Es ist ein Verlust von grosser Symbolkraft – und möglicherweise auch die höchste Opferrate unter Generaloffizieren des russischen Militärs seit dem Zweiten Weltkrieg: Die Armee von Wladimir Putin hat bei ihrem Angriffskrieg auf die Ukraine offenbar schon mindestens fünf Generalmajore verloren.
Dass hohe Offiziere und Generäle im Kampf getötet werden, gilt sonst als eher selten. Eine neue Recherche des US-Magazins «Foreign Policy» deckt nun mögliche Gründe für den gefährlichen Frontaufenthalt der Generäle auf: Mangelnde Disziplin unter den russischen Soldaten sowie Kommunikationsprobleme.
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Die Generäle scheiterten demnach daran, die grosse Truppe von fast 200'000 Soldaten – viele von ihnen junge Wehrpflichtige – dazu zu bringen, ihre Befehle zu befolgen, wie «Foreign Policy» unter Berufung auf eines anonymen EU-Offiziellen berichtet. «Sie kämpfen selbst ganz vorne an der Frontlinie, um ihre Befehle durchzusetzen», wird der europäische Regierungsvertreter in dem Bericht zitiert. «Sie müssen an die Front gehen, um Dinge in Gang zu bringen, was sie einem viel grösseren Risiko aussetzt, als sie es normalerweise der Fall wäre.»
Die Zahl der getöteten Topmilitärs beträgt dem Bericht zufolge mittlerweile schon ein Fünftel der Zahl der in der Ukraine stationierten Kommandanten, die westliche Geheimdienstmitarbeiter auf insgesamt 20 Offiziere schätzen.
Es gehe um mangelnde Bereitschaft der Soldaten, wird der Diplomat weiter zitiert. Russische Generäle seien zeitweise ins Feld gegangen, um sich mit Disziplinarproblemen zu befassen, wie zum Beispiel russische Wehrpflichtige, die Geschäfte und Häuser plünderten. «Sie verlangen, dass Dinge passieren, und sie passieren nicht.»
Auch andere Experten bewerteten die Lage ähnlich. «Das ist das Kennzeichen einer undisziplinierten und unprofessionellen Armee, die schlecht geführt und schlecht ausgebildet ist, und um das auszugleichen, drängen die Generäle ins Feld», sagte der Pensionierte US-Admiral James Foggo zu «Foreign Policy». Die Topmilitärs seien da draussen und «sie improvisieren das irgendwie».
Erst am Sonntag hatte ein hochrangiger Berater der ukrainischen Regierung erklärt, dass sechs russische Generäle getötet worden seien. Demnach wurde am vergangenen Wochenende der stellvertretende Kommandant der russischen Schwarzmeerflotte, Andrey Paliy, der in den Rang eines Ein-Stern-Admirals befördert werden sollte, von ukrainischen Streitkräften ausserhalb der belagerten Stadt Mariupol erschossen.
Insgesamt sind die Verluste der russischen Armee laut ukrainischen Berichten hoch: Nach Angaben der Ukraine habe Russland bislang 14'700 Personen und 476 Panzer verloren. Auch Kommandeure des Fallschirmregiments aus der russischen Stadt Kostroma nordöstlich von Moskau und des Kosakenregiments aus Stawropol im Süden Russlands seien «eliminiert» worden, teilte die ukrainische Armee am Sonntag mit. Der Kommandeur der 346. Brigade der Sondereinsatzkräfte sei zudem verletzt worden.
In über drei Wochen Krieg will die ukrainische Armee zudem mehrere Dutzend hochrangige russische Offiziere getötet haben. Darunter sollen mindestens sechs Generäle von Armee und Nationalgarde gewesen sein.
Russland hatte dagegen bisher von deutlich geringeren Verlusten gesprochen: Die kremlnahe russische Zeitung «Komsomolskaja Prawda» hat hohe Zahlen angeblich in der Ukraine getöteter Russen veröffentlicht – und später wieder gelöscht. In einem Online-Artikel vom Sonntag war unter Berufung auf das Verteidigungsministerium die Rede von 9'861 russischen Soldaten, die seit Beginn des Kriegs gestorben sein sollen, wie aus einer archivierten Version des Textes hervorgeht. Das wären deutlich mehr als die 498 Toten, die Moskau bislang offiziell bestätigt hat.
Einige Stunden später war die entsprechende Passage aus dem Artikel der «Komsomolskaja Prawda» allerdings wieder verschwunden. Eine Stellungnahme der Zeitung gab es zunächst nicht.
Weder die Angaben Russlands noch die der Ukraine konnten bislang unabhängig überprüft werden.
((aj,t-online ))
Auch umgekehrt, Russland propagiert ja auch, tausende ukrainische Soldaten getötet zu haben und aus ukrainischer Sicht sind es deutlich weniger. Schlussendlich gilt doch nur eins: JEDER getötete Mensch, egal ob russisch oder ukrainisch, ist einer zu viel. Dass das auch im 21. Jahrhundert immer noch nicht alle begriffen haben, ist einfach traurig. Make peace, not war.