Homosexualität ist eine sehr natürliche Sache. Egal ob bei Pinguinen, Trauerschwänen, Menschen, Giraffen, Bettwanzen oder Japanmakaken: Mutter Natur findet Schwulsein ok. Ganz im Gegensatz zu Mütterchen Russland. Dort werden Schwule (Menschen) künftig im Fernsehen geoutet. Und zwar in der neuen Reality-Show «Ich bin nicht schwul» des homophoben russischen Abgeordneten Witali Milonow.
Das Prinzip der neuen Show ist einfach: Es gibt acht Männer, einer davon ist schwul (oder wie die Sendung es nennt: «7 Männer und 1 Schwuler»). Die Männer müssen herausfinden, wer der Homosexuelle ist. Jede Folge endet damit, dass ein Kandidat aus dem Haus geworfen wird, wenn er unter Verdacht steht, schwul zu sein. Wenn er es ist, teilen die anderen Hausbewohner einen Preis von zwei Millionen Rubel – etwa 27'000 Franken – unter sich auf. Aber wenn der Schwule nicht gefunden wird, gewinnt er den Preis.
In einer Mischung aus «Bachelor», «Jersey Shore» und «Big Brother» leben die Kandidaten zusammen in einem Haus und müssen verschiedene Challenges bestehen. Zum Beispiel, einen Striptease von entweder einer Frau oder einem Mann zu überstehen, ohne zu sabbern. Oder zu weinen. So genau weiss man das nicht.
Während seiner Zeit als Mitglied der Staatsduma hat sich der rechtsextreme Politiker Witali Milonow einen Namen als Sprachrohr der anti-queeren Szene gemacht. Er war der Verfasser des «Anti-Homosexuellen-Propaganda»-Gesetzes in Russland. Demnach ist alles, was Homosexualität als normal darstellt, verboten, da es als Bedrohung der traditionellen Familienwerte angesehen wird.
Was genau das bedeutet, wird sehr unterschiedlich interpretiert. Menschenrechtsaktivisten kritisieren das Gesetz immer wieder mit der Begründung, dass es Diskriminierung normalisiert und zu einem Anstieg von Hassverbrechen geführt hat. Es entbehrt deswegen nicht einer gewissen Ironie, dass Milonows Show wahrscheinlich die grösste Dichte an homoerotischen Szenen in der Geschichte des russischen Fernsehens beinhaltet.
Milonow hat bereits früher seine Überzeugung zum Ausdruck gebracht, dass Homosexuelle «sterilisiert und wie Katzen in Zwingern gehalten» werden sollten. In der BBC-Doku «Extreme, Russia, Gay and Under Attack» liess er folgenden verbalen Dünnpfiff verlauten: «Ein Stück Scheisse ist nicht gefährlich, aber es ist ziemlich unangenehm, es auf der Strasse zu sehen.» Und weiter:
Im Voiceover der ersten Folge der Sendung erzählt Milonow: «Einen Schwulen in unserem Land zu finden, ist wie ein funktionierendes McDonald's zu finden. Es gibt sie wirklich, aber es gibt nur sehr wenige und nicht jeder weiss von ihnen.» Er fährt fort, indem er sagt, dass er von seinen Jungs erwarte, dass sie den Schwulen schnell enttarnen würden – während er eine Geste macht, bei der er sich die Kehle durchschneidet.
Obwohl Homosexualität in Russland seit 1993 legal ist, stehen queere Menschen in dem Land weiterhin vor gesellschaftlichen Herausforderungen. Die gleichgeschlechtliche Ehe ist nach wie vor illegal. Hassverbrechen aufgrund der sexuellen Ausrichtung und der Geschlechtsidentität sind hingegen nicht gesetzlich verboten. Seit der Verabschiedung des Homo-Propaganda-Gesetzes wurden Berichten zufolge in Tschetschenien Dutzende von schwulen Männern gefoltert.
Milonows Show kann dementsprechend als weiterer Versuch gewertet werden, Homosexualität in Russland zu tabuisieren. Man kann nur hoffen, dass das Gegenteil der Fall ist und sich dank der Fülle an Bildern von «schwulen» Szenen die Weisheit des homosexuellen Schriftstellers Oscar Wilde bewahrheitet:
Die grössten Feinde der Elche sind meistens selber welche.
Und ja: Homophobie ist peinlich. Übrigens haben Homophobe keine Angst vor Menschen mit abweichender, sexueller Orientierung, sondern sind einfach nur Arschlöcher.