Bei der Zukunft Russlands spielt der Westen laut dem russischen Kremlgegner Michail Chodorkowski eine zentrale Rolle. Putin werde nicht ewig leben – und jede Regierung nach ihm sei auf ein Ende der Sanktionen angewiesen.«Das Ende Putins wird eher früher als später kommen», sagte Chodorkowski in einem Interview mit dem «Handelsblatt». Für die Zukunft Russlands sehe er daher drei Möglichkeiten.
In einem ersten Szenario würde der Westen diejenigen unterstützen, die Russland aufspalten oder zerschlagen wollten. Das sei laut Chodorkowski jedoch ein gefährlicher Weg. «Denn das Auseinanderbrechen Russlands würde das Leben der Menschen verschlechtern, und dann findet sich schnell ein neuer Diktator, der die Ängste der Menschen aufgreift und verspricht, Russland wieder zu alter Stärke zusammenzuführen». So könne laut Chodorkowski ein noch aggressiveres Russland entstehen.
In einem zweiten Szenario würde der Westen einen «guten» Zar suchen. Auch das dürfte jedoch laut Chodorkowski böse enden. Denn auch der «gute Zar» müsse sein Land gegen Feinde von aussen verteidigen.
Chodorwski befürwortet das dritte Szenario: den Weg des kompletten Neuaufbaus und die Entwicklung zu einem parlamentarischen und föderalistischen Modell – wie in Deutschland. Aufbauen könne man ein solches System nur mit den Regionen: Moskau, St. Petersburg, Jekaterinburg. «Dort gibt es starke politische Kräfte», so Chodorkowski. «Und die russischen Nationalpatrioten, die Gruppen, auf die Putin sich stützt, haben Kraft.» Und dann gebe es noch die demokratische Opposition. «Sie kann aber nur etwas bewirken, wenn sie sich mit den Streitkräften arrangieren kann.» Er arbeite seit 25 Jahren daran, Menschen von diesem Modell zu überzeugen. «Immerhin ist die Idee in den gebildeten, grossen Städten Russlands mittlerweile im Mainstream angekommen», sagte Chodorkowski in dem Interview.
>> Alle aktuellen Entwicklungen im Liveticker
Chodorwski war laut dem Finanzmagazin «Forbes» einst der reichste russische Oligarch. Noch im Jahr 2013, auf dem Höhepunkt seiner Karriere, verfügte er demnach über ein Vermögen von 16 Milliarden US-Dollar. Der Ex-Chef des inzwischen zerschlagenen Ölkonzerns Yukos, wurde nach Kritik an Putin verurteilt und verbrachte mehrere Jahre in einem Straflager. Heute lebt er in London.
Dem «Handelsblatt» sagte er nun, dass er an eine Friedenslösung für die Ukraine mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin nicht glaube. «Solange Putins Regime an der Macht ist, wird der Krieg nicht enden», wird Chodorkowski zitiert. «Viermal hatte Putin Probleme, eine Wahl zu gewinnen. Viermal in 20 Jahren hat er das mit einem Krieg gelöst.» Er sei gezwungen, einen Krieg zu führen, ob er wolle oder nicht.
Chodorkowski beschrieb die russische Gesellschaft wegen des Kriegs gegen die Ukraine als tief gespalten. «Ich denke, dass 30 Prozent klar für den Krieg sind und 20 Prozent dagegen. Die anderen 50 Prozent unterstützen die Regierung, egal, ob die weiter Krieg führt oder plötzlich mit Verhandlungen beginnt», so Chodorkowski. Putin müsse der Gesellschaft bei den Präsidentschaftswahlen im März nächsten Jahres einen Sieg im Krieg vorweisen – «wobei die Definition von »Sieg« variieren kann».
Er ermunterte westliche Länder, russische Ingenieure und andere Fachkräfte abzuwerben und ihnen die Niederlassung in westlichen Ländern zu erleichtern, um Russland zu schwächen. (t-online/aj)
Es wird sich ein neuer "starker" Mann als Präsident einsetzten und mit Hilfe von Militär, Polizei und Geheimdienst (die er gegeneinander ausspielt muss) das Land beherrschen. Die Oligarchen werden ihn (für seine Gunst) an ihrem Reichtum teilhaben lassen, während das Land langsam zugrunde geht.
Бедная матушка Россия!
Wir schwächen also Länder, wenn wir deren Fachkräfte abwerben? Spannender Punkt. Wird so wohl auch für andere Länder gelten.