Sechs Monate Krieg gegen die Ukraine haben der russischen Armee massive Verluste eingebracht, jetzt will Kremlchef Putin die Zahl seiner Soldaten per Dekret erhöhen: Um 137'000 auf 1.15 Millionen Mann soll die Truppe zum 1. Januar vergrössert werden. Mit zivilem Personal hätte sie dann offiziell 1.9 Millionen Angehörige. Fachleute sind allerdings skeptisch, ob Putin seine ausgelaugten Streitkräfte per Federstrich vergrössern kann.
«Russland dürfte ernsthafte Schwierigkeiten haben, in so kurzer Zeit eine so grosse Zahl neuer Soldaten zu mobilisieren», schreibt das renommierte «Institute for the Study of War» (ISW) in seinem jüngsten Lagebericht zum Ukraine-Krieg. «Nicht nur die Rekrutierer haben grosse Schwierigkeiten, auch die Trainingskapazitäten der Armee sind seit dem 24. Februar geschrumpft, da Russland viele Ausbilder zum Kampf in die Ukraine geschickt hat und dort viele von ihnen dort gefallen sind.» Daher sei es unwahrscheinlich, dass die von Putin ausgegebene Soll-Stärke von 1.15 Millionen Mann erreicht werde, so das ISW.
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Schon vor dem Überfall auf die Ukraine habe die russische Armee nur 850'000 aktive Soldaten umfasst, also deutlich weniger als die offizielle Zahl von mehr als einer Million. Der Kreml könnte daher versuchen, die Separatistenmilizen der selbsternannten «Volksrepubliken» Luhansk und Donezk der russischen Armee anzugliedern. Doch auch das würde die Truppenstärke nur geringfügig erhöhen, so das ISW: «Die Ankündigung einer relativ moderaten Erhöhung der Truppenstärke deutet zugleich darauf hin, dass Putin eine generelle Mobilmachung weiter vermeiden will.»
Tatsächlich sucht der Kreml schon seit Monaten verzweifelt frische Soldaten, und schreckt dabei auch nicht vor Zwang und Druck auf Wehrdienstleistende zurück. Im Juli erging aus Moskau die Weisung an alle 85 Regionen der Russischen Föderation – inklusive der besetzten Gebiete in der Ukraine – Freiwilligenbataillone aufzustellen. Laut ISW könnte der Kreml mit dem Dekret bis 34'000 neue Kämpfer mobilisieren. Erst kürzlich wurde bekannt, dass der Chef der berüchtigten Söldner-Truppe Wagner in russischen Gefängnissen um Schwerverbrecher als Soldaten wirbt. Und im besetzten Donbass greifen Putins Schergen selbst Väter vor Kindergärten ab, um diese als Kanonenfutter an die Front gegen ihre eigenen Landsleute zu schicken.
Trotz aller Probleme der russischen Armee, Hoffnung auf einen baldigen Frieden in der Ukraine macht Putins jüngstes Dekret nicht: «So einen Schritt erfolgt ja nicht, wenn man ein baldiges Ende des Krieges erwartet», sagt Dara Massicot vom US-Thinktank Rand Corporation der «New York Times». «So etwas tut man, wenn man sich auf einen längeren Konflikt einstellt.» Ähnlich sieht es Oleksiy Danilov, der Chef des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrates. «Wer glaubt, der Rubikon sei schon überschritten und der Ausgang des Krieges stehe schon fest, der irrt sich», sagte Danilov der Zeitung. «Einfach wird es nicht, im Gegenteil.»
Macht einem nochmal bewusst wie viele Junge Männer da einfach in den Tod geschickt werden für gar nichts. Und sie haben kaum eine Möglichkeit es besser zu wissen. Ich hoffe für sie, dass sie es früh genug erkennen und die Seiten wechseln, bevor sie sinnlos sterben.
Russland bleibt weiter ein gefährlicher Staat mit dem Atombombenpotential einer Grossmacht. Aber militärisch ist Russland zu einer Regionalmacht abgestiegen, welche zunehmend in Abhängigkeit der neuen Supermacht China gerät.
Für uns in Westeuropa ist sehr wichtig, dass der NATO-Schutzschirm (, von dem auch die Schweiz profitiert) weiter sehr stark ist. Die geplante Aufstockung der NATO-Einsatzkräfte ist deshalb zu begrüssen. Dies ist viel wichtiger als die im Artikel erwähnte, Putinsche Truppenaufstockung.
Eine grössere, unfähige Armee eines unfähigen Präsidenten.