Am Donnerstag haben die Verteidigungsminister der Nato-Länder in Brüssel Grünes Licht für das grösste Aufrüstungsprogramm seit dem Kalten Krieg gegeben. Die Europäer plus Kanada könnten ausgabenmässig damit mit den USA gleichziehen, der stärksten Militärmacht der Welt.
Grundlage für die Aufrüstung sind die neuen Nato-Verteidigungspläne. Sie weisen jedem Land exakt zu, welche Fähigkeiten es bereitstellen muss. Die Dokumente sind streng geheim. Man wolle sich ja nicht von möglichen Aggressoren «in die Karten schauen lassen», formuliert es Deutschlands Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Trotzdem enthüllte er: Das deutsche Heer werde neue, zusätzliche Grossverbände bilden und insbesondere seine Kampfbrigaden aufrüsten. Die Zeit «des Jammerns über die jahrzehntelange Unterfinanzierung» sei vorbei. Pistorius: «Wir holen auf und legen an Geschwindigkeit zu». Dazu brauche man aber auch «bis zu 60'000 aktive Soldaten zusätzlich», so Pistorius. Unklar ist, ob die 20'000 Soldaten, die Deutschland heute bereits fehlen, da schon mitgerechnet sind. Ebenso unklar ist, ob Deutschland einen verpflichtenden Wehrdienst braucht.
Die historisch Aufrüstung wird eine historische Summe verschlingen. Nämlich 5 Prozent der Wirtschaftsleistung. Das ist die Zielgrösse, die beim Nato-Gipfel in drei Wochen wie von US-Präsident Donald Trump gefordert beschlossen werden soll. Für die europäischen Alliierten plus Kanada wären das ungefähr 900 Milliarden Euro pro Jahr, was dem ziemlich genau dem aktuellen US-Verteidigungsbudget entspricht.
Es stellen sich nun vor allem zwei Fragen: Woher das Geld nehmen? Und bis wann soll das alles geschehen? Wenn Deutschland sein Verteidigungsbudget jedes Jahr um 0,2 Prozent erhöht, würde es bis 2032 den Kernwert erreichen: Die 3,5 Prozent, die für «harte Bereiche» wie Waffen und Munition reserviert sind. Andere Länder wie Spanien oder Italien, welche nicht nur hohe Staatsschulden haben, sondern wo die Bevölkerung die Aufrüstung kritisch sieht, geht das hingegen zu schnell. (nib/bzbasel.ch)