Katze soll in Litauen über Kündigung von Rundfunkchef entscheiden
In Litauen sind den dritten Tag in Folge mehrere Tausend Menschen auf die Strasse gegangen, um gegen neue Vorgaben für die öffentlich-rechtliche Rundfunk- und Fernsehanstalt LRT zu protestieren. Eingebracht wurde die in zweiter Lesung bereits angenommene Neuregelung von einer populistischen Partei, die der Mitte-Links-Koalition der regierenden Sozialdemokraten angehört.
Hintergrund der Proteste ist ein Gesetzentwurf, der die Entlassung des Generaldirektors der LRT erleichtern würde. Dem Vorschlag zufolge soll der Verwaltungsrat in geheimer Wahl abstimmen und den LRT-Chef mit weniger Stimmen und aus weniger triftigen Gründen abberufen können.
Satirischer Antrag in Blockabstimmung angenommen
Während die Regierungskoalition den Gesetzesentwurf im Eilverfahren durch das Parlament bringen wollte, versuchte die Opposition, das Verfahren durch zahlreiche Änderungsanträge zu verzögern. Dabei wurde in zweiter Lesung bei der Blockabstimmung absurderweise auch ein satirischer Antrag angenommen, wonach eine vorzeitige Abberufung des LRT-Chefs nur mit Billigung der Katze einer bestimmten Oppositionsabgeordneten erfolgen kann.
Um nicht im Gesetz verankert zu werden, muss die Katzen-Bestimmung vor der finalen Abstimmung aus dem Entwurf gestrichen werden. Eigentlich sollte diese am Donnerstagabend stattfinden. Weil der zuständige Ausschussvorsitzende aber während der vorbereitenden Sitzung wegen Gesundheitsproblemen ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, wurde sie verschoben.
Grösste Proteste seit Unabhängigkeit
Regierungschefin Inga Ruginienė rief alle Seiten zum Kompromiss auf und sagte, die Beratungen über diese Änderungen müssten eingestellt werden. Der angemessene Weg hierfür wäre der Rücktritt des gesamten Verwaltungsrats, sagte die Sozialdemokratin. Die Parlamentsfraktionen ihrer Partei und Koalitionspartner vertreten jedoch eine andere Auffassung.
In Vilnius versammelten sich Demonstranten am Donnerstag erneut vor dem Parlament. Auch in anderen Städten des baltischen EU- und Nato-Landes kam es zu Kundgebungen. Es sind die grössten Proteste in Litauen seit der wiedererlangten Unabhängigkeit 1990, die sich auch gegen die Regierung richten.

