Ein erstes «Friedensgespräch» hat im Vatikan bereits stattgefunden, nämlich eines zwischen Donald Trump und Wolodymyr Selenskyj: Das Bild der beiden Präsidenten, die sich am 26. April nach der Bestattungsmesse für den verstorbenen Papst Franziskus im Petersdom auf zwei einfachen Stühlen gegenübersitzen und unterhalten, ist um die Welt gegangen.
Bei der kurzen Unterredung hatten sich Trump und Selenskyj wieder etwas angenähert, nachdem Selenskyj einige Wochen zuvor im Weissen Haus von Trump und seinem Vize JD Vance auf beispiellose Art und Weise abgekanzelt worden war.
Nun soll im Vatikan Frieden nicht nur unter den – eigentlich – Verbündeten USA und Ukraine gestiftet werden, sondern auch unter den Kriegsparteien Ukraine und Russland. Nach seinem zweistündigen Telefonat mit dem Moskauer Machthaber Wladimir Putin und einer anschliessenden Telefon-Schalte mit Selenskyj und mehreren europäischen Staats- und Regierungschefs hatte der US-Präsident «unmittelbar bevorstehende» Gespräche über eine Waffenruhe zwischen der Ukraine und Russland im Vatikan angekündigt.
Tatsächlich hatte Papst Leo XIV. bereits am vergangenen Mittwoch den Kirchenstaat als möglichen Verhandlungsort ins Spiel gebracht: Bei einem Treffen mit Vertretern der Ostkirchen erklärte der am 8. Mai zum neuen Papst gewählte ehemalige US-Kardinal Robert Francis Prevost, dass «der Heilige Stuhl stets zur Verfügung steht, damit Feinde sich begegnen und in die Augen schauen können». Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin erläuterte danach, dass dies bedeute, dass sich der Vatikan als Verhandlungsort anbiete.
Während seiner Audienz mit US-Vizepräsident Vance und US-Aussenminister Marco Rubio am Montag nach der Messe zu seiner Amtseinsetzung erneuerte Papst Leo XIV. das Angebot, Delegationen aus Moskau und Kiew im Vatikan zu Verhandlungen über einen Waffenstillstand in der Ukraine und eine Friedenslösung zu empfangen.
Wann genau und in welchem Format die Friedensgespräche stattfinden könnten, ist derzeit noch unklar. Ebenfalls unklar ist, ob sich der Papst persönlich oder etwa Kardinalstaatssekretär Parolin als Vermittler betätigen würden. Völlig ungewiss ist aber vor allem, ob es überhaupt zu solchen Gesprächen kommen wird.
Trump scheint angetan von der Idee: Der US-Präsident, der den Krieg ursprünglich in 24 Stunden beenden wollte, scheint die Lust an seiner bisher erfolglosen Vermittlerrolle verloren zu haben und würde den Job wohl lieber heute als morgen in andere Hände legen. Auch Selenskyj scheint nicht abgeneigt, dem Papst zumindest eine Chance zu geben: Immerhin hatte Leo XIV. ihn am Sonntag gleich nach der Amtseinführung als ersten Staatsgast in seinem Pontifikat zu einer Audienz empfangen.
Putin dürfte dagegen wenig Interesse an Gesprächen im Vatikan haben – schon nur deswegen, weil er damit das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, den Moskauer Patriarchen Kyrill I., brüskieren würde. Putin hat sich auch weder am Begräbnis von Franziskus noch an der Amtseinsetzung Leos XIV. in Rom blicken lassen.
Aber auch wenn die Chancen auf Friedensgespräche im Vatikan wohl nicht allzu gross sind: Mit seinem Angebot, im Vatikan Räumlichkeiten und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, setzt Leo XIV. weniger als zwei Wochen nach seiner Wahl in der Sixtinischen Kapelle ein erstes diplomatisches Ausrufezeichen. Er bewegt sich dabei auf dem Kurs, den schon sein Vorgänger Franziskus eingeschlagen hatte: Der Argentinier hatte bereits kurz nach der Invasion Russlands den direkten Kontakt mit dem Kyrill gesucht, um mit Hilfe der russischen Kirche – in Putins Russland ein wesentlicher Machtfaktor – eine Friedenslösung herbeizuführen. Dabei war er aber beim Moskauer Patriarchen, der von den gleichen grossrussischen Fantasien beseelt ist wie Putin, abgeblitzt.
In der Folge hat Franziskus immer wieder Kardinalstaatssekretär Parolin und andere Kardinäle nach Kiew und Moskau entsandt, wo diese zumindest den Austausch von Kriegsgefangenen und die Rückkehr mehrerer entführter ukrainischer Kinder zu ihren Eltern bewirken konnten. Zu einem eigenen Besuch in Kiew kam es nie, nicht zuletzt deshalb, weil der verstorbene Papst lange gezögert hatte, Russland als Aggressor zu bezeichnen.
Zu einem Eklat kam es ausserdem, als Franziskus die Ukraine in einer höchst unglücklichen Formulierung aufforderte, die «weisse Fahne zu hissen». Der vatikanische Chefdiplomat Parolin musste anschliessend die Wogen glätten, indem er erklärte, dass nach Meinung des Papstes dies natürlich beide Kriegsparteien tun müssten, nicht nur die Ukraine.