Die Festnahme von vier Männern in Berlin und Rotterdam hat diese Woche die deutsche Öffentlichkeit aufgeschreckt. Sie sollen der Hamas angehören und damit beschäftigt gewesen sein, Waffen für mögliche Anschläge auf jüdische Einrichtungen aus einem Erddepot nach Berlin zu schaffen.
Sollte die Hamas tatsächlich auch in Europa terroristisch aktiv werden, wäre dies eine neue Entwicklung: Bisher operierte die palästinensische Organisation lediglich im Nahen Osten mit Gewalt. Ihre europäischen Aktivitäten beschäftigten die Politik lange Zeit kaum: Die deutsche Innenministerin Nancy Faeser erteilte der Hamas erst einige Wochen nach deren Überfall auf Israel ein Betätigungsverbot.
So konnte auch Majed Alzeer lange Zeit unbehelligt in Berlin leben. Laut «Spiegel» hält das deutsche Innenministerium den britischen Staatsbürger für den «Deutschlandchef» der Hamas. Der 61-Jährige, der seit 2014 im Stadtteil Neukölln wohnt, soll Kontakte bis in die oberste Ebene der Miliz unterhalten und in ganz Europa Unterstützung organisiert haben.
Durch militärische Erfolge, die Israel im Kampf gegen die Terrorgruppe erzielt, könnte die Gefahr, die in Europa von der Hamas ausgeht, eher grösser werden: Terrorismus ist eine Waffe der Schwachen, und kleinere Attentate sind relativ leicht auszuführen. Erkennt die Hamas, dass sie Israel nicht in die Knie zwingen kann, könnte sie auf den Strassen von Berlin, Paris oder Brüssel nach tiefer hängenden Früchten greifen.
Über die Strukturen der Hamas in Europa ist noch immer relativ wenig bekannt. Ein wenig Aufschluss kann möglicherweise eine Studie geben, die 2022 von der Dokumentationsstelle Politischer Islam, einem staatlichen österreichischen Institut, erstellt wurde. Sie beschäftigt sich mit der Muslimbruderschaft, als deren palästinensischer Zweig die Hamas gilt.
Den Autoren Sergio Altuna und Lorenzo Vidino gelang es, mit vier in Europa lebenden Kadern der Bruderschaft zu reden. Nach aussen hin seien die Mitglieder zur Mässigung aufgerufen, um staatliche Repressionen zu vermeiden, erklärte ein in Deutschland lebender Syrer. Zu seiner Mitgliedschaft bekenne sich niemand offen.
Engagierten sie sich öffentlich, täten sie dies in anderen, gesellschaftlich eher akzeptierten Organisationen. Eine solche könnte die Palästinensische Gemeinschaft in Deutschland gewesen sein, die sich wenige Wochen vor dem Angriff auf Israel aufgelöst hat. Der deutsche Inlandsgeheimdienst hält sie genauso für Hamas-nah wie den ebenfalls aufgelösten Verein «Die Barmherzigen Hände», der in Deutschland Spenden sammelte.
Europa sei für die Muslimbrüder «wie eine Lunge»: ein Rückzugsort, wo man sich unbehelligt treffen könne, erklärte ein anderer Kader den beiden Forschern, aus deren Studie man vor allem den Schluss ziehen kann, dass in vielen Fällen lügen dürfte, wer beteuert, nichts mit der Bruderschaft oder der Hamas zu tun zu haben.
Die Bedrohung durch mögliche islamistische Attentate ist in Europa derweil so hoch wie lange nicht mehr. Aufschlussreich ist eine Zahl aus Deutschland: Demnach richten sich von den Ermittlungsverfahren, die der dortige Generalbundesanwalt zwischen Januar und August neu eingeleitet hat, 284 gegen Islamisten. Gegen Rechtsextreme wurden elf Verfahren eingeleitet, gegen Linksextreme keines. Die Bundesanwaltschaft wird bei besonders schweren Fällen aktiv, etwa wenn es um Terrorismus geht.
(aargauerzeitung.ch)
Warte allerdinga schon auf die erste Verschwörungstheorie dazu...
In Europa muss man endlich gegenüber Terrororganisationen die Samthandschuhe ausziehen und Gefährder konsequent Überwachung und juristisch zur Rechenschaft ziehen.