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«Der Mythos Hyperschallrakete ist Geschichte» – Kiew gelingt Luftabwehr

«Der Mythos Hyperschallrakete ist Geschichte» – Kiew gelingt die Luftabwehr

Ein heftiger Luftangriff hat die Menschen in Kiew aus dem Schlaf gerissen. Doch die westliche Flugabwehr schützte die Stadt wohl überraschend effektiv.
16.05.2023, 18:25
Martin Küper /t-online
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Ein Artikel von
t-online

Acht Mal ist Kiew allein in diesem Monat zum Ziel russischer Luftangriffe geworden, besonders heftig am frühen Dienstagmorgen. 18 Raketen und acht Kamikaze-Drohnen haben Putins Truppen nach Angaben der ukrainischen Armee auf die Hauptstadt abgefeuert. Es sei ein komplexer Angriff aus verschiedenen Richtungen gewesen, «mit einer Höchstzahl von Raketen in einem sehr kurzen Zeitraum».

Doch aus russischer Sicht war die nächtliche Attacke wohl ein Flop. Drei Menschen seien durch Trümmerteile verletzt worden, doch grössere Schäden blieben bei dem Angriff aus. Mit ihren von Deutschland und den USA gelieferten Flugabwehrsystemen vom Typ Patriot und Iris-T ist es den Ukrainern offenbar gelungen, sämtliche Geschosse über Kiew abzufangen – auch alle sechs Überschallraketen vom Typ Kinschal («Dolch»), die der Kreml gerne als unbesiegbare «Wunderwaffe» feiert.

Anfang Mai meldete die Ukraine zum ersten Mal, eine solche aus der Luft abgefeuerte Rakete abgeschossen zu haben – das galt bis dahin als kaum machbar, selbst mit modernen, westlichen Abfangsystemen. «Wenn man beim ersten Abfangen einer Kinschal noch darüber nachdenken durfte, ob das ein Zufall war, ist nun der Mythos der Hyperschallrakete Geschichte geworden», schreibt der ukrainische Journalist Denis Trubetskoy auf Twitter: «Danke, USA und Deutschland für Patriot und IRIS-T. Danke an die ukrainische Flugabwehr.»

Trubetskoy, der in Kiew lebt, schildert seine Eindrücke aus der Nacht so: «Es war extrem seltsam, um 3 Uhr den Luftkampf zwischen Patriot und Kinschal-Raketen so nah zu erleben. Sah nach Star Wars aus. Aber im Endeffekt war es eine richtig schlechte Nacht für Russland.» Trubetskoy hält die Angaben der ukrainischen Armee, alle Geschosse abgefangen zu haben, für glaubhaft: «Es war super laut, es war gruselig, nach direkten Einschlägen hörte es sich aber nie an.»

FILE - In this photo released by Russian Defense Ministry Press Service, a Russian MiG-31 fighter jet carrying a Kinzhal missile takes off from the Hemeimeem air base in Syria on June 25, 2021. The Ru ...
Ein russisches MiG-31-Kampfflugzeug mit einer Kinschal-Rakete (Archivbild).Bild: keystone

Wegen ihrer kaum zu berechnenden Flugbahn und ihrer extrem hohen Geschwindigkeit von mehr als 6'000 Stundenkilometern ist die Kinschal auch in Nato-Armeen gefürchtet. Sie wird aus grosser Höhe von einem Kampfflugzeug aus abgefeuert und startet erst dann ihr eigenes Triebwerk. Die Rakete kann fast 500 Kilo Sprengstoff oder einen Nuklearsprengkopf tragen und Ziele in bis zu 2'000 Kilometer Entfernung treffen.

Seit Beginn des Krieges soll Russland schon mehrfach Ziele in der Ukraine mit der Kinschal zerstört haben. Im Arsenal des Kreml sollen sich aber nur noch wenige Dutzend Exemplare der Rakete befinden.

Unklar ist bislang, mit welchem Waffensystem es den Ukrainern gelungen ist, die Kinschal-Raketen abzufangen. Deutschland und die USA hatten der Ukraine Mitte April jeweils eine Patriot-Batterie zur Abwehr russischer Luftangriffe übergeben. Vorausgegangen war ein wochenlanges Training der Bedienmannschaften. Schon vergangenes Jahr hatte Deutschland der Ukraine mehrere Flugabwehrsysteme vom Typ Iris-T geliefert. Diese haben sich laut Kiew schon mehrfach bewährt.

Unterdessen behauptete der Kreml, bei dem nächtlichen Angriff auf Kiew eine der ukrainischen Patriot-Batterien mit einer Kinschal-Rakete zerstört zu haben. Solche Angaben aus Moskau haben sich in der Vergangenheit allerdings häufig als falsch herausgestellt. Beweise blieb das russische Verteidigungsministerium bislang schuldig.

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173 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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mrmikech
16.05.2023 18:38registriert Juni 2016
Es würde mich nicht wundern, wenn auch die russischen Atomwaffen Schrott wären und für Russland eine grössere Gefahr darstellen würden als für andere Länder.

Russland als Land ist arm, das ganze grosse Geld ist an die Superreichen, an Superyachten und Immobilien geflossen.
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Typu
16.05.2023 18:48registriert Oktober 2015
nicht nur der mythos fällt sondern der westen zieht auch die daumenschrauben an, in dem sie die ukraine mit immer stärkeren systemen unterstützt. noch ist die aufgabe für die ukraine immens aber inzwischen sollte jedem sonnenklar sein, russland kann nicht weiter vorwärts drängen. nun stellt sich bloss noch die frage, wie russland reagiert wenn sie zurück gedrängt werden.
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MartinZH
16.05.2023 19:02registriert Mai 2019
Die Propaganda-Kulissen der RU-Armee fallen mehr und mehr wie ein Kartenhaus in sich zusammen – nun entpuppen sich auch noch die angeblichen "Super-Waffen" als eine potemkinsche Illusion und der Köcher der russ. Armee ist langsam leer:

Die Luftwaffe ist ein zahnloser Tiger, die Marine ist verrostet-marode und Raketen, Panzer, Personal, Motivation, etc. gehen langsam zur Neige – Russland nähert sich dem endgültigen Ende.

Putin wird den Krieg nicht ins Endlose verlängern können, wie manche Analysten meinen. Russlands Atem reicht niemals so weit, wie derjenige der alliierten Länder der Ukraine.
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