Nach den jüngsten ukrainischen Drohnenangriffen Richtung Moskau sieht sich der Kreml in seinem Kriegskurs bestätigt.
«Wir müssen die militärische Spezialoperation fortführen, um uns vor solchen Erscheinungen zu schützen», sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow russischen Nachrichtenagenturen zufolge. Bei den Angriffen in der Nacht war eine Frau in einem Wohnhaus ums Leben gekommen. Obwohl es in der Ukraine fast täglich zivile Opfer durch russische Drohnen- oder Raketenattacken gibt, kennzeichnete Peskow den tödlichen ukrainischen Angriff als «Wesen des Kiewer Regimes».
Das russische Verteidigungsministerium meldete den Abschuss von insgesamt 144 Drohnen über den Gebieten Belgorod, Brjansk, Kursk, Orjol, Woronesch, Lipezk, Kaluga, Tula und dem Gebiet Moskau. Die Ukraine greift in ihrem Kampf gegen den seit mehr als zweieinhalb Jahren andauernden Angriffskrieg immer wieder auch russisches Gebiet mit Drohen und Raketen aus eigener Produktion an, um dort den militärischen Nachschub zu stören. Kiew weist zurück, dabei zivile Ziele anzugreifen.
Russland beschiesst wiederum regelmässig das Hinterland des Nachbarn und zielt dabei vorrangig auf die Energieversorgung der Ukraine. Durch die systematische Zerstörung von Kraft- und Umspannwerken ist das Energienetz der Ukraine labil. Die Menschen müssen oft stundenlang ohne Strom auskommen.
Auch die Ukraine zielt inzwischen mit ihren Drohnenangriffen nicht nur auf rein militärische Objekte. Oft visiert sie auch Raffinerien an, die für die Kraftstoffversorgung der russischen Armee wichtig sind, oder andere wichtige Infrastrukturanlagen.
Peskow äusserte sich auch zu Informationen, nach denen die in dem Konflikt immer wieder als Vermittlerin auftretende Türkei Russland zuletzt Vorschläge der Ukraine übergeben habe, keine Energieanlagen, darunter auch Atomanlagen, und keine zivilen Schiffe mehr anzugreifen. Zuvor hatte der frühere Verteidigungsminister Sergej Schoigu, der nun Sekretär des Sicherheitsrates ist, erklärt, dass Kremlchef Wladimir Putin damit einverstanden gewesen sei. Peskow betonte nun, dass solche Verhandlungen schwer vorstellbar seien, solange die Ukraine Teile des russischen Gebietes Kursk besetzt halte. Russland habe aber einen Plan, die ukrainischen Truppen aus dem eigenen Land zu vertreiben.
Russland hat nach Angaben von US-Aussenminister Antony Blinken ballistische Raketen aus Iran erhalten, die in den kommenden Wochen gegen die Ukraine eingesetzt werden könnten.
«Wir haben Iran im Privaten gewarnt, dass dieser Schritt eine dramatische Eskalation darstellen würde», sagte Blinken in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem britischen Kollegen David Lammy in London.
Als Reaktion kündigte Blinken neue US-Sanktionen gegen die Islamische Republik an. Er erwarte, dass Verbündete und Partner ihre eigenen Massnahmen ergreifen, so Blinken. Kiew hatte nach entsprechenden Medienberichten über die Lieferung der Raketen bereits den iranischen Gesandten einbestellt.
Die Raketen aus Iran würden Russland ermöglichen, das eigene Arsenal für weiter von der Front entfernte Ziele einzusetzen, sagte der US-Politiker. Die iranischen Raketen mit einer Reichweite von etwa 120 Kilometern könnten dann für nähere Ziele eingesetzt werden.
«Diese Entwicklung und die wachsende Zusammenarbeit zwischen Russland und Iran bedroht die Sicherheit Europas und zeigt, wie der destabilisierende Einfluss Irans weit über den Nahen Osten hinausreicht», sagte Blinken. Russland gebe dafür Technologie weiter, die das islamistische Regime haben wolle.
Irans Aussenamtssprecher Nasser Kanaani hatte entsprechende Berichte bereits zurückgewiesen. Es sei bedauerlich, dass «einige Parteien, die selbst Teil des Krieges» sind, «mit politischen Zielen Anschuldigungen gegen die Islamische Republik Iran erheben», sagte er. Das Mullah-Regime hatte in der Vergangenheit bereits sogenannte Kamikaze-Drohnen an Russland geliefert. Auch dies bestreitet Teheran.
Blinken war zu Beginn der Woche in die britische Hauptstadt gereist, um über eine Vertiefung der Zusammenarbeit mit London zu beraten. Der britische Premierminister Keir Starmer wird Ende der Woche zu einem Besuch in der US-Hauptstadt Washington erwartet.
US-Aussenminister Antony Blinken und sein britischer Kollege David Lammy reisen noch in dieser Woche gemeinsam in die Ukraine. Das sagten die beiden Politiker bei einer Pressekonferenz am Rande von Gesprächen Blinkens in London.
Die gemeinsame Reise komme zu einem kritischen Zeitpunkt für die Ukraine, sagte Blinken. Russland intensiviere seine Aggression gegen Zivilisten, wichtige Infrastruktur und das ukrainische Militär. «Wir sehen, wie es seine Angriffe auf Städte, Menschen und im Besonderen die Energieinfrastruktur vor den kalten Monaten erhöht», sagte der US-Aussenminister.
Der Sekretär des russischen Nationalen Sicherheitsrats Sergej Schoigu hat Friedensverhandlungen ohne einen Abzug ukrainischer Truppen aus russischem Gebiet ausgeschlossen.
«Solange wir sie nicht aus unserem Territorium geworfen haben, werden wir natürlich keine Gespräche über Verhandlungen mit ihnen führen», sagte der frühere Verteidigungsminister dem russischen Staatsfernsehen.
Seit Anfang August läuft in der russischen Region Kursk eine Offensive der Ukraine. Dabei sind erstmals seit Kriegsbeginn ukrainische Bodentruppen auf russisches Gebiet vorgerückt. Die Operation ist Teil des Verteidigungskampfes der Ukraine, die sich seit mehr als zweieinhalb Jahren gegen die russische Invasion wehrt.
Den Angriff auf die Region Kursk hält Schoigu für einen Versuch, Russland zu Verhandlungen zu Bedingungen der Ukraine sowie zum Abzug russischer Kräfte aus dem Donbass zu zwingen. Russland habe jedoch bei seiner Offensive im Osten der Ukraine allein seit August rund 1000 Quadratkilometer Gelände erobert. Überprüfbar von unabhängiger Seite sind die Angaben nicht. Allerdings hatten auch ukrainische und westliche Militärbeobachter den Russen Geländegewinne bescheinigt.
Dem US-Institut für Kriegsstudien (ISW) zufolge versucht der Kreml wahrscheinlich, die internationalen Friedensvermittlungsbemühungen im Krieg in der Ukraine zu beeinflussen und gleichzeitig zu demonstrieren, dass Russland nicht bereit ist, sich auf ernsthafte Verhandlungen mit der Ukraine einzulassen. Das Institut verweist jedoch darauf, dass der russische Aussenminister Sergej Lawrow sich am Rande eines Treffens des Golfkooperationsrates am Montag trotz allem mit seinen Kollegen aus Brasilien und Indien über den Krieg in der Ukraine ausgetauscht habe.
Das russische Militär hat nach eigenen Angaben vier weitere Ortschaften im ostukrainischen Gebiet Donezk erobert. Die Heeresgruppe Süd habe Krasnohoriwka und Hryhoriwka eingenommen, die Heeresgruppe Ost Wodjane und die Heeresgruppe Zentrum Halyzyniwka.
Das teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Unabhängig lassen sich die Angaben nicht überprüfen. Ukrainische Militärbeobachter haben immerhin drei der betreffenden Ortschaften – alle ausser Hryhoriwka – als besetzt markiert.
Die Ukraine steht im Osten des Landes an der Front schwer unter Druck. Am kompliziertesten ist die Lage im Raum zwischen den Städten Pokrowsk und Kurachowe. Dort haben die russischen Truppen nach dem Fall der ukrainischen Festung Awdijiwka zu Jahresbeginn deutliche Geländegewinne erzielt.
In einem Bogen zwischen Krasnohoriwka und der Stadt Ukrajinsk, westlich der nun eroberten Ortschaft Halyzyniwka, droht derzeit eine Einkesselung ukrainischer Truppen oder nach deren Rückzug der Verlust weiterer Gebiete. Russische Truppen sind in diesem Frontbogen bereits an die Bergarbeiterstadt Hyrnik herangerückt.
(rbu/sda/dpa)
Ist der dumm? Diese "Erscheinungen" hätte es ohne diese "Spezialoperation" erst gar nicht gegeben.