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Russland-Ukraine-Krieg: Ist der Verteidigungsminister verschwunden?

Gerüchte aus dem Kreml: Verteidigungsminister Schoigu ist verschwunden – oder doch nicht?

Ein Gerücht über hochrangige russische Militärs sorgt für Wirbel. Wo sein Ursprung ist und was der Kreml dazu sagt.
24.03.2022, 13:5624.03.2022, 15:17
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Russian Defense Minister Sergei Shoigu, right, and Head of the General Staff of the Armed Forces of Russia and First Deputy Defense Minister Valery Gerasimov listen to Russian President Vladimir Putin ...
Lang nicht mehr gesehen: Schoigu und Gerasimow.Bild: keystone

Es ist ein Gerücht – aber ein gutes: Zwei enge Vertraute des russischen Präsidenten Wladimir Putin sollen seit dem 11. März verschwunden sein – der russische Verteidigungsminister, Sergei Schoigu, und der Chef des Generalstabes der Streitkräfte der Russischen Föderation, Waleriy Gerasimow. Wie vom Erdboden verschluckt. Niemand weiss, wo sie sind.

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Wo hat das Gerücht seinen Ursprung?

Ursprung des Gerüchts ist ein Tweet des Journalisten Dmitry Treschanin. Dieser arbeitet für «Mediazona» – ein unabhängiges, russisches News-Portal, das ursprünglich von Menschenrechtsaktivisten gegründet wurde. Treschanin schrieb am 22. März: «Hören Sie, der grosse Minister Schoigu ist seit dem 11. März aus dem öffentlichen Raum verschwunden. ELF KRIEGSTAGE, in denen wir den Leiter des Verteidigungsministeriums nicht gehört haben. Ist er in Tschernobajewka?»

FILE - In this photo released by the Russian Defense Ministry Press Service, Russian Defense Minister Sergei Shoigu shows his signature under a roadmap for military cooperation between Russia and Chin ...
Der russische Verteidigungsminister Sergei Schoigu, 23. November 2021.Bild: keystone

Der russische Telegram-Kanal «Агентство. Новости» (Agentur) listete daraufhin die bekannten Termine und Auftritte Schoigus während des Krieges auf, um den Tweet von Treschanin zu unterstreichen. Fazit: Am 11. März wird Schoigu zum letzten Mal von der Pressestelle des russischen Verteidigungsministeriums erwähnt, danach am 18. März noch einmal im russischen Staatsfernsehen. Vor dem 11. März sei Schoigu «alle paar Tage» von der Pressestelle des russischen Verteidigungsministeriums erwähnt worden:

  • Am 11. März habe das Ministerium vermeldet, dass Schoigu ein Telefongespräch mit seinem türkischen Amtskollegen Hulusi Akar geführt. Am selben Tag berichtete die russische Nachrichtenagentur Interfax, dass Schoigu bei einem Besuch in einem Militärkrankenhaus russischen Soldaten staatliche Auszeichnungen überreicht hätte. Das Verteidigungsministerium veröffentlichte Videomaterial dazu. Die entsprechende Mitteilung auf der Seite des russischen Verteidigungsministeriums ist die letzte, die Schoigu auf dieser Website erwähnt.
  • Am 18. März wird Schoigu in einer Erklärung auf der Website des Kremls erwähnt. Darin heisst es, dass Wladimir Putin mit den ständigen Mitgliedern des Sicherheitsrats «die Fortschritte der Sonderoperation in der Ukraine» erörtert habe. Dem Bericht zufolge sei auch Schoigu beim Treffen anwesend gewesen.
  • Am selben Tag, dem 18. März, soll «Chanel One» einen Bericht über Schoigu ausgestrahlt haben. Darin habe er Auszeichnungen im Militärspital verliehen. In der Meldung soll es geheissen haben, dass das Ereignis «heute» stattgefunden hätte. Das Video habe aber mit dem Video übereingestimmt, das am 11. März auf der Website des Verteidigungsministeriums veröffentlicht wurde. Dieser Beitrag ist von der Schweiz aus nicht abrufbar und darum nicht verlinkt.
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Waleri Gerassimow und Sergej Schoigu an einem langen Tisch von Putin. Einer der letzten Auftritte der beiden hochrangigen Miltärs am 27. Februar 2022.Bild: keystone

Das Informationsvakuum über Schoigu nach dem 18. März ist besonders darum auffällig, da die Pressestelle des russischen Verteidigungsministeriums seit Beginn des Krieges alle paar Tage über Schoigus Auftritte und Termine informiert hatte:

«Agentur» schreibt nach diesen Ausführungen auf Telegram: «Nach dem 11. März wurden keine Ereignisse gemeldet, an denen der Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte, Waleri Gerassimow, beteiligt war.» Und ergänzt zwei Medienberichte, die die letzten sein sollen über Gerassimow.

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Chef des Generalstabs der russischen Streitkräfte, Waleri Gerassimow und der russische Präsident Wladimir Putin, 11. Dezember 2015.Bild: EPA/SPUTNIK POOL

Heute schrieb die «Washington Post», dass der US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sowie der Vorsitzende der Vereinigten Stabschefs, General Mark A. Milley, versucht hätten, Telefongespräche mit Schoigu und Gerasimow zu führen. Die Russen «haben es bisher abgelehnt, sich darauf einzulassen», wie Pentagon-Sprecher John Kirby erklärt habe.

Was sagt der Kreml?

Der Kreml tut alle Gerüchte als Unsinn ab: «Der Verteidigungsminister hat im Moment viel zu tun», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Donnerstag in Moskau der Agentur Interfax zufolge. Es sei nicht die Zeit für Medienauftritte.

Erst am Donnerstag soll Schoigu Mitgliedern des nationalen Sicherheitsrats «über den Fortschritt der militärischen Spezialoperation» berichtete haben.

Peskow riet Journalisten: «Bitte wenden Sie sich an das Verteidigungsministerium.» Was «Agentur» ihrer Telegram-Nachricht zufolge zwar getan hatte, aber nie eine Antwort bekommen habe.

Das Gerücht ist also noch nicht vom Tisch.

(yam, mit Material der sda/dpa)

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Ukraine: CNN-Auftritt von Kreml-Sprecher Peskow
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57 Kommentare
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Opossum2
24.03.2022 14:14registriert Januar 2022
Vielleicht ist mittlerweile auch einfach der Tisch so lang, dass der Verteidigungsminister bei Sitzungen mit Putin nicht mehr auf dem Bild zu sehen ist.
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Philguitar
24.03.2022 14:23registriert Dezember 2018
Sicher Spezialurlaub
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Christian Weston Chandler
24.03.2022 14:20registriert Dezember 2019
Der geniesst jetzt seinen Ruhestand in Sibirien.
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