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Putins Medienkonferenz: Das sind die wichtigsten Aussagen

Russian President Vladimir Putin speaks to senior news leaders of international news agencies on the sidelines of the St. Petersburg International Economic Forum at the Lakhta Center skyscraper, the h ...
Wladimir Putin sprach in St.Petersburg mit internationalen Nachrichtenagenturen.Bild: keystone

«Sind Sie so dumm wie dieser Tisch?» – und 4 weitere Aussagen von Putins Medienkonferenz

Wladimir Putin tritt zum ersten Mal seit dem Einmarsch in die Ukraine vor internationalen Nachrichtenagenturen auf. Hier sind die prägnantesten Aussagen des russischen Machthabers.
06.06.2024, 06:5406.06.2024, 13:46
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Dass Wladimir Putin mit westlichen Medien oder Nachrichtenagenturen spricht, kommt selten vor. Seit dem Einmarsch in die Ukraine hat er sich nicht mehr auf Interviews, die in irgendeiner Weise kritisch sein könnten, eingelassen. Eine kleine Ausnahme bildete jenes mit dem rechtskonservativen US-Moderator Tucker Carlson – dieser fasste Putin aber erwartungsgemäss mit Samthandschuhen an und lieferte ihm mit Suggestivfragen zahlreiche Steilvorlagen, um seine Narrative zu verbreiten.

Doch nun machte der russische Machthaber eine Ausnahme. Anlässlich des 27. St.Petersburger Internationalen Wirtschaftsforums sprach er mit Vertretern von Nachrichtenagenturen aus aller Welt. Natürlich nicht ohne Hintergedanken: Am Forum, wo sich Unternehmer von überall auf der Welt treffen, will sich Russland im besten Licht und als ökonomisch starke Rohstoffmacht präsentieren, der die westlichen Sanktionen aufgrund des Kriegs nichts anhaben können.

Hier sind die prägnantesten Aussagen Putins im Überblick:

Putin über die USA

Der russische Präsident erwartet keine Änderung der US-Politik gegenüber seinem Land nach den Präsidentschaftswahlen im Herbst. Er spielte die Relevanz der Wahlen herunter:

«Für uns hat das Ergebnis keine grosse Bedeutung.»

In der Vergangenheit hatte Putin einmal gesagt, er hätte lieber Joe Biden als Wahlsieger, weil dieser berechenbarer sei.

Der russische Präsident sprach auch kurz über innenpolitische Angelegenheiten der USA. Dabei griff er ein Narrativ Donald Trumps auf: Die Gerichtsverfahren gegen Trump seien wohl politisch motiviert, die Justiz werde in den USA für politische Interessen missbraucht. Dass Trump sich wegen lange zurückliegender Dinge verantworten müsse, lasse darauf schliessen, dass es sich um politische Verfolgung handle. Deshalb würden wohl viele Menschen in den USA Trump unterstützen.

Putin über Angriffe auf Russland mit westlichen Waffen

Sollte Russland mit westlichen Waffen aus der Ukraine heraus angegriffen werden, ziehe Russland eine «asymmetrische Antwort» in Betracht. Er führte aus, dass man dann womöglich selbst Waffen in Ländern platzieren würde, die einen Angriff auf die Zulieferer ermöglichen würden:

«Wir denken darüber nach, dass falls jemand es für möglich hält, Waffen in die Kampfzone zu liefern, um Angriffe auf unser Gebiet durchzuführen (...), warum wir dann nicht das Recht haben sollten, solche Waffen in Weltregionen aufzustellen, wo Angriffe auf sensible Objekte derjenigen Länder ausgeführt werden, die das in Bezug auf Russland tun?»

Putin über möglichen Einmarsch in NATO-Staaten

In mehreren osteuropäischen Staaten wie dem Baltikum oder Polen ist die Angst vor einem weitergehenden russischen Vormarsch Richtung Westen real. Im Gegensatz zu einem Vergeltungsangriff auf die Waffenzulieferer der Ukraine sei ein russischer Einmarsch in NATO-Staaten allerdings ausgeschlossen. Putin bezeichnet diese Befürchtung als «Bullshit». Im konkreten Wortlaut:

«Sie haben sich ausgedacht, dass Russland die NATO angreifen will. Sind Sie komplett verrückt geworden? Sind Sie so dumm wie dieser Tisch? Wer hat sich das ausgedacht? Das ist Unsinn, verstehen Sie. Bullshit.»

Putin betonte zudem, wie schon früher, dass Russland seine Atomwaffen «nur im Verteidigungsfall» einsetzen würde. Dass man bereit sei, dies zu tun, stehe aber ausser Frage. Der Westen solle diese Aussagen ernst nehmen:

«Warum auch immer denken Sie im Westen, dass Russland das nie nutzt. Wir haben eine Nukleardoktrin. Schauen Sie, was dort geschrieben steht. Falls die Handlungen von irgendjemandem unsere Souveränität bedrohen, halten wir es für möglich, alle Mittel zu nutzen, die wir haben. Das darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Das muss professionell behandelt werden.»

Putin über Verluste im Krieg

Laut Putin befinden sich aktuell mehr als 6000 ukrainische Soldaten in russischer Kriegsgefangenschaft. Die Ukraine hingegen soll lediglich gut 1300 russische Soldaten, Offiziere und andere Militärangehörige gefangengenommen haben. Die Angaben der Ukraine entsprechen salopp gesagt dem Gegenteil. Unabhängig überprüft sind jene beider Seiten nicht.

Das gilt auch für die Zahlen der Verluste der beiden Kriegsparteien. Putin sagte, keine Seite mache genaue Angaben zu ihren Verlusten, das mache er auch jetzt nicht. Er behauptete allerdings, das Verhältnis sei ähnlich wie jenes bei den Gefangenen. Die ukrainische Seite hingegen betont stets, dass die russischen Verluste deutlich höher sind als die eigenen.

Putin über die Beziehung zu Deutschland und die AfD

Der russische Machthaber nahm weiter Stellung zu den Treffen zwischen russischen Politikern aus seinem Machtzirkel und deutschen AfD-Politikern. So traf der russische Aussenminister Sergej Lawrow beispielsweise den AfD-Co-Vorsitzenden Tino Chrupalla. Putin verteidigte diese Art von Treffen. Russland werde mit allen zusammenarbeiten, die mit dem Land kooperieren wollten. Dass Teile der AfD rechtsextrem eingestuft werden, ist für Putin kein Problem. Er sagte:

«Wir sehen keine Anzeichen von Neonazismus in den Handlungen der AfD.»

Zu beurteilen, ob sich eine politische Kraft im Rahmen der Verfassung des jeweiligen Landes bewegen würde, sei nicht Sache Russlands. Dennoch tat Putin genau dies:

«Wir sehen nichts, was bei uns Besorgnis auslösen würde.»

Vertreter alternativer Standpunkte würden in Deutschland gleich zu Gegnern des Staates erklärt, beklagte Putin, der selbst im Ruf steht, jedwede russische Opposition im Keim ersticken und Gegner politisch verfolgen zu lassen. «Jeder alternative Standpunkt wird wie eine gegen den Staat gerichtete Haltung aufgenommen. Und alle werden gleich zu Agenten des Kreml ernannt», kritisierte der russische Präsident.

Zur möglichen Lieferung von deutschen Taurus-Waffensystemen an die Ukraine (siehe auch Punkt 2) erklärte Putin, dass eine solche die deutsch-russischen Beziehungen «endgültig zerstören» würde.

Mit Material der Nachrichtenagenturen SDA und DPA.

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48 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Bernhard Kuenzi
06.06.2024 07:50registriert Januar 2014
Eines ist nun geklärt, warum Putins Tische immer länger werden. Dies macht er, damit seine Pinocchio Nase noch Platz hat....
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Aldous Huxley
06.06.2024 07:53registriert Oktober 2022
Putin: Die Justiz werde in den USA für politische Interessen missbraucht.
Zum Glück ist dem in Ruzzland nicht so.
Putin: Sie haben sich ausgedacht, dass Russland die Nato angreifen will.
Ruzzland will seine Spähre einfach nur bis Portugal ausweiten.
Putin: Wir sehen keine Anzeichen von Neonazismus in den Handlungen der AfD.
Dafür wird die Ukraine scheinbar von Nazis regiert.
Richard David Precht: Russlands brutale Aggression ist weder grundlos noch irre.

Die Welt ist am durchdrehen. 🤪
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Händlmair
06.06.2024 09:12registriert Oktober 2017
Egal was Russland für Behauptungen, Lügen oder was auch immer herauslassen.

Man muss sich jedes mal in Erinnerung rufen, dass Russland 1994 mit der Unterzeichnung des Budapester memorandums die Ukraine anerkannt hat und geschworen hat, ihr Territorium und ihre Souveränität zu respektieren.

Daher befindet sich jeder russische Soldat in der Ukraine und das gemäss Grenzen von 1994 inkl. Krim, auf fremden Boden uns führt einen illegalen Angriffskrieg. Es gibt nur eine einzige Lösung. Russland muss sich aus allen besetzten Gebieten zurückziehen.
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