International
Russland

Putin beauftragte Nawalnys Tod laut US-Geheimdiensten nicht direkt

Putin beauftragte Nawalnys Tod laut US-Geheimdiensten nicht direkt

27.04.2024, 13:3827.04.2024, 16:43
Mehr «International»

US-Geheimdienste gehen laut einem Bericht des «Wall Street Journals» davon aus, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Tod des Kreml-Gegners Alexej Nawalny nicht direkt angeordnet hat. Dies entbinde Putin zwar nicht von seiner Verantwortung, vertiefe aber das Rätsel um den Tod des im Februar in einem Straflager gestorbenen Dissidenten, schrieb die Zeitung am Samstag unter Berufung auf Geheimdienstquellen. Zuvor hatte Nawalnys Team im Exil im Ausland unter anderem behauptet, Putin habe Nawalny töten lassen, um einen geplanten Austausch des Gefangenen mit im Westen inhaftierten Russen zu verhindern.

FILE - In this handout photo taken from video provided by the Moscow City Court on Feb. 2, 2021, Russian opposition leader Alexei Navalny shows a heart symbol while standing in a cage for defendants i ...
Nawalny am 2. Februar vor Gericht. Bild: keystone

Die Einschätzung der US-Geheimdienste bestreite nicht die Schuld Putins an Nawalnys Tod, besage aber, dass er ihn zu diesem Zeitpunkt wahrscheinlich nicht angeordnet habe, schrieb die Zeitung. Dieser Meinung seien etwa die CIA, das Büro der US-Geheimdienstkoordinatorin und die Nachrichtendienstabteilung des US-Aussenministeriums. Einige europäische Nachrichtendienste seien über die US-Einschätzung informiert worden.

Der russische Oppositionelle und enge Nawalny-Vertraute Leonid Wolkow, der im März im litauischen Exil angegriffen und verletzt worden war, wies die Einschätzung der US-Geheimdienste im «Wall Street Journal» als naiv zurück. «Die Vorstellung, dass Putin nicht informiert gewesen ist und die Tötung Nawalnys nicht gutgeheissen hat, ist lächerlich.»

Der Kreml hält den Bericht der Zeitung nach eigenen Angaben für inhaltsleere Lektüre, um das weltweite Lesepublikum am Samstag bei Laune zu halten. «Ich würde nicht sagen, dass es sich um Material hoher Qualität handelt», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Der Kreml hatte immer wieder zurückgewiesen, etwas mit Nawalnys Tod zu tun zu haben.

Gleichwohl hatte Putin erklärt, dass er nichts gegen einen Austausch Nawalnys gehabt hätte. Dem Zeitungsbericht zufolge sollen US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz eine Woche vor Nawalnys Tod über einen Vorschlag für einen Gefangenenaustausch gesprochen haben. Moskau hatte vor allem Interesse daran, einen in Deutschland inhaftierten Russen wegen des Mordes an einem Georgier im Berliner Tiergarten freizubekommen.

Nawalny starb am 16. Februar nach Behördenangaben im Straflager mit dem inoffiziellen Namen «Polarwolf» in der sibirischen Arktisregion Jamal. Die Umstände seines Todes sind nicht geklärt. Der durch einen Giftanschlag 2020 und wiederholte Einzelhaft im Lager geschwächte Politiker soll bei einem Rundgang auf dem eisigen Gefängnishof zusammengebrochen und trotz Wiederbelebungsversuchen gestorben sein. Nach Angaben von Nawalnys Team ist im Totenschein von «natürlichen» Ursachen die Rede. Nawalnys Angehörige sprechen von Mord. (saw/sda/dpa)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
25 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
The Guitar Player
27.04.2024 15:54registriert Oktober 2023
Der kleine Bunker-Zar muss gar nicht viel sprechen. Denn seine Geheimagenten und Gefängnisaufseher kennen seine Gedanken, Bedürfnisse umd Wünsche bereits seit Jahrzehnten auswendig.
364
Melden
Zum Kommentar
avatar
Hans Jürg
27.04.2024 14:27registriert Januar 2015
Leute wie Putin geben solche Befehle natürlich nie direkt, sondern sagen "du weisst, was zu tun ist" oder "ich will , dass das Problem gelöst wird". So können sie sich später damit herausreden, dass das sie nicht so gemeint hätten.
3711
Melden
Zum Kommentar
avatar
Martin Baumgartner
27.04.2024 14:51registriert Juni 2022
Dann hat Putin den Befehl zum Überfall auf die Ukraine möglicherweise auch nicht "direkt" gegeben!
Aber macht dies wirklich einen grossen Unterschied?
317
Melden
Zum Kommentar
25
    Starmer will sich bei Treffen mit Selenskyj als Brückenbauer positionieren
    Nach dem Eklat im Weissen Haus hofft der ukrainische Präsident auf Rückendeckung der europäischen Verbündeten. Selenskyj ist bereits in London, wo es heute noch zu einem Treffen kommen soll.

    Der britische Premierminister Keir Starmer will den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj noch heute im Regierungssitz, 10 Downing Street, empfangen. Das bestätigte das Büro des britischen Regierungschefs, nachdem der Ukrainer per Flugzeug aus den USA in Grossbritannien eingetroffen war. Britische Medien zeigten Bilder eines Flugzeugs mit ukrainischer Flagge, das auf einem Flughafen nördlich von London landete.

    Zur Story