International
Polen

Haus in Polen wurde von eigenen Raketen getroffen, nicht von Putin

Polen-Desaster schlimmer als gedacht: Dieses Haus wurde von eigener Rakete getroffen

Nicht eine russische Angriffsdrohne, sondern eine defekte Luft-Luft-Rakete eines polnischen F-16-Kampfjets soll auf ein Haus in Ostpolen gefallen sein. Der Vorfall zeigt: Die Schwächen bei der Nato-Drohnenabwehr sind enorm.
19.09.2025, 22:0019.09.2025, 22:01
Remo Hess, Brüssel / ch media

Das Bild ging um die Welt: ein Haus in der ostpolnischen Ortschaft Wyryki, unweit der weissrussischen Grenze. Das Dach ist arg zerstört, die Bewohner sind nach eigener Aussage nur knapp mit dem Leben davongekommen.

Das Dach durchschlagen und im Schlafzimmer gelandet: Entgegen ersten Meldungen soll dieses Haus in Wyryki, Ostpolen von einer Luft-Luft-Rakete getroffen worden sein. (11. September 2025)
Das Dach durchschlagen und im Schlafzimmer gelandet: Entgegen ersten Meldungen soll dieses Haus in Wyryki, Ostpolen, von einer Luft-Luft-Rakete getroffen worden sein. (11. September 2025)Bild: Rafal Niedzielski

Hier war eine der 19 Drohnen heruntergekommen, welche Russland vergangene Woche nach Polen geschickt hat. So zumindest die Annahme.

Jetzt aber stellt sich heraus: Das Haus in Wyryki wurde gar nicht von einer russischen Drohne getroffen. Sondern von einer eigenen, polnischen Rakete. Noch sei die Untersuchung zwar nicht abgeschlossen, aber: «Alles deutet darauf hin, dass das eine Rakete war, die von unserem Flugzeug bei der Verteidigung Polens abgefeuert wurde», sagte der Koordinator der polnischen Geheimdienste, Tomasz Siemoniak, in Warschau.

Kein Drohneneinschlag: Haus in Wyryki, Ostpolen.
Kein Drohneneinschlag: Haus in Wyryki, Ostpolen.Bild: Czarek Sokolowski

Höchstwahrscheinlich handelt es sich um eine AIM-120 AMRAAM Luft-Luft-Rakete, die von einem F-16-Kampfjet der polnischen Luftwaffe abgefeuert wurde, berichten polnische Medien. Kostenpunkt der Rakete: je nach Version rund eine Million US-Dollar pro Stück. Die Lenkwaffe habe eine Fehlfunktion im Steuerungssystem gehabt und sei auf das Haus gefallen. Glücklicherweise ist sie nicht detoniert, da das System zur automatischen Entschärfung funktioniert habe, so die Zeitung «Rzeczpospolita».

Tusk verteidigt Armee: «Finger weg von polnischen Soldaten!»

Fest steht: Der Vorfall macht das Desaster bei der Abwehr der Drohnen noch schlimmer. Von den 19 Drohnen, die den polnischen Luftraum verletzt hatten, konnte lediglich deren vier vom Himmel geholt werden. Die anderen flogen teils hunderte Kilometer weiter und stürzten selbstständig ab.

Der Einsatz dermassen teurer Waffen wie der AIM-120 AMRAAM steht in krassem Missverhältnis zu den Kosten, welche die Russen für die Fabrikation ihrer Drohnen haben. Bilder der abgestürzten Fluggeräte zeigen, dass Russland sogenannte «Gerbera»-Billig-Drohnen verwendet hat. Sie kosten nur wenige tausend Franken in der Herstellung. Für zahlreiche Experten ist klar: Schickt Russland wie in der Ukraine zeitgleich ganze Drohnenschwärme, ist die Abwehr mittels Luft-Luft-Raketen heillos überfordert. Erst recht, wenn einige der teuren Hightech-Produkte nicht einmal korrekt funktionieren.

HANDOUT - Un avion F/A-18 de l'Armee Suisse, gauche, et un F-35, droite en bas, et un Eurofighter, droite en haut, de l'Armee italienne, droite en bas, sont photographies lors de la journee  ...
F/A-18 der Schweizer Luftwaffe mit je zwei AIM-120 AMRAAM.Bild: keystone

In Polen sorgt der Vorfall um das Haus in Wyryki derweil für eine Kontroverse zwischen dem rechtskonservativen Präsidenten Karol Nawrocki und der Regierung von Premierminister Donald Tusk. Nawrocki zeigte sich empört und forderte sofortige Aufklärung. Nichts dürfe jetzt verheimlicht werden, so Nawrocki.

Tusk reagierte scharf und stellte klar: «Die gesamte Verantwortung für die Schäden am Haus in Wyryki liegt bei den Urhebern der Drohnenprovokation, also bei Russland». Man werde die Öffentlichkeit und den Präsidenten nach Abschluss der Untersuchung über die genauen Umstände informieren. «Finger weg von polnischen Soldaten!», warnte er vorsorglich an die Adresse von Nawrocki.

Den Vorfall politisch auszuschlachten, versucht neben anderen der deutsche AfD-Bundestagsabgeordnete Maximilian Krah. Als Reaktion auf die fehlgeleitete Rakete schrieb er in bestem Kreml-Sprech auf X: «Und deswegen sollte der Nato-Bündnisfall ausgerufen werden.» Nicht Russlands Machthaber Wladimir Putin würde Europa bedrohen, sondern «irre Politiker, die aus dem regionalen Krieg in der Ostukraine einen Weltkrieg machen wollen!»

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Militärparade Russland 2025
1 / 8
Militärparade Russland 2025

In Russland findet jedes Jahr am 9. Mai eine Militärparade statt.

quelle: keystone
Auf Facebook teilenAuf X teilen
«Rücksichtslos und gefährlich»– NATO verurteilt Russlands Vorgehen
Video: watson
Das könnte dich auch noch interessieren:
Du hast uns was zu sagen?
Hast du einen relevanten Input oder hast du einen Fehler entdeckt? Du kannst uns dein Anliegen gerne via Formular übermitteln.
31 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Celtic Swiss
19.09.2025 22:11registriert Juni 2024
Da muss die NATO aber schnell besser werden.

Und zum Krah: Der sollte nach Moskau, einfach!
489
Melden
Zum Kommentar
avatar
GarChest
19.09.2025 22:24registriert April 2025
Ein gefundenes Fressen für die Russen, solche Falschmeldungen. Zudem gleich noch die Schwächen der Luftabwehr aufgezeigt.
403
Melden
Zum Kommentar
avatar
feuseltier
19.09.2025 22:14registriert April 2015
Gut weiss das Putin...

Lässt ihn nur weiter an euch heran, er ist keine Gefahr...
277
Melden
Zum Kommentar
31
Nächster Taifun auf Philippinen – fast eine Million Menschen müssen fliehen
Auf der Flucht vor Supertaifun «Fung-Wong» haben fast eine Million Bewohner der Philippinen ihre Häuser verlassen müssen.
Der heftige Tropensturm zog am Morgen (Ortszeit) mit anhaltenden Windgeschwindigkeiten von bis zu 185 Kilometern pro Stunde nahe der östlichen Provinz Catanduanes vorbei und brachte heftige Regenfälle mit sich, wie der Wetterdienst Pagasa mitteilte. Manche Böen erreichten demnach Geschwindigkeiten von 230 Kilometern pro Stunde. Heute Abend oder am frühen Montagmorgen soll «Fung-Wong» über der nördlichen Provinz Aurora auf Land treffen.
Zur Story