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USA: Abgabe von Kampfjets von Polen an Kiew «nicht haltbar»

USA überrascht über Polens Vorschlag: Abgabe von Kampfjets an Kiew «nicht haltbar»

09.03.2022, 04:3309.03.2022, 14:30
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Überraschender Schritt von Polen

Das US-Verteidigungsministerium hat einen Vorschlag Polens zur Überlassung von MiG-29-Kampfjets an die Ukraine mit einem Zwischenstopp auf einem Stützpunkt in Deutschland als «nicht haltbar» bezeichnet. Der Vorschlag bringe «schwierige logistische Herausforderungen» mit sich, zudem gebe es angesichts der geopolitischen Dimension «ernsthafte Bedenken», erklärte der Sprecher des Pentagons, John Kirby, am Dienstagabend (Ortszeit). Eine Top-Diplomatin des Aussenministeriums, Victoria Nuland, bezeichnete das zuvor offenbar nicht mit Washington abgestimmte Angebot Polens in einer Anhörung im Senat als «überraschenden Schritt».

Pentagon spokesman John Kirby speaks during a briefing at the Pentagon in Washington, Friday, March 4, 2022. (AP Photo/Manuel Balce Ceneta)
John Kirby
Der Vorschlag Polens verursache ernsthafte Bedenken, so John Kirby.Bild: keystone

Das polnische Aussenministerium hatte am Dienstagabend erklärt, die Regierung sei bereit, alle Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 unverzüglich und kostenlos auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu verlegen und die Maschinen den USA zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ersuche man die USA, dem Land gebrauchte Flugzeuge mit entsprechender Einsatzfähigkeit zu überlassen, hiess es.

Die USA nicht begeistert über den Entscheid

Kirby erklärte, das Pentagon sei nach der polnischen Erklärung im Kontakt mit Warschau. Die Entscheidung, der Ukraine polnische Kampfflugzeuge zu überlassen, sei letztlich eine Sache der polnischen Regierung. Der Vorschlag unterstreiche aber «die Komplexität dieses Themas», sagte Kirby. Die Vorstellung, dass Kampfflugzeuge, die dem US-Militär übergeben worden seien, im Krieg mit Russland von einem US- beziehungsweise Nato-Stützpunkt in Deutschland in den umkämpften ukrainischen Luftraum flögen, werfe «ernsthafte Bedenken für das gesamte Nato-Bündnis auf», erklärte Kirby weiter.

«Es ist für uns schlicht nicht klar, dass es eine stichhaltige Begründung dafür gibt.» Kirby fügte in der ungewöhnlich deutlichen Erklärung hinzu, die USA würden das Thema mit Warschau und den Nato-Verbündeten weiter besprechen, aber man glaube nicht, dass der Vorschlag Polens «haltbar» sei. Die USA, Deutschland und zahlreiche Nato-Verbündete unterstützen Kiew mit der Lieferung von Waffen und Ausrüstung für das ukrainische Militär.

Polen hat direkte Lieferung nach Ukraine ausgeschlossen

Warschau hat eine direkte Lieferung der Flugzeuge in das Nachbarland – die von Russland als direkter Eingriff in den Krieg verstanden werden könnte – wiederholt ausgeschlossen. «Entscheidungen über die Lieferung von Offensivwaffen müssen auf der Ebene der gesamten Nato einstimmig getroffen werden», sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki am Dienstagabend in Oslo. Polen könne keine eigenständigen Schritte unternehmen, weil es nicht an diesem Krieg beteiligt sei.

Ukraine bat um Flugzeuge

Dem Vernehmen nach hatte Kiew um die Flugzeuge gebeten, weil die Piloten der ukrainischen Luftwaffe für das Fliegen der anfangs in der damaligen Sowjetunion entwickelten Modelle geschult sind. Eine mögliche Überlassung der Kampfflugzeuge wurde seit Tagen auch mit der US-Regierung diskutiert. Das Weisse Haus betonte dabei stets, es handle sich um eine Entscheidung Polens als souveränem Staat.

«Wir haben uns in keiner Weise dagegen ausgesprochen, dass Polen Flugzeuge an die Ukraine transferiert», sagte US-Präsident Joe Bidens Sprecherin Jen Psaki etwa am Montag. Mit dem Vorhaben seien allerdings «eine Reihe herausfordernder praktischer Fragen verbunden.» «Von wo werden sie abheben? Wo werden sie landen? Das sind hier alles sehr wichtige Fragen», betonte Psaki. Die «ziemlich komplizierte Logistik», Polen nach einem möglichen Transfer an die Ukraine mit anderen Kampfflugzeugen zu unterstützen, werde geprüft, sagte sie.

Russland warnt vor Einmischung

Russland hatte am Sonntag gewarnt, dass es als Einmischung in einen bewaffneten Konflikt gewertet werde, falls Staaten ukrainische Maschinen auf ihren Flugplätzen landen liessen, die anschliessend russische Streitkräfte angriffen.

Kamala Harris fliegt nach Osteuropa

US-Vizepräsidentin Kamala Harris soll an diesem Mittwoch zu einem Besuch in Polen und Rumänien aufbrechen, um angesichts des russischen Angriffskriegs die «Stärke und Einheit» der Nato und der US-Unterstützung für die osteuropäischen Partnerstaaten zu unterstützen, wie das Weisse Haus vergangene Woche erklärt hatte. (saw/sda/dpa)

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107 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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du_bist_du
09.03.2022 05:54registriert Mai 2020
Naja, meiner Meinung nach kann man diverse Aussagen der letzten Zeit, verschiedener Regierungsvertreter der USA, schon als Aufforderung an Polen sehen, da vorwärts zu machen. Dass die Polen da keine Lust haben den Buhmann zu spielen, egal wie entschieden wird, ist für mich klar. Ein kluger Schachzug um den USA zu zeigen, dass sie sich selbst ins Schussfeld begeben sollen + dafür auch 1zu1 Ersatz liefern wollen, wenn sie das wollen, oder eben sich zurückhalten sollen mit netten Vorwürfen.
Allerdings wird der Zusammenhalt der Nato mit solchen Aktionen geschädigt.
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frereau
09.03.2022 06:10registriert Januar 2019
Bis heute war ich der Meinung, dass Blinken selbst diesen Vorschlag eingebracht hat... nicht einfach, den Entwicklungen zu folgen zur Zeit.
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Barth Simpson
09.03.2022 07:01registriert August 2020
Das Problem ist: Putin könnte es nun als legitim betrachten danach auch Polen anzugreifen, falls er in der Ukraine durchkommt. Oder er benutzt, skrupellos wie er ist, Langstreckenwaffen um Polen anzugreifen.

Sehr schwieriger Entscheid, die Gefahr einer weiteren Esklation des Krieges in Richtung Mitteleuropa wird damit wohl noch grösser!
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