Seit dem 6. März versammeln sich tausende Moldauer und Moldauerinnen, um gegen eine Verfassungsänderung zu protestieren. Diese sieht vor, die «Staatssprache» Moldauisch in sämtlichen Amtspublikationen und Gesetzen durch Rumänisch zu ersetzen.
Klingt nach einer Farce, oder? Eine kurze Einordnung des Geschehens.
Eine moldauische Sprache gibt es laut der Moldauischen Akademie der Wissenschaften nicht. Es handelt sich dabei viel mehr um eine «standardisierte Varietät» des Rumänischen. Das heisst, die Sprache ist an sich gleich, gewisse Wörter werden aber ein wenig anders ausgesprochen und ein paar Neologismen aus dem Russischen sind dazugekommen. Zum Vergleich: Schweizerdeutsch ist eine Varietät der deutschen Sprache.
Seit 2013 ist Rumänisch die Amtssprache in der Republik Moldau. Der Begriff der Moldauischen Sprache wird nur noch in gewissen Gesetzesabschnitten verwendet und «Staatssprache» genannt, ansonsten wird die Bezeichnung «Rumänisch» benutzt. Im Gegensatz dazu steht die abtrünnige (prorussische) Republik Transnistrien im Osten des Landes: Dort unterscheidet sich Moldauisch insofern vom Rumänischen, dass dort anstelle von lateinischen kyrillische Buchstaben verwendet werden. Die Aussprache ist aber trotzdem dieselbe.
Media: "The Parliament of Moldova approved in the first reading the draft law on changing the name of the state language from 'Moldovan' to 'Romanian.'
— OSINT (Uri) 🇺🇦 (@UKikaski) March 10, 2023
The decision was supported by 56 of 101 deputies (MP's), while the opposition remained dissatisfied: the deputies raised the… https://t.co/UzUC4pTuQL pic.twitter.com/ARP7b4k4tn
Und nun soll eben in diesen wenigen Gesetzestexten «Moldauisch» dem «Rumänisch» weichen. Der Beschluss ist ein klares Signal, dass sich die Republik Moldau weiter dem Westen annähern will. Und das ist auch mitunter einer der wahren Gründe, weshalb die Menschen protestieren.
Denn eigentlich dauern die Proteste schon seit September letzten Jahres an. Der Grund damals: Die Demonstrantinnen und Demonstranten forderten den Rücktritt der prowestlichen Regierung und eine Annäherung an Russland.
Immer wieder liefen so Menschen in Chisinau auf – die Parolen immer ein wenig dem Zeitgeschehen angepasst (mal steigende Energiepreise, mal ein Raushalten aus dem Ukrainekonflikt oder die Abschaffung der Sprache), die Kernforderung blieb aber immer der Rücktritt der prowestlichen Regierung. Was auffällt: Die Protestierenden sind erstaunlich alt.
Die treibende Kraft hinter den andauernden Demonstrationen ist die populistische Șor-Partei. Ihre Werte sind national-konservativ, mit einem ausgebauten Wohlfahrtsstaat. In einem Wahlkampfmanifest von 2008 gab die Partei an, die moldawische Wirtschaftslage sei nur deshalb so desolat, weil man die Beziehungen zu Russland nicht genügend pflege.
Das Gesicht der Partei vor Ort gehört Marina Tauber, Vize-Parteipräsidentin und Parlamentsmitglied.
Auch dabei sind die ganz Linken in der Republik: Der Block der Sozialisten und Kommunisten ist die zweitgrösste Partei in Moldawien und stellt sich, wie die konservativ-sozialistische Șor-Partei, gegen die Regierung.
Russlands Beziehung zur Republik Moldau ist seit längerem «kompliziert». Während sich Moldau nach dem Zerfall der Sowjetunion dem Westen zuwandte, verbrüderte sich Russland mit dem abtrünnigen (weiterhin kommunistischen) Transnistrien an der Grenze zur Ukraine. Dort sind auch heute noch rund 1500 russische Soldaten stationiert, unterstützt von schätzungsweise 10'000 moskautreuen Paramilitärs.
Anfang Februar teilte der russische Aussenminister Sergei Lawrow Präsidentin Maia Sandu mit, dass die Republik Moldau «dasselbe Schicksal wie die Ukraine» erfahren würde, sollte sich die Republik mit Rumänien zusammenschliessen. Am 9. Februar gab Wolodymyr Selenskyj bekannt, dass sein Geheimdienst einen russischen Plan zur Stürzung der moldauischen Regierung entdeckt habe. Russland bestritt den Vorwurf.
Diese Theorie wird nun auch von amerikanischer Seite unterstützt: «Russland verfolgt Möglichkeiten, um die Regierung Moldaus zu schwächen, vermutlich mit dem Ziel einer russlandfreundlicheren Regierung», sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby, am Freitag.
Russische Akteure, teilweise mit Verbindung zu russischen Geheimdiensten, heizen demnach Proteste an, um einen Aufstand gegen die Regierung Moldaus loszutreten. Eine unmittelbare militärische Bedrohung Moldaus sehe die US-Regierung aber nicht, sagte Kirby.
🇲🇩 A huge success for the Moldovan authorities! for several hours now, the services have been picking out from the crowd pro-russian suspected of trying to destabilize the protest💪
— Intermarium 24 (@intermarium24) March 12, 2023
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(cpf)