Die EU-Staaten haben sich im Streit um das geplante Öl-Embargo gegen Russland auf einen Kompromiss verständigt, wie EU-Ratspräsident Charles Michel in der Nacht zum Dienstag während eines Gipfeltreffens in Brüssel mitteilte. Der Belgier schrieb auf Twitter von «maximalem Druck auf Russland», um den Krieg gegen die Ukraine zu beenden.
#Unity
— Charles Michel (@eucopresident) May 30, 2022
Agreement to ban export of Russian oil to the EU.
This immediately covers more than 2/3 of oil imports from Russia, cutting a huge source of financing for its war machine.
Maximum pressure on Russia to end the war.
#EUCO
Nach Angaben von Diplomaten sieht der Kompromiss konkret vor, vorerst nur russische Öl-Lieferungen über den Seeweg zu unterbinden. Mehr als zwei Drittel der russischen Öl-Lieferungen in die EU sollen auf diese Art von dem Einfuhrverbot betroffen sein. Per Pipeline erfolgende Transporte sollen zunächst weiter möglich sein.
Nicht alle Staaten waren für ein vollständiges Embargo. So sprach sich Ungarn gegen ein solches aus und wollte stattdessen vorerst nur russische Öl-Lieferungen über den Seeweg unterbinden. Per Pipeline erfolgende Transporte sollen zunächst weiter möglich sein.
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Ungarn wird sich so erst einmal weiter auf dem Landweg über die riesige Druschba-Leitung mit russischem Öl versorgen können. An ihr sind auch Raffinerien in Ostdeutschland und Polen sowie in der Slowakei und Tschechien angeschlossen. Deutschland und Polen haben allerdings bereits deutlich gemacht, dass sie nicht von der Ausnahme für Pipeline-Öl profitieren wollen.
Ungarn hatte vor dem Durchbruch beim Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs in Brüssel wochenlang auf seine grosse Abhängigkeit von russischem Öl verwiesen und eine Einigung auf ein Embargo blockiert.
Durch den zusätzlichen Verzicht Deutschlands und Polens könnte Russland im kommenden Jahr nur noch ein Zehntel der bisherigen Ölmenge in die EU verkaufen. Damit soll das Land für seinen mittlerweile seit mehr als drei Monaten andauernden Krieg gegen die Ukraine bestraft werden. Nach Schätzungen der EU-Denkfabrik Bruegel gaben EU-Staaten bis vor kurzem noch etwa 450 Millionen Euro pro Tag für Öl aus Russland aus.
Das Öl-Embargo war nur einer von mehreren Schritten gegen Russland – so ist es Teil eines Sanktionspaketes. Dieses sieht zudem vor, die grösste russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift auszuschliessen. Zudem sollen Russlands staatlicher Fernseh-Nachrichtensender Russia 24 (Rossija 24) sowie die ebenfalls staatlichen Sender RTR Planeta und TV Centre in der EU verboten werden.
This sanctions package includes other hard-hitting measures:
— Charles Michel (@eucopresident) May 30, 2022
de-Swifting the largest Russian bank Sberbank,
banning 3 more Russian state-owned broadcasters,
and sanctioning individuals responsible for war crimes in #Ukraine#EUCO
Neben den Sanktionen gegen Russland hat die EU auch beschlossen, wie man die Ukraine weiter unterstützen will. So sollen ihr im Laufe des Jahres weitere Finanzhilfen von bis zu neun Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden. Das geht aus einer Erklärung der Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten hervor, die in der Nacht zum Dienstag veröffentlicht wurde. Mit dem Geld soll die Ukraine laufende Kosten etwa für Rentenzahlungen und den Betrieb von Krankenhäusern decken können. Unklar ist, wie viel Geld als Zuschuss und wie viel als Kredit ausgezahlt werden soll.
Die EU-Kommission hatte jüngst angekündigt, eine entsprechende Massnahme vorzuschlagen. Damals sagte EU-Wirtschaftskommissar Valdis Dombrovskis, dass die Hilfe vor allem aus Krediten und teilweise auch aus Zuschüssen bestehen solle. Ukrainischen Angaben zufolge erhält das Land vom Internationalen Währungsfonds (IWF) und von der Weltbank monatlich umgerechnet knapp 4,7 Milliarden Euro. Das seien die Kosten, welche der ukrainische Haushalt für Sozialausgaben infolge des Krieges benötige.
Der IWF geht davon aus, dass die Ukraine Hilfen von rund fünf Milliarden Dollar pro Monat braucht, um das Funktionieren der Regierung und wichtiger staatlicher Institutionen zu gewährleisten. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beziffert die Summe, um die wirtschaftlichen Verluste der Ukraine auszugleichen, auf rund 6,5 Milliarden Euro monatlich. Hinzu kämen Hunderte Milliarden für den Wiederaufbau.
Die internationale Gemeinschaft hat die Ukraine bereits mehrfach mit Geld unterstützt. EU-Angaben von Mitte Mai zufolge hat die Europäische Union seit Beginn des russischen Kriegs bereits 4,1 Milliarden Euro zur Unterstützung mobilisiert. Dazu zählen 1,5 Milliarden Euro für die Finanzierung von Waffen und militärischer Ausrüstung. Auf weitere 500 Millionen für diesen Zweck hatten sich die EU-Staaten vergangene Woche final geeinigt.
(dab/sda/dpa)
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