.
Begonnen hat alles 1989. Der heute 80-Jährige hängte damals seinen Turnlehrerberuf an den Nagel, die drei Töchter aus geschiedener Ehe waren erwachsen, mit seinem Ersparten kaufte er sich ein Segelboot. Sein Ziel: Bis nach Polynesien im Pazifik segeln. Doch schon vor der Nordküste Sardiniens setzte Morandi den Anker. «Als ich die Insel zum ersten Mal sah, dachte ich: ‹Verdammt da will ich leben.›» So erzählt er es einem Kamerateam des deutschen Fernsehsenders ARTE, das den Aussteiger vor Kurzem auf Bodelli besuchte.
Damals war die 1,6 Quadratkilometer grosse Insel noch in Privatbesitz. Der einzige Bewohner: Ein Inselwächter, der in einer kleinen Hütte in der Nähe des Strandes haust. Als Morandi vernimmt, dass dieser seinen Job künden will, ist für ihn die Entscheidung klar. Er lässt sich auf Budelli nieder – und 30 Jahre später ist er noch immer hier.
Gegenüber dem TV-Sender ARTE sagt Morandi, er sehe sich nicht als moderner Robinson Crusoe. «Robinson wollte zurück. Ich nicht», sagt er und das Lächeln legt sein Gesicht in noch mehr Falten, als er ohnehin schon hat. In den vergangenen Jahren hat sich Morandi hier gut eingerichtet: Eine Photovoltaik-Anlage versorgt das Haus des Aussteigers mit Strom, dank Tanks und Zisternen hat er fliessend Wasser. Mithilfe seiner Hühner, den Früchten und angebautem Gemüse kann er quasi als Selbstversorger leben. Seit ein paar Jahren hat er sogar eine Internetverbindung auf der Insel.
Einen Terminkalender besitzt Morandi nicht. Langweilig wird es ihm nie. Auch einsam sei er nicht, sagt er. Schliesslich führe er ständig Konversationen – mit sich selbst in seinem Kopf. Seine Philosophie ist: Weniger ist mehr. Sein grosser Traum ist, in inniger Verbundenheit mit der Natur zu leben und in Ruhe gelassen zu werden.
Doch die Idylle trügt. Denn in Ruhe lässt man Morandi schon lange nicht mehr. Den italienischen Behörden ist der Aussteiger ein Dorn im Auge. Vor ein paar Jahren wurde die Insel vom italienischen Staat zurückgekauft. Seither gilt sie als Nationalpark. Der Präsident des Parks forderte Morandi wiederholt auf, Budelli zu verlassen. Er sagt: «Er hat keine Berechtigung mehr dort zu leben. Niemand darf in einem Nationalpark wohnen.»
Doch Morandi bleibt. Gegen alle Widerstände. Nicht nur die Behörden machen ihm zu schaffen, auch das Alter setzt dem 80-Jährigen merklich zu. Für die Winterzeit muss er Holz sammeln und zu seinem Haus schleppen, kürzlich ging ihm die Zisterne kaputt und auch das Kettenrauchen hinterlässt deutliche Spuren an seinem Körper.
Zu ARTE sagt er, er würde sich gerne als Parkwächter der Insel anstellen lassen und dafür sorgen, dass alles sauber bleibt und sich die Touristen, die vor der Insel ankern, an die Regeln halten. Um Geld gehe es ihm dabei nicht, nur darum, hierbleiben zu können. Sein grösster Wunsch sei es, auf Budelli zu sterben.
Ob die Behörden diesem Wunsch nachkommen, ist ungewiss. Das letzte Wort im Streit um Morandis Trauminsel ist noch nicht gesprochen. (sar)
Da hast du einen Mann mit einem letzten Wunsch, der die Insel besser kennt als jeder Andere und man fordert ihn trotzdem auf zu gehen.
Ein guter Leader würde den einspannen und man hätte einen Super Parkwächter 👍🏻
Aber wenn er alleine als 80-Jähriger bei nicht mehr bester Gesundheit dort ist, könnte man ihn doch einfach noch wenige Jahre dort friedlich leben lassen und ihn pro Forma als Wächter einstellen, damit es trotz dem Nationalpark-Status geht.
Wir sind gar nicht so frei wie wir es glauben zu sein.